Ennepetal. Die AfD tritt in Ennepetal nicht zur Kommunalwahl an. Die beiden Mitglieder der aktuellen Ratsfraktion haben die Partei unterdessen verlassen.
Die AfD wird bei der Kommunalwahl in Ennepetal nicht antreten. Während der Kreisverband der Partei am Freitag mitteilte, nur in Gevelsberg, Witten und Herdecke sowie für den Kreistag zu kandidieren, erklärten die beiden Mitglieder der aktuellen Ratsfraktion, Frank Scherie und seine Mutter Antje, ihren Austritt aus der AfD. Bis zum Ablauf der Ratsperiode wollen beide aber als AfD-Fraktion weitermachen.
„Die Gründe, die zu diesem Entschluss führten, sind vielfältiger Natur und das Resultat einer seit langer Zeit immer stärker gewordenen Entfremdung von der Partei einerseits und der Entfremdung selbiger von ihren ursprünglichen Gründungszielen im Jahre 2013 andererseits“, erklären Frank und Antje Scherie in einem mehrseitigen Schreiben. Dies sei umso schmerzlicher, als sie beide zu den Gründungsmitgliedern des Landesverbandes NRW, des Bezirksverbandes Arnsberg und des Kreisverbandes Ennepe-Ruhr gehört hätten. „Die Partei hat inzwischen in den Gliederungen, denen wir angehören, alle die Unarten angenommen, die der Bürger zurecht an Parteien und Politik kritisiert – Parteispendensumpf, Gefälligkeiten, Arroganz der Macht und Unehrlichkeit nach innen und außen“, meinen beide.
2014 mit 4,7 Prozent zwei Ratsmandate gewonnen
Bei der Kommunalwahl 2014 erreichte die AfD 4,7 Prozent der Stimmen und damit zwei Ratsmandate. Daraufhin zogen der frühere CDU-Mann Hans-Jürgen Braselmann, der auch den Fraktionsvorsitz übernahm, und Frank Scherie in den Rat der Stadt Ennepetal ein.
Braselmann war bereits vor einem Jahr aus der Partei ausgetreten (wir berichteten). „Mir ging es ausschließlich um Ennepetaler Belange und nicht um AfD-Politik“, erklärte er damals. 2014 seien andere Leute an der AfD-Spitze gewesen, zum Beispiel Bernd Lucke. Heute gebe es eine Gruppe um Björn Höcke, die er nicht unterstützen könne, so Braselmann. Kurz darauf legte der selbstständige Immobilienkaufmann auch sein Ratsmandat nieder, weil er sich um die Übergabe seiner Firma an seinen Sohn kümmern wolle.
Die Reserveliste der AfD für die Kommunalwahl 2014 hatte neben Braselmann und Frank Scherie nur drei weitere Namen enthalten. Da die auf den Plätzen drei und vier gelisteten Kandidaten inzwischen ausgetreten waren, rückte Antje Scherie in den Rat nach. Ihr Sohn übernahm den Fraktionsvorsitz.
In dem Schreiben rechnen die Ennepetaler Ratsmitglieder mit der AfD auf allen Ebenen – vom Bund über das Land bis hin zum Kreisverband – ab. Der jetzige Kreissprecher Matthias Renkel – den sie namentlich ebensowenig nennen, wie alle anderen Funktionsträger, die sie kritisieren – führe den Kreisverband nach ihrer Auffassung „diktatorisch, selbstherrlich und wie die Gesamtpartei Mitglieder verschleißend“, so Frank und Antje Scherie. Und auf der Reserveliste zur anstehenden Kreistagswahl im Ennepe-Ruhr-Kreis fänden sich Personen, „die durch undifferenzierte Aussagen, Hasstiraden oder Ähnliches auffällig geworden sind“.
„Dass wir uns letztendlich dazu gezwungen sahen, uns bei der Bürgermeisterin von Ennepetal im Zuge einer Ausschusssitzung öffentlich für die Angriffe und unsachlichen Falschbehauptungen des eigenen Kreisverbandes bezüglich des Themas PCB zu entschuldigen, sollte jedem vor Augen führen, dass mit solche einem Personal in einer Partei kein Staat zu machen ist und wir eine Zusammenarbeit mit solchen Personen ablehnen“, schreiben Frank und Antje Scherie weiter. „Da ist es auch nicht tröstlich, dass wir unser großes Ziel, die Öffnung der Fußgängerzone für den Verkehr, erreichen konnten oder wir mit unseren Einschätzungen und Berechnungen bezüglich Elektromobilität und Wasserstoff belastbare Zahlen lieferten, lange bevor andere dies taten und nur redeten.“ Diese Zahlen würden jedoch nun auch von Umweltforschern in anerkannten Publikationen und in der Öffentlichkeit bestätigt.
Kritik an Bundes- und Landesverband
„Wir denken, dass wir in den letzten sechs Jahren für die Bürger in Ennepetal die AfD so vertreten haben, wie es eigentlich sein sollte – fair im Umgang miteinander, konstruktiv und fachlich versiert“, schließen Frank und Antje Scherie ihr Schreiben. Man wolle sich auf diesem Wege auch von den anderen Parteien im Rat der Stadt Ennepetal und der Verwaltung verabschieden und sich für das ihnen entgegengebrachte Vertrauen und die gute Zusammenarbeit bedanken.
In ihrem Schreiben wenden sich Frank und Antje Scherie auch gegen Bundes- und Landes-AfD. So sei es nicht tragbar, dass der Bundesverband der Partei durch Beschluss die durch die Bundestagsverwaltung verhängte Strafzahlung wegen Annahme verbotener Wahlkampfspenden aus dem Parteivermögen begleiche, die Verursacher dieses Schadens aber nicht zur Rechenschaft gezogen würden. Ohne sie namentlich zu nennen zielen beide mit ihrer Kritik auf den Bundessprecher Jörg Meuthen und die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel. Auch die Vorgänge im NRW-Landesverband und in der Landtagsfraktion bezeichnen die Ennepetaler als befremdlich. Da habe der Landessprecher mit „Krieg gegen die eigenen Mitglieder“ gedroht, schreiben Frank und Antje Scherie Außerdem habe sich der Landesverband „zu einer vom Proporz gesteuerten Organisation gewandelt, in der Fach- und Sachkenntnis wenig bis gar nichts“ zähle und dieser andererseits „zu einer Beschaffungsorganisation für Ämter, Mandate und finanzielle Absicherung jedweder Art verkommen“ sei.