Schwelm. In der Rubrik „Politik“ unseres Heimat-Checks haben die Leserinnen und Leser der Stadt Schwelm mit 3,92 eine sehr schlechte Note ausgestellt.
Ins Rathaus in Schwelm soll nach der Kommunalwahl wieder eine Streitkultur einziehen. Das ist ein Ergebnis unseres Heimat-Checks. Diese vorzeigbare Streitkultur vermissen unsere Leser nämlich. Deshalb gab es in der Kategorie Politik/Verwaltung für die handelnden Akteure auch nur die schlechteste Bewertung mit der Note 3,92. Damit nimmt Schwelm eine Spitzenposition im Negativvotum aller teilnehmenden Städte in unserem Verbreitungsgebiet ein. Hingegen kann Politik/Verwaltung in Gevelsberg mit einer 2,08 glänzen und selbst Ennepetal liegt mit der Note 3,36 noch weit vor Schwelm.
Selbstkritische Anmerkungen
Die Ergebnisse unseres Heimat-Checks wurden von den Verantwortungsträgern in Schwelm aufmerksam studiert. Schon im Interview haben die drei Bürgermeister-Kandidaten eingestanden, dass es im Zusammenhang mit der Streitkultur im Rathaus Verbesserungsbedarf gibt. Jürgen Lenz (CDU/Grüne) sprach bis 2010 von einem unterirdischen Klima im Rat, zu dem alle ihren Beitrag geleistet hätten. Stephan Langhard (SPD) habe der herrschende Umgangston im Rathaus in Schwelm „regelrecht erschüttert“ und will deshalb bei einer Wahl „Gesprächskultur vorleben, die man von anderen erwartet.“
Verbesserungsbedarf bei der Kommunikation nach innen und nach außen sehen auch die Parteien. Wir haben alle acht Parteien und Gruppierungen angeschrieben, die sich am Sonntag zur Wahl stellen, und um ihre Meinung zu dem Thema gebeten. Geantwortet haben fünf Parteien. Auch sie sehen Handlungsbedarf und wollen natürlich in der kommenden Legislaturperiode in Zukunft alles besser machen als bisher. Das Vorleben einer vernünftigen Streitkultur könnte ihnen diesmal leichter fallen, zumal die wegweisenden Beschlüsse für einen Großteil der Projekte für die „Neue Mitte Schwelm“ in der alten Wahlperiode gefallen sind. Konfliktpotenzial birgt in der kommenden Legislaturperiode allerdings die Umsetzung des Bäderkonzepts.
Politik darf keine Einbahnstraße sein, Kommunikation mit dem Bürger ist das A und O. Das haben sich alle Gruppierungen von der Wahl auf ihre Fahnen geschrieben. In der alten Amtszeit ist vieles zerredet worden. Bleibt der Blick nach vorn wie der von Claus Kaiser. Der Leser unserer Zeitung hatte in seiner Heimat-Check-Bewertung den versöhnlichen Ton angeschlagen: „Ich bin Schwelmer und liebe unser Dorf. Nichts auf der Welt ist perfekt. An einigen Dingen kann man sicher noch arbeiten, aber dass ist wohl überall so.“
Das sagen die Parteien
Oliver Flüshöh (CDU): Politische Entscheidungen sind vielfach komplex und kompliziert. Deshalb gibt es in der Regel keine einfachen Lösungen. Viele Aspekte müssen berücksichtigt und abgewogen werden. Bei diesem Abwägungsprozess haben wir die Bürger in der Vergangenheit häufig kommunikativ nicht mitgenommen, so dass die Lösungen nicht immer nachvollziehbar oder verständlich erschienen. Die CDU in Schwelm möchte die Entscheidungen in der Schwelmer Politik den Menschen künftig transparenter machen und mehr über die Medien informieren. Darüber hinaus bleibt es weiterhin das Ziel der CDU, kompromissbereit mit den anderen Parteien wichtige Beschlüsse im Konsens zu fassen, um wenig zielführende Streitigkeiten zu vermeiden.
Gerd Philipp (SPD): Leider schneidet Schwelm in der Kategorie „Politik“ nicht gut ab. Zur Einordnung ist natürlich zu bedenken, dass weniger als 1,5 Prozent der Schwelmer teilgenommen haben. Vieles führen wir auf die Zerstrittenheit des Rates zurück: Bürgermeister Stobbe wurde von seinen früheren Unterstützern, den Grünen, zuletzt regelrecht bekämpft und der von ihm gewonnene Brauereiinvestor Pass vergrault. Frau Grollmann ging es nicht besser, ihre Allianz zerbrach und entzog ihr die Unterstützung. Das lähmt eine Stadt. Wir als SPD werden auch künftig ein verlässlicher Partner sein und unterstützen mit Stephan Langhard einen parteilosen Verwaltungsprofi aus Schwelm, der es versteht, Brücken zu bauen.
Marcel Gießwein (Grüne): In den letzten elf Jahren gab es nur wechselnde Mehrheiten. Dies wurde vom Wähler demokratisch so gewollt und sorgt für Meinungsvielfalt. Leider sorgt es aber auch dafür, dass Prozesse verlangsamt, Entscheidungen immer wieder diskutiert werden müssen. Das zeigt nach außen kein gutes Bild, ist oft nicht gut kommuniziert worden und muss sich deutlich verbessern. Wir streben eine gute Zusammenarbeit unter stabileren Verhältnissen im Rat an, aber diese Entscheidung liegt beim Wähler. Außerdem ist eine echte Bürgerbeteiligung für uns eine wichtige Grundlage für Entscheidungen. Diese wurde von anderen Parteien bisher verhindert. Hilfreich ist, wenn Ratsarbeit, auch wenn man in der Abstimmung unterliegt, nicht öffentlich schlecht geredet wird.
Michael Schwunk (FDP): Damit sich das Verhältnis zwischen Politik und Bürgern wieder verbessert, setzen wir uns sowohl als Partei, wie auch mit unserem Bürgermeisterkandidaten Beckmann, für mehr Transparenz, Bürgerdialoge und -entscheidungen ein. Hier wurde in der Vergangenheit nichts gemacht, das muss sich zukünftig insbesondere bei Entscheidungen ändern, die nachhaltig das Stadtbild prägen und die Bürger massiv belasten. So hätte die Entscheidung zum Rathaus nur gemeinsam getroffen werden dürfen, da dieser Neubau unweigerlich andere Projekte verhindern wird. Es wäre hier im Sinne der Bürger gewesen, einen modernen Verwaltungsbau für einen Bruchteil der Kosten zu errichten.
Jürgen Senke (Die Linke): Entscheidungsprozesse dauern zu lange, Bürger werden dabei nicht genug beteiligt und Entscheidungen werden hinter verschlossenen Türen vorbereitet und getroffen, im Gegensatz zu den Versprechungen der Bürgermeisterin und der sie unterstützenden Parteien CDU, Grüne, FDP und SWG/BfS. Genannt seien zumindest von vielen das eher kritisch gesehene Mega-Gewerbegebiet in Linderhausen oder der überteuerte Rathausbau auf dem Brauereigelände. Die Menschen haben den Eindruck, dass Politik wenig von ihnen wissen will außer in Wahlkampfzeiten. Hinzu kommen Sorgen über Steuererhöhungen durch das Rathaus.