Ennepetal. Wenn’s brennt, sind sie da: Wehrchef Frank Schacht und Vize Timo Schemmann sprechen im Interview über den Stellenwert der Feuerwehr in Ennepetal.

Seit wenigen Wochen bilden Feuerwehr und Rettungsdienst einen eigenen Fachbereich innerhalb der Stadtverwaltung. Die Neuordnung ist Anlass genug, mit dem Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Ennepetal, Frank Schacht, der auch den neuen Fachbereich leitet, und dem stellvertretenden Wehrleiter Timo Schemmann über die Stellung der Feuerwehr in der Stadt, über die schwierige Nachwuchsgewinnung und das Niveau der technischen Ausrüstung zu sprechen.

Die Feuerwehr Ennepetal ist vor wenigen Wochen aus der Zuständigkeit des Fachbereichs Bürgerdienste und Stadtentwicklung herausgenommen und zum eigenen Fachbereich Feuerwehr und Rettungswesen „befördert“ worden. Was sind die Gründe dafür?

Frank Schacht: Das ist eine längere Entwicklung, die 2017 mit der Aufstellung des neuen Brandschutzbedarfsplans angefangen hat. Dabei gab es schon erste Umorganisationen. Zuletzt hat sich zudem der hauptamtliche Bereich stark vergrößert. Wir haben inzwischen 50 hauptamtliche Stellen. Hinzu kommen im ehrenamtlichen Bereich 150 Wehrleute, mit Jugendfeuerwehr, Musikzug und Ehrenabteilung sind es sogar 250. All das muss natürlich auch verwaltet werden. Umfassende neue Anforderungen durch geänderte Gesetzgebung im Brandschutz und im Rettungsdienst sowie deutlich gesteigerte Aufgaben im Arbeitsschutz und in der Dokumentation kamen dazu. Hinzu kommt die Etatplanung, die zuvor dezentral erfolgte und jetzt eben in einer eigenen Abteilung vorgenommen wird. Es gibt insgesamt so viele Schnittstellen in die Verwaltung hinein, dass es sinnvoll erschien, das in einem Fachbereich zusammenzufassen.

Steckbrief Frank Schacht

Frank Schacht ist 54 Jahre alt und gebürtiger Hattinger. Er ist verheiratet und Vater zweier Söhne (20 und 23).

Mit 13 Jahren trat er in die Jugendfeuerwehr in Hattingen ein. Nach einer Ausbildung zum Kommunikationselektroniker bei der Bundespost wurde er Berufsfeuerwehrmann in Hattingen, wo er zehn Jahre im Einsatzdienst tätig war. Anschließend arbeitete Schacht fünf Jahre lang in der Leitstelle des EN-Kreises, absolvierte daneben ein Studium an der Fernuni und war dann Dozent am Institut der Feuerwehr NRW in Münster. 2003 ging er zurück zum EN-Kreis und führte die Leitstelle, die er in ihrer heutigen Form mit aufbaute. 2014 trat er die Nachfolge von Rainer Kartenberg als Leiter der Wehr in Ennepetal an. Schacht ist zudem bis heute Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Hattingen.

Was bedeutet die Neuorganisation für die Arbeit der Feuerwehr?

Schacht: Im Operativen ändert sich nicht viel, der Bürger wird nur wenig davon merken. Es geht um eine Anpassung der Verwaltungsstruktur. Abwehrender Brandschutz, Rettungsdienst und die Planungen dafür lagen ohnehin in unserer Verantwortung. Die wesentliche Veränderung ist, dass wir im neuen Fachbereich nun auch die wirtschaftliche und personelle Verantwortung tragen.

Und wie verändert sich für Sie persönlich die Arbeit? Sie sind nun zusätzlich auch Fachbereichsleiter.

Schacht: Meine Arbeit wird sicher politisch und verwaltungstechnisch anspruchsvoller, weil ich näher dran an den Entscheidern bin. Aber ich bleibe Feuerwehrmann, versprochen.

Wie Sie schon erwähnt haben, besteht die Feuerwehr Ennepetal aus haupt- und aus ehrenamtlichen Kräften. In beiden Bereichen ist es schwierig, Personal zu finden. Wie sind Sie derzeit aufgestellt?

Schacht: Wir haben im Hauptamt derzeit 48 Stellen besetzt, formal müssten es 50 sein. Um unsere Funktionsstärke aufrecht erhalten zu können, brauchen wir pro Schicht sechs Einsatzkräfte im abwehrenden Brandschutz, zwei Kräfte im Rettungsdienst und einen Zentralisten. Unter anderem durch Änderungen bei der Arbeitszeitverordnung mussten wir reagieren und nach und nach zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Ein Grund dafür ist auch, dass die Tagesverfügbarkeit bei den ehrenamtlichen Kräften abnimmt. Viele Ehrenamtler haben ihren Arbeitsplatz weiter entfernt und können nicht rechtzeitig vor Ort sein. Unser erstes Schutzziel – innerhalb von acht Minuten in bestimmter Personalstärke vor Ort zu sein – erreichen wir nur schwer. Deshalb alarmieren wir oft deutlich großzügiger: Wo früher ein Löschzug reichte, sind es heute eher zwei oder drei. Aber das ist ein Riesenproblem für alle Feuerwehren.

Timo Schemmann: Ich sehe das an meiner eigenen Löschgruppe Külchen. Früher haben viele in der Landwirtschaft gearbeitet und waren sofort verfügbar. Heute pendelt mancher viele Kilometer. Ich selbst arbeite in Wuppertal, das ist ja noch vergleichsweise nah.

Wie kommen Sie an Nachwuchskräfte?

Schacht: Im Hauptamt halten wir es für ungeheuer wichtig, selbst auszubilden. Wir werden jetzt erstmals gemeinsam mit der Berufsfeuerwehr Witten und den Wehren aus Schwelm und Gevelsberg ausbilden. Wir stellen unter anderem ein Fahrzeug und Personal für die Ausbildung. Ab April bilden wir sechs Brandmeisteranwärter aus, gleichzeitig zwei Notfallsanitäter. Die sechs Anwärter haben wir aus bereits ausgewählt, vier Männer und zwei Frauen. Wir hatten immerhin 200 Bewerber. Ausbildungsplätze gibt es zu wenige. Aber bei den fertigen Feuerwehrleuten werben die Wehren untereinander ab, wobei es für kleine Wehren wie unsere schwer ist, mit attraktiveren, größeren Städten zu konkurrieren. Aber das gelingt uns überdurchschnittlich gut.

Schemmann: Unsere größte Nachwuchsschmiede im Freiwilligenbereich ist nach wie vor unsere Jugendfeuerwehr. Wir haben ja vor einigen Jahren eine zweite Gruppe eingerichtet. Die Altersspanne reicht von 10 bis 18 Jahren. Da gibt es schon deutlich unterschiedliche Interessen, so dass die 10- bis 14-Jährigen und die 14- bis 18-Jährigen jeweils in einer Gruppe aktiv sind. So haben wir mehr Kinder und Jugendliche aufnehmen können. Wir haben natürlich auch gerne Seiteneinsteiger. Aber die bleiben oft nur zwei, drei Jahre dabei und suchen sich dann etwas anderes. Es gibt ja heute ungleich mehr Angebote, seine Freizeit zu verbringen.

Steckbrief Timo Schemmann

Timo Schemmann ist 50 Jahre alt und in Wuppertal geboren. Er wuchs in Hillringhausen auf, wo er inzwischen wieder wohnt. Er ist verheiratet und Vater einer 12-jährigen Tochter.

Nach Grundschule in Rüggeberg, Abitur am Reichenbach-Gymnasium und anschließendem Studium war er als Vermessungsingenieur in einem Gevelsberger Büro tätig. Seit 2017 ist er Projektingenieur bei der Stadt Wuppertal.

Seit seinem 17. Geburtstag gehört Timo Schemmann der Löschgruppe Külchen an. Seit 1999 ist er dort Löschgruppenführer, 2002 wurde er zum stellv. Leiter der Feuerwehr Ennepetal ernannt. Gerade wurde er in dieser Funktion für weitere sechs Jahre bestätigt.

Wie viele wechseln denn aus der Jugendfeuerwehr in die einzelnen Löschgruppen?

Schacht: Beziffern kann ich das nicht, aber es ist der überwiegende Teil. Weit mehr jedenfalls als Quereinsteiger zu uns kommen. Natürlich gibt es bei den jungen Leuten auch Wohnortwechsel, der Feuerwehr bleiben sie aber in vielen Fällen treu – leider für uns dann anderswo.

Schemmann: Ein Mitglied der Jugendfeuerwehr bekommt ja schon viel von der regulären Feuerwehrarbeit mit. Ein Jahr vor dem Wechsel, der mit 18 möglich ist, kann jeder in eine Einheit reinschnuppern, an Schulungen und Übungsdiensten teilnehmen. Das hat sich bewährt und wird gut angenommen.

In jüngerer Vergangenheit kam es auch in Ennepetal zu Pöbeleien gegen Einsatzkräfte. Herr Schacht, Sie haben das auch öffentlich gemacht und damit große Aufmerksamkeit erzielt. Hat sich die Situation seitdem verbessert?

Schacht: Mein Eindruck ist, dass es eher wieder ruhiger geworden ist. Je ländlicher ein Gebiet strukturiert ist, desto weniger tritt das Problem auf. Der Rettungsdienst muss sich allerdings schon einiges anhören.

Schemmann: Ich kann mich nicht erinnern, bei unseren Einsätzen einmal schief angesprochen worden zu sein. Ich habe eher Dankbarkeit und Respekt erlebt.

Wertschätzung ist ein wichtiges Thema für die Feuerwehr, vor allem für die ehrenamtlichen Kräfte. Fühlen Sie sich in Ennepetal von den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung wertgeschätzt.

Schemmann: Ja. Ich sehe uns sehr gut aufgestellt. Das fängt bei der Ausrüstung an, die überdurchschnittlich gut ist – im Haupt- und im Ehrenamt gleichermaßen. Außerdem gibt es seit 2009 unser Ehrenamtssparbuch, das ein Erfolgsmodell ist. Man sammelt Punkte für geleistete Dienste, am Ende eines Jahres wird ein festgesetzter Betrag durch die Punkte geteilt und jeder erhält seinen Punkten entsprechend einen Betrag. Der soll zum Beispiel für ein Essen mit der Familie verwendet werden können. Und wenn unsere Bürgermeisterin sagt, wie sehr sie unsere Arbeit schätzt, dann nehme ich ihr das ab.

Schacht: Die Wertschätzung für die Feuerwehr ist in der Ennepetaler Politik und der Verwaltung überdurchschnittlich hoch. Ich bin wirklich überzeugt davon, dass wir in der Stadt insgesamt einen sehr hohen Stellenwert haben.

Entweder – Oder

Drehleiter oder Einsatzleitwagen?
Schacht: Einsatzleitwagen. Das hat sich mit zunehmendem Alter verschoben.
Schemmann: Einsatzleitwagen. Bei mir hat sich mit dem Alter eine echte Höhenangst entwickelt.

Grillen oder kochen?
Schacht: Grillen, weil ich nicht kochen kann.
Schemmann: Ich mache beides sehr gern. Wenn es die Zeit zulässt, koche ich zu Hause.
Flüssigseife oder Reinigungspaste?
Schacht: Reinigungspaste, weil ich doch häufig gröber verschmutzt bin – vor allem, weil ich einen Land Rover Defender besitze, das einzige Auto, in das oben Wasser hinein und unten Öl herausläuft. Britische Ingenieurskunst halt.
Schemmann: Inzwischen eher Flüssigseife. Reinigungspaste kenne ich noch von früher, aber die Anlässe, sie benutzen zu müssen, sind doch deutlich zurückgegangen.

Gibt es denn auch Verbesserungsbedarf?

Schemmann: Die Feuerwehrgerätehäuser sind natürlich immer ein Thema, jetzt gerade bei uns am Külchen. Aber es ist klar, dass nicht immer alles sofort geht. In Rüggeberg und Oberbauer wurde zuletzt etwas getan, Voerde hat ein ganz neues Gebäude. Unsere Fahrzeuge sind auch topaktuell. Wir haben keinen Grund uns zu beschweren.

Schacht: Die Notwendigkeit, am Külchen etwas zu tun, ist bereits im aktuellen Brandschutzbedarfsplan eingeflossen. Das wird mit einer sogenannten Machbarkeitsstudie in 2021 noch einmal genau unter die Lupe genommen. Der Findungsprozess für ein solches Vorhaben dauert einfach fünf bis zehn Jahre, von der ersten Überlegung an gerechnet. Unsere Technik ist aber sicher auf einem sehr guten Niveau. Neue Einsatzfahrzeuge werden auf Grundlage der Brandschutzbedarfsplanung beschafft und den Standorten zugeordnet. Auch in dieser Hinsicht werden Haupt- und Ehrenamt gleich behandelt.

Sie sind beide vor Jahrzehnten in die Feuerwehr eingetreten. Wenn Sie heute vor der Entscheidung stünden, würden Sie sich wieder für den blauen Rock entscheiden?

Schacht: Ja unumwunden. Sonst wäre ich auch falsch auf meiner Stelle. Rein als Job bei der Feuerwehr zu sein, das funktioniert nicht. Das hat viel mit Leidenschaft zu tun.

Schemmann: Mit der Erfahrung der letzten 30 Jahre, ohne Wenn und Aber: Ja!