Gevelsberg/Unna. Eine Frau aus Gevelsberg stand wegen einer Reihe von Diebstählen vor Gericht. Warum sie Ihre Festnahme als Wende in ihrem Leben bezeichnet.

Auf der Flucht vor der Polizei und von ihrer Drogensucht getrieben, hat eine 42-Jährige aus Gevelsberg eine Reihe von Diebstählen in Unna und Umgebung begangen. Vor Gericht sah sie ihre Festnahme nun als Rettung und Wende an.

Im Zuge des Prozesses traten einige Details aus der Vergangenheit der Angeklagten zutage. In frühen Jahren wurde die Frau, die zuletzt in Gevelsberg lebte, bereits durch Missbrauch traumatisiert, Suizidgedanken gehörten zu ihrem Alltag und mit zwölf Jahren konsumierte sie das erste Heroin. Vertreiben konnte das die Dämonen nicht. Und trotzdem blieben Drogen ständiger Wegbegleiter der 42-Jährigen. Die Sucht ließ sie straffällig werden.

Frau aus Gevelsberg schon oft vor Gericht

Ab 2006 saß sie regelmäßig auf den unterschiedlichen Anklagebänken. Letztlich stand eine Haftstrafe an und da sie die nicht antreten wollte, tauchte sie ab, lebte auf der Straße und beging Ladendiebstähle, um ihre tägliche Ration Drogen zu finanzieren. Ende Mai 2019 verschlug es sie nach Unna, wo sie in einer Drogerie drei Flaschen Parfüm klaute, um ihre Beute zu verkaufen. Darüber hinaus wurde sie bei sechs Ladendiebstählen in Dortmund erwischt. Dann klickten die Handschellen.

Verminderte Schuldfähigkeit laut Strafgesetzbuch

Paragraf 21 des Strafgesetzbuches besagt: Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus verschiedenen Gründen bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach Paragraf 49 Absatz 1 gemildert werden.

Im Falle einer zeitigen Freiheitsstrafe darf so zum Beispiel höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden.

Bei einer Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.

Diese Taten räumte sie nun im Prozess vor dem Unnaer Schöffengericht sofort ein. Die Erinnerung an diese Phase setzte ihr sichtlich zu: „Für mich war klar, wenn ich in Haft komme, bringe ich mich um.“ Zu groß sei ihre Furcht vor geschlossenen Räumen gewesen. Etwas, das aus den Erfahrungen in ihrer Kindheit resultiere. Doch genau diese Festnahme sorgte für Veränderungen, mit denen die Gevelsbergerin selbst am wenigsten gerechnet hätte. Sie erhielt Medikamente, wird substituiert, plant eine Drogentherapie.

Auch will sie den Kindheitserfahrungen mit einer Traumatherapie begegnen. „Ich muss im Nachhinein sagen: Wenn ich nicht verhaftet worden wäre, würde ich nicht mehr leben.“ Auch lernte sie auf der Flucht ihren Verlobten kennen. Ihm verschwieg sie zunächst vieles.

Mögliche Entzugstherapie statt Strafe

Nach der Festnahme wisse er nun alles – und halte dennoch zu ihr. „Ich fühle mich geborgen. Zum ersten Mal in meinem Leben.“ Nicht zuletzt auch deshalb wolle sie ihre Sucht und ihr Trauma bewältigen. „Ich möchte endlich einmal normal und glücklich leben.“ Die einzelne Tat in Unna wurde schließlich mit Blick auf die sechs verbleibenden Vorfälle in Dortmund eingestellt. Auch ging das Amtsgericht Unna von verminderter Schuldfähigkeit im Tatzeitraum aus. Unter Einbeziehung einer alten Strafe, die das Amtsgericht Schwelm verhängte, wurde sie zu einem Jahr und acht Monaten Haft verurteilt.

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Die Verbüßung dieser Strafe kann zugunsten einer Entzugstherapie zurückgestellt werden. Der Unnaer Schöffenrichter Jörg Hüchtmann zollte der 42-Jährigen Respekt für ihren Mut, ihre Ehrlichkeit und den Willen zur Veränderung. „Eine solche Einsicht sehen wir hier selten.“ Das Urteil wurde umgehend rechtskräftig.

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