Ennepe-Ruhr. Video-Andachten und Online-Gottesdienste: Wie digital bleiben die Gemeinden der Propstei St. Marien und des Kirchenkreises Schwelm nach Corona?

Die Kirche und Youtube – passt das zusammen? Vor Wochen hätten viele diese Frage wohl mit einem klaren „Nein“ beantwortet. Die Internet-Aktivitäten einiger kirchlicher Jugendgruppen mal außen vor gelassen. Spätestens aber seit der Besuch von Gottesdiensten wegen Corona untersagt war, dürfte sich dieses Bild gewandelt haben. Plötzlich waren Gottesdienste als Live-Übertragung auf dem Online-Kanal der eigenen Gemeinde zu sehen. Video-Tagebücher gaben Impulse für die Zeit in der plötzlichen Isolation. Ein Modell für die Zukunft?

Propstei St. Marien

„Heute lade ich euch mal ein in den Prälaten-Garten“, sagt Propst Norbert Dudek. Er führt im lockeren, grünen Shirt durch die Anlage und spricht dabei über Feste, die die Menschen dort feiern – normalerweise zumindest. Aber was ist im Moment schon normal? Dudek ist so gut wie allein bei seiner Führung. Und irgendwie auch nicht. 202 Menschen waren dabei. Im Nachhinein. Auf der Internet-Videoplattform Youtube. Die Propstei St. Marien hatte Dudeks kleine Führung dort auf ihrem eigenen Kanal als Teil eines sogenannten Video-Blogs, also einer Art öffentlich einsehbarem Tagebuch, hochgeladen. Mehr als 60 solcher Einträge sind dort mittlerweile zu finden. Ein Angebot, das Menschen in Zeiten der Covid-19-Pandemie Mut machen soll. „Wir wollten einfach einen guten Impuls für den Tag und gegen schlechte Stimmung geben“, erklärt Patrizia Labus. Sie ist bei der Propstei für Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Bei ihr laufen die Fäden für das Projekt zusammen.

Online-Angebote jederzeit einsehbar

Wer sich selbst ein Bild von den Online-Angeboten der Propstei St. Marien und des Kirchenkreises Schwelm machen möchte, kann das jederzeit tun.

Die Propstei hat alle Videos auf ihrer Internetseite www.propstei-marien.de verlinkt. Zu finden sind sie dort unter der Rubrik „Blog und Gottesdienst“.

Der Kirchenkreis Schwelm macht die Video- und Audiobotschaften seiner Gemeinden nicht direkt auf seiner Internetseite sichtbar. Die Video-Andachten und -Gottesdienste sind stattdessen den Internetseiten der einzelnen Gemeinden zu finden. Die sind auf www.kirchenkreis-schwelm.de in der Rubrik „Gemeinden“ zu finden.

„Kurz nach dem Lockdown haben wir uns die Frage gestellt, wie wir die Menschen erreichen, wenn wir keine Gottesdienste mehr anbieten können“, erzählt Labus. Einen eigenen Facebook-Kanal gab es bei der Propstei schon. Zusätzlich entstand der Mutmacher-Blog auf Youtube. In Verbindung mit Texten auf der normalen Internet-Seite der Propstei geben dort in regelmäßigen Abständen Mitglieder verschiedener Gemeinden aus dem Gebiet der Propstei Denkanstöße oder Einblicke in ihren Alltag.

Auch Gottesdienste waren und sind dort zu sehen – zum Teil wurden diese live übertragen. Jedes der Videos verzeichnet mindestens mehrere hundert Klicks, ein paar bis an die 2000. „Als die Gottesdienste mit Besuchern in der Kirche wieder möglich waren, gingen die Zahlen wieder zurück“, gibt Patrizia Labus zu. Den Blog wertet die Propstei trotzdem als Erfolg.

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„Diese Form werden wir wahrscheinlich auch nach Corona beibehalten“, sagt Propst Norbert Dudek. Die Rückmeldungen aus den Gemeinden seien überwiegend positiv gewesen, besonders vonseiten derer, die zur Risikogruppe gehören und beispielsweise im Altenheim den Gottesdienst ihrer Gemeinde verfolgen konnten. „Wir werden künftig versuchen, die Live-Übertragungen von Gottesdiensten zu professionalisieren“, nennt der Propst eines der Ziele für die Zukunft, schränkt aber ein: „Was künftig gemacht wird, hängt auch von der Resonanz ab.“ Die Frage: Gibt es auch nach der Corona-Zeit einen Bedarf an der Übertragung von lokalen Gottesdiensten?

Kirchenkreis Schwelm

Auch der Kirchenkreis Schwelm ist in den vergangenen Wochen erfinderisch geworden, um Gemeindemitglieder trotz Einschränkungen weiterhin zu erreichen. „Alle Gemeinden haben Online-Angebote gemacht“, bestätigt Superintendent Andreas Schulte. Das Angebot reichte von aktuellen Video-Andachten, über abgefilmte Gottesdienste bis hin zu Videos von Aktivitäten außerhalb der Kirche. Die Kirchengemeinde Schwelm filmte sogar einen Kindergottesdienst mit Puppen. Kreiskantor Gerhardt Marquardt stellte außerdem Musik ins Netz.

Der Posaunenchor des CVJM Schwelm spielt am Ostersonntag von zuhause aus für Gottesdienst in der Christuskirche in Schwelm. Der Gottesdienst ist bis heute auf der Internet-Plattform Youtube zu sehen.
Der Posaunenchor des CVJM Schwelm spielt am Ostersonntag von zuhause aus für Gottesdienst in der Christuskirche in Schwelm. Der Gottesdienst ist bis heute auf der Internet-Plattform Youtube zu sehen. © WP | Max Kölsch

„Wie nachhaltig solche Dinge sind, muss man gucken“, sagt Schulte. „Wir haben aber schon eine Art Digitalisierungsschub bekommen.“ Das habe auch gezeigt, wie kreativ die Leute in den Gemeinden seien und wie groß ihre Bereitschaft sei, die Digitalisierung umzusetzen. „Wir fangen jetzt an, nach Verkündigungsformen in sozialen Medien zu schauen“, verrät der Superintendent. „Wenn wir für die Leute da sein wollen, dann müssen wir diesen Weg beschreiten.“ Die Jugend des Kirchenkreises sei dort schon aktiv.

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Generell stellt sich aber auch für den Kirchenkreis die Frage nach Aufwand und Nutzen. „Wir werden unsere Online-Angebote nach Corona nicht mehr in der Schlagkraft anbieten, wollen sie aber aufrechterhalten“, resümiert Andreas Schulte. „Wenn man das professionell machen will, muss man investieren – zum Beispiel in die technische Ausstattung.“ Seiner Ansicht nach können Onlineangebote die normalen Angebote der Gemeinden ohnehin nicht ersetzen. Allerdings können sie sie ergänzen.