Ennepetal. Friseurmeister Axel Meier aus Voerde erhält den Ennepetaler Friedenspreis. Sein soziales Engagement hat viel mit Reggae und Schildkröten zu tun.
Wenn Axel Meier in fernen Ländern Urlaub macht, dann hinterlässt er Spuren. Denn der Voerder Friseurmeister sucht nicht einfach Erholung am Strand, kulturelle Eindrücke oder Abenteuer um des Abenteuers willen. Der 53-Jährige will zum einen Feldforschung auf dem Gebiet der Schildkröten betreiben, zum anderen aber auch etwas über das Leben und die Probleme vor Ort erfahren, um dann Hilfsprojekte zu starten oder zu unterstützen. Und weil er sich außerdem in seiner Heimat aktiv für die Integration von Flüchtlingen einsetzt, wird er den Ennepetaler Friedenspreis erhalten (wir berichteten).
„Man lernt aus dem Alten und kann dann mit geringerem Aufwand an anderer Stelle etwas neues machen“, sagt Axel Meier über die Projekte, die er im Rahmen seines inzwischen viele Jahre währenden Engagements für Menschen in aller Welt auf die Beine gestellt hat. Ihm ist wichtig, nicht einfach Geld zu sammeln und zu verteilen, sondern etwas in der jeweiligen Region in Gang zu setzen, die sprichwörtliche „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu leisten.
Verein „Jamaica Godfather“ gegründet
Dass Axel Meier sich in fernen Ländern engagiert, hat mit seiner Leidenschaft für Reggae und für Wasserschildkröten zu tun. In den 80er Jahren war er Keyboarder der bekannten Gevelsberger Nicodemus Band – und die spielte Reggae. Um einmal die Wurzeln der Musik kennenzulernen, reiste Meier 1994 erstmals nach Jamaika, zusammen mit einem Kumpel. Im Nordwesten der Insel traf er auf das Leben jenseits der Tourismusklischees. „Ich habe dort Armut kennengelernt. Da hat es Klick gemacht“, sagt Axel Meier. Von seinem Urlaubstaschengeld zweigte er sofort etwas ab.
Danach flog er regelmäßig auf die Karibikinsel. Er stellte in seinem Salon eine Sammeldose auf und unterstützte auf Jamaika Schulkinder im Alter von drei bis sechs Jahren, mit jedem Besuch wurden es mehr. Nachdem einmal Freunde mitgereist waren, entstand die Idee, einen Verein zu gründen. Und so hob Axel Meier mit einem kleinen Kreis von Mitstreitern „Jamaica Godfather“ aus der Taufe. In Form eines klassischen Patenschaftsprojekts wurden Kinder von drei bis zwölf Jahren (dann endet in Jamaika die Primary School) unterstützt. Zu Spitzenzeiten waren es 120 Kinder. „In der Form haben wir das in diesem Jahr aber auslaufen lassen“, meint Axel Meier. Der bürokratische Aufwand hierzulande sei zu hoch geworden. Sammeldosen soll es weiter geben, die Unterstützung aber auf einzelne Projekte konzentriert werden.
Auch in Uganda hat sich Axel Meier engagiert. Er war in Kontakt mit dem Wuppertaler Verein „Kinder in Afrika“ gekommen. Für den Aufbau einer Berufsschule, an der u. a. Friseure ausgebildet werden, erwarb der Friseurmeister günstig Werkzeuge und Übungsmaterial. Mit 60 Kilo Material im Gepäck flogen er und Vereinsvertreter nach Uganda. Meier besuchte ein Kinderheim, schaute sich das Land an und schulte Friseurazubis. „Ich habe ihnen europäisches Haar und Frisurenbücher mitgebracht, damit sie vielleicht einmal in einem Hotel Geld verdienen können.“
Seine Leidenschaft für Schildkröten führte Axel Meier nach Sansibar. Er wollte Riesenschildkröten beobachten, stieß aber auf einen Park, in dem der Präsident des Inselstaates einen Zoo eingerichtet hatte, um den dortigen Bauern ein Zusatzeinkommen zu verschaffen. Doch Axel Meier, der selbst kurz zuvor seinen Sachkundenachweis gemacht hatte und inzwischen ausgewiesener Schildkrötenexperte ist, stellte fest, dass die Mitarbeiter nicht wussten, wie man die dort untergebrachten Schildkröten, vor allem Wasserschildkröten, artgerecht hegt und pflegt. Also leistete er regelrecht Entwicklungshilfe, besorgte eine Grundausstattung und vermittelte Wissen. „Ich habe sie in Theorie und Praxis geschult“, erzählt er. Das Gehege wurde umstrukturiert. Ein Jahr später sei er wieder dorthin gereist, diesmal mit selbst angefertigten Infotafeln für den Zoo. Kaum zurück in Voerde, erhielt er die Nachricht, dass erstmals Junge geschlüpft waren. „Ein Zoo wird durch Babys attraktiver, es kommen mehr Besucher, es gibt mehr Einnahmen und es können mehr Menschen davon leben“, erklärt Axel Meier die einfache Wirkungskette. „Das ist Meins“, sagt er, „etwas in Gang setzen, das von den Menschen vor Ort weiter geführt wird.“ Einen erneuten Besuch in Sansibar verhinderte Corona. Doch er habe einen Dankesanruf aus dem Präsidentenhaus erhalten.
Projekte in Nicaragua und Gambia
Neue Projekte hat Axel Meier schon in Aussicht. Er steht in Kontakt mit einer Lehrerin in Nicaragua, die mit Kindern mit Lernstörungen arbeitet. Und auch im afrikanischen Gambia will er sich engagieren. Klassischen Urlaub gibt es für Meier also nicht. „Ich betreibe entweder Feldforschung für Veröffentlichungen über Schildkröten oder schaue mir Kulturkreise an.“
Weil sich sein Engagement herumgesprochen hat, wird er aber auch in der Heimat um Hilfe gebeten. Und da engagiert er sich ebenso gerne, nicht zuletzt für Flüchtlinge. Unter anderem machte Meier, der seit 1991 selbstständig ist, bei der VHS in Gevelsberg eine Wissensabfrage bei einer Friseurin, die aus dem Iran hierhin gekommen war. Er holte Flüchtlinge, beispielsweise aus Nepal und Iran, ins Praktikum und stellte einen Auszubildenden aus dem Kosovo, der inzwischen als Geselle fest angestellt ist, sowie eine Auszubildenden aus Aserbaidschan ein. „Das bringt tolle Momente mit sich“, sagt Axel Meier. „manchmal aber auch Ärger.“
Friedenspreis wird seit 1983 vergeben
Der Ennepetaler Friedenspreis wird seit 1983 vergeben. Gewürdigt werden Bürger, Vereine, Klassen, Gruppen oder Einzelpersonen, die sich „um Erhaltung, Schaffung oder Förderung des Friedens und der nachbarschaftlichen und zwischenmenschlichen Beziehungen in der Stadt“ ehrenamtlich verdient gemacht haben.
Über den bzw. die Preisträger entscheidet ein unabhängiges Kuratorium, Vorschläge können alle Ennepetaler Bürgerinnen und Bürger machen.
Die Verleihung findet traditionell am Volkstrauertag statt. In diesem Jahr ist das Sonntag, 15. November.
Beirren lässt sich der heimatverbundene Voerder mit dem weltweiten Aktionsradius in seinem sozialen Engagement nicht. Und diese ehrenamtlichen Aktivitäten seien anerkennenswert, meint das Kuratorium Ennepetaler Friedenspreis, das Axel Meier die Auszeichnung zugesprochen hat. „Ich war ergriffen, als ich davon erfahren habe“, so der künftige Preisträger. „Eigentlich bin ich ja nicht so für Medaillen, aber das ist eine Auszeichnung, bei der man sein Leben doch noch einmal anders reflektiert.“