Gevelsberg/Hagen. Kindesmissbrauch: Gevelsberger (52) betont vor Gericht, dass Initiative zu sexuellen Handlungen von seiner elfjährigen Tochter ausgegangen sei.

Ein Vater aus Gevelsberg (52) hat vor dem Landgericht Hagen eingestanden, seine leibliche Tochter über einen Tatzeitraum von zwei Jahren sexuell missbraucht zu haben. Das Mädchen war anfangs elf Jahre alt. Der seinerzeit alleinerziehende Angeklagte stellt vor der Jugendschutzstrafkammer jedoch die unglaubliche Behauptung auf: „Nichts ist gegen ihren Willen passiert. Die Initiative ging sogar von ihr aus.“

Was von Mitte April 2018 bis Mitte Mai 2020 in einem Schlafzimmer und Kinderzimmer in Gevelsberg geschah, ist in der Anklageschrift in zehn Einzeltaten aufgelistet: sexuelle Übergriffe, die zunächst mit „Streicheln im Intimbereich“ begannen und sich, wie die Juristen es sachlich formulieren, „in sechs Fällen zu beischlafähnlichen Handlungen“ steigerten.

Die Vorwürfe der anklagenden Staatsanwaltschaft aus Hagen lauten auf „schweren sexuellen Missbrauch“ und „sexuellen Missbrauch von Kindern und einer Schutzbefohlenen“.

Der Vater, er wurde in Handschellen zur Anklagebank geführt, räumte vor dem Landgericht in Hagen reumütig alle Anklagepunkte ein und entschuldigte sich bei den Familienmitgliedern, die im Gerichtssaal auf der Zuhörerbank saßen: „Ich bereue das sehr und möchte mich entschuldigen. Nicht nur meine Tochter, auch meine Schwester und meine Mutter, alle sind davon betroffen.“ Und: „Ich schäme mich zutiefst dafür. Ich hoffe, dass mir meine Tochter eines Tages verzeihen kann und keinen seelischen Schaden davonträgt.“ Der angeklagte Gevelsberger befindet sich derzeit in Untersuchungshaft.

Sorgerecht für den Vater

An der Verhandlung nimmt auch eine Vertreterin des Jugendamts teil. Denn dem Angeklagten war im Jahr 2012, nach der Scheidung von der Ehefrau, die unter psychischen Problemen bis hin zu schweren Depressionen litt, das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter zugesprochen worden. In zwei Verfahren – vor dem Familiengericht in Schwelm und vor dem Familiensenat beim Oberlandesgericht Hamm – bekam der Vater seinerzeit Recht, als es um den Aufenthaltsort der Tochter ging: Die Richter vertrauten ihm die Verantwortung über das Kind an.

„Das Verhältnis zur Mutter ist immer angespannt gewesen“, erklärt der Angeklagte nun im Rahmen seiner Aussage vor Gericht, „die ganze Erziehung ist an mir hängengeblieben. Dadurch hat sich auch das besonders enge Verhältnis zu meiner Tochter entwickelt.“ Die damals Elfjährige, später Zwölfjährige, hätte ihm „alles anvertraut. Selbst zum Frauenarzt musste ich sie begleiten. Auch Gespräche über Sex waren kein Tabu.“ Seine Tochter, so behauptet der Vater, hätte immer ein Bedürfnis nach Nähe und Kuscheln gehabt. Da fällt ihm allerdings sofort der Vorsitzende Richter Jörg Weber-Schmitz schroff ins Wort: „Solch’ eine Nähe zwischen Eltern und Kindern endet aber normalerweise nicht in sexuellen Handlungen.“

Mädchen wird vor Gericht vernommen

Obwohl der Verteidiger, die Staatsanwältin und die Glaubwürdigkeitsgutachterin einhellig die Auffassung vertraten, nach dem Geständnis des 52-jährigen Angeklagten bräuchte man die Geschädigte nicht mehr zu vernehmen, entschied die Jugendschutzkammer nach kurzer Beratung, am nächsten Verhandlungstag die Tochter dennoch anhören zu wollen. „Nicht mehr zu den angeklagten Taten“, wie der Vorsitzende Richter ausdrücklich betonte, aber um das damalige Verhältnis zwischen dem Vater und seinem Kind zu hinterfragen.