T3, Kirmes und Familie: In unserem Corona-Tagebuch berichtet heute der Gevelsberger Bernd Stich, wie die Pandemie sein Leben verändert hat.

Von Corona habe ich am Anfang gar nicht viel mitbekommen. Ich bin Handwerker und da irgendwie jeder renoviert hat, hatten wir viel mehr zu tun. Statt Kurzarbeit im Betrieb gab es eher Mehrstunden. Das hat sich bis heute nicht wesentlich verändert. Ich weiß, dass ich da Glück habe. Bei einem Freund von mir sieht das nämlich ganz anders aus. Er betreibt ein Restaurant und muss sehen, wie er über die Runden kommt. Schaustellern geht es ja noch schlechter. Ich hätte nicht gedacht, wie sehr Corona unser Leben einmal bestimmen würde.

Corona bringt auch positive Aspekte. Es bleibt Bernd Stich mehr Zeit für seine Familie und Frau Daniela.
Corona bringt auch positive Aspekte. Es bleibt Bernd Stich mehr Zeit für seine Familie und Frau Daniela. © Unbekannt | Privat



Am Schlimmsten finde ich es, dass die persönlichen Kontakte so eingeschränkt sind. Ich bin ein Familienmensch, bei der Kirmes aktiv, lebenslustig und treffe gern Menschen. Das Leben ist um 180 Grad gedreht. Jetzt habe ich immer eine Maske dabei und muss Abstand halten, meide Menschenmassen. Was mir besonders schwer fällt, ist dass ich meine Mutter nicht mehr in den Arm nehmen kann. Das Risiko ist uns zu groß. Wir wollen da auf Nummer sicher gehen, weil sie nicht gesund ist und ich mich um sie kümmere. Also muss ich generell bei Kontakten vorsichtig sein. Ich bin froh, dass mein Vater diese Zeit nicht mehr miterleben muss.

Auch viele unserer Freunde sehen wir nicht mehr. Wir halten per WhatsApp oder Telefon Kontakt. Doch das ist nicht dasselbe. Einfach treffen, ein Bierchen zusammen trinken, das fehlt schon sehr. Die Silvesterfeier haben wir auch schon längst abgesagt. Es ist vor allem für diejenigen schwierig, die alleine leben. Da wären auch einige bei uns dabei gewesen. Wir sind eine große Truppe. Jetzt bleiben viele alleine. Und wir feiern nur in der Familie. Da freue ich mich auch drauf, aber so eine richtige Feier vermisse ich schon.


Traurig war ich auch, als die Gevelsberger Kirmes ausfiel. Man ist jahrelang auf 100 Prozent und dann plötzlich auf Null. Ich bin bei Pinass Brumse und helfe mit beim Wagenbau. Ab dem Frühjahr sind wir sonst immer am Wochenende auf dem Bauplatz, in der heißen Phase fast jeden Abend. Jetzt hatte ich plötzlich Zeit für andere Dinge und ich muss sagen, das war auch mal sehr schön. Ich konnte mehr mit meiner Familie zusammen sein, meiner Frau Daniela und den drei Kindern. Das ist das Positive an dieser Sache, man ist wieder viel mehr zuhause und das tut auch gut. Was mir dennoch fehlt, ist die Freiheit, einfach loszufahren. Ich war mit meinem Bulli schon in Moskau oder Kroatien, fahre regelmäßig zu Autotreffen in ganz Europa. In diesem Jahr fand natürlich kein einziges statt.

Das ist der Bulli in der Seitenansicht.
Das ist der Bulli in der Seitenansicht. © Unbekannt | Privat



Eigentlich wollten wir mit unserem T 3-Bulli im Sommer nach England und Schottland fahren. Dort wollten wir Freunde treffen, viel rumfahren und sehen. Wir waren stattdessen an der Mosel im Familienurlaub. Ich bin froh, dass das überhaupt geklappt hat, und Camping macht immer Spaß, keine Frage, zumal wir mit Vorzelt und mobiler Küche super ausgestattet sind. Aber es fühlt sich schon anders an, wenn man nicht überall hinkann. Selbst die Fahrt in ein anderes Bundesland war zwischenzeitlich verpönt. Damit muss man erstmal klar kommen, wenn man sonst so viel unterwegs ist. Sonst hieß es oft: Matratze und Grill rein und dann los.

Ein Ennepetaler hat mir 1999 seinen T 3, Baujahr 1986, verkauft. Für 150 Mark. Ich habe einen Hang zu alten VWs und bin meinen alten Jetta so lange gefahren, bis es nicht mehr ging. Dann kam der Bulli und den habe mir nach und nach fertig gemacht und ihn in den Originalzustand gebracht. Naja, fast. Er war ursprünglich ein Werksfahrzeug der Straßenbahn AG Hagen. Wenn ich die Mittelstraße entlang fahre, dann gibt es schon oft verwunderte Gesichter. Auf dem Wagen steht nämlich jetzt Gevelsberger Straßenbahn AG. Die gab es natürlich nicht, aber die Leute grübeln erstmal eine Weile. Was mir aufgefallen ist, dass die Leute distanzierter geworden sind. Wenn ich früher beim Kunden war, gab es immer einen Kaffee, wurde das eine oder andere Wort gewechselt. Das ist nicht mehr so. Die Angst ist groß. Ich hoffe, dass nach Corona vieles wieder wie früher wird.


Bernd Stich,
Gevelsberg