Schwelm/Ennepe-Ruhr. Der Ennepe-Ruhr-Kreis soll prüfen, in wieweit alte Bahntrassen wieder für den ÖPNV genutzt werden können. Dabei geht es um bestimmte Strecken.

Für die Partei Die Linke im Kreis purer Wahlkampf, für die übrigen Fraktionen Sachpolitik mit ökologischem Anstrich: Der Kreistag des Ennepe-Ruhr-Kreises hat in seiner jüngsten Zusammenkunft in Schwelm die Verwaltung beauftragt, zu prüfen, in wieweit die Reaktivierung von Bahnstrecken im Kreisgebiet zu einer deutlichen Verbesserung des ÖPNV beitragen kann. Bei einer Gegenstimme (Die Linke) folgte damit das Gremium mehrheitlich einem entsprechenden Antrag des CDU-Kreisverbands Ennepe-Ruhr.

Ergebnisoffener Prüfauftrag

Die Christdemokraten haben sich auch Gedanken gemacht, welche einstigen Bahnstrecken genauer unter die Lupe genommen werden sollen. Unter Einbindung der Landesregierung, des RVR, des VRR, der Stadt Wetter und der Stadt Witten sollen insbesondere die Strecken „Witten-Bommern-Wengern-Oberwengern- Hagen“ und Hattingen-Herbede Bommern-Wengern-Hagen“ geprüft werden. Aber der Prüfantrag ist „ergebnisoffen“ angelegt, könnte also auch für weitere Strecken im Kreisgebiet herangezogen werden.

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Die CDU-Kreistagsfraktion begründet ihren Antrag mit zwei anliegenden großen Straßenbauprojekten in Witten-Herbede. Zunächst wird die Wittener Straße zwischen Steinenhaus und dem Autobahnzubringer zur A43 durch Straßen.NRW saniert, mit der Folge, dass die Straße in westlicher Richtung zur Einbahnstraße wird. Für die Buslinien von Blankenstein nach Herbede verlängern sich die Fahrzeiten unverhältnismäßig, Gelenkbusse könnten Probleme mit der Ausweichroute haben. „Insoweit wäre zu prüfen, ob es eine Option sein kann, die Busse aus Hattingen nur bis Haus Kemnade zu führen und zwischen Haus Kemnade und Herbede einen Triebwagen als Shuttle einzusetzen“, so in der Antragsbegründung.

Neue Ruhrbrücke

Das zweite Straßenbauprojekt betrifft die Herbeder Ruhrbrücke, die Straßen.NRW 2024 erneuern will. Durch die Vollsperrung werde es zu einer erheblichen Verschlechterung der Anbindung Herbedes an Witten führen, so die CDU. „Auch hier kann eine Verlagerung auf die Schiene zumindest eine temporäre Lösung sein“, sagen die Christdemokraten. Neben der Möglichkeit einen Triebwagen von Herbede nach Bommern fahren zu lassen, sei zu prüfen, ob eine Verlagerung von zumindest einer der drei Bahnverbindungen von Witten HBF Richtung Hagen HBF über das Viadukt auf der südlichen Ruhrseite geführt werden kann.

Öffentlichen Nahverkehr attraktiver machen

Reaktivierungen von Schienenstrecken haben großes Potenzial. Damit verbessern wir die Anbindung des ländlichen Raumes an angrenzende Ballungszentren. Wenn mehr Menschen die Bahn nutzen können, werden auch die Emissionen im Verkehrssektor reduziert“, spricht sich NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst für das Paket „Robustes Netz“ aus. Damit soll die Attraktivität des ÖPNV gesteigert werden.

Die CDU sieht in ihrem Vorstoß auch umweltpolitische Gründe. „Die Verkehrswende als Voraussetzung für konkreten Klimaschutz verlangt, dass ohne jegliche Denkverbote alle Möglichkeiten der Verbesserung des ÖPNV geprüft werden“, so in dem von Oliver Flüshöh, Chef der CDU-Kreistagsfraktion, unterschriebenem Antrag.

Linke sieht hohe Kosten

Helmut Kanand (Die Linke) sprach „von Showanträgen“, denen seine Fraktion nicht zustimmen könne. Hier handele es sich um zeitlich befristete Verkehrsprobleme. Die Zeithorizonte für die Reaktivierung von Bahnstrecken betrügen hingegen 20 bis 30 Jahre und seien mit einem hohen Kostenaufwand verbunden. „Einen Prüfauftrag zu stellen, ist das gute Recht einer jeden Fraktion“, konterte Ulrich Oberste-Padtberg. Der CDU-Politiker betonte, dass es sich um einen ergebnisoffenen Prüfauftrag handele.

Brigitte Altenhein (Bündnis 90/Die Grünen) wies darauf hin, dass es etliche Reaktivierungen von Bahnstrecken im Bereich des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr in den vergangenen Jahren gegeben habe. „Tun wir etwas, passt es Ihnen nicht. Tun wir nichts, passt es Ihnen auch nicht“, schoss Daniel Pilz (SPD) gegen den politischen Gegner. Unterstützung bekam Daniel Pilz von seinem Fraktionskollegen Guido Freisewinkel. Seine Recherche habe ergeben, dass in Nordrhein-Westfalen seit 1997 lediglich 120 km Bahnstrecken reaktiviert worden seien.