Gevelsberg. Neue Brücke über die A1 in Gevelsberg: So sieht es auf der Baustelle auf der Eichholzstraße aus.

Auf dem Baustellenschild steht Juli als Fertigstellungstermin geschrieben. „Das wird leider nicht zu schaffen sein“, sagt Andreas Berg vom Landesbetrieb Straßen.NRW. Aber Ende August sollte der Verkehr über die neue Brücke über die A1 rollen können. Bis Oktober wird es noch dauern, das Behelfsbauwerk an der Eichholzstraße komplett abzubauen. Wer auf der Autobahn unterwegs ist, sieht dann nur noch ein filigranes Band, das sich über die Fahrbahnen spannt. Eine Brücke 2.0, wie sie von den Ingenieuren genannt wird. Aufgrund ihrer besonderen Bauweise, der wartungsarmen Konstruktion und ihrer Langlebigkeit.

Viele Arbeiten gleichzeitig

Keine 60 Jahre hat die alte Bogenbrücke dem Druck der Jahre stand gehalten. Dann zog sie eine Belastungsprüfung aus dem Schwerlastverkehr und die Suche nach einer tragfähigen Lösung begann. Das war im Juli 2015. Lösungen wurden gesucht, gefunden und wieder verworfen. Es wurde viel öffentlich diskutiert, Zeitpläne wurden verschoben (mehr dazu auf siehe Infokiste).

Geschichte der Eichholzbrücke über die A1

Die Geschichte über den Neubau der A1-Brücke ­erstreckt sich über fünf Jahre. Hier ein Überblick der wichtigsten Ereignisse:

Juli 2015: Die Brücke in der A1-Anschlussstelle Gevelsberg wird für den Schwerlastverkehr über 7,5 Tonnen gesperrt – und später für Fahrzeuge mit mehr als 2,10 Metern Breite. In der Pressemitteilung vom zuständigen Landesbetrieb Straßen NRW hieß es damals: „Statische Nachberechnungen haben ergeben, dass das Bauwerk nicht mehr die erforderliche Tragkraft besitzt. Umleitungen über die Anschlussstelle Volmarstein beziehungsweise über das Autobahnkreuz Wuppertal-Nord werden ausgeschildert.“… „Geplant ist hier ein Ersatzneubau, wann dieses Projekt umgesetzt werden kann, ist noch nicht absehbar.“

Oktober 2015: Der Landesbetrieb teilt auf Anfrage mit, dass intensiv darüber nachgedacht werde, wie die Brücke ersetzt werden könne. Eine Behelfsbrücke war bereits im Gespräch, Grundstücksgespräche waren angekündigt. Im Sommer 2016, so die Auskunft, sollte die konkrete Planung stehen.

Dezember 2015: Die Fahrbahn auf der Brücke wurde baulich eingeengt, um Schwerlastverkehr auszusperren, weil trotz der Verbotshinweise immer wieder Lkw den Weg nach Gevelsberg einschlugen.

Januar 2016: MdL Hubertus Kramer teilt mit: „Der Landesbetrieb Südwestfalen hat mir in dieser Woche bestätigt, dass der Planungsauftrag für die benötigte Behelfsbrücke im Januar an ein Ingenieurbüro vergeben worden ist.“

September 2016: Straßen NRW kündigt an, im Frühjahr 2017 mit dem Bau der Behelfsbrücke zu beginnen.

Juli 2017: „Die Pläne mit einer zuerst geplanten Behelfsbrücke haben sich zerschlagen“, sagte ein Sprecher der Straßenbaubehörde. Von gescheiterten Grundstücksverhandlungen war die Rede, Anwohner wiederum gaben an, dass nicht mit ihnen gesprochen worden sei. Straßen NRW erklärte stattdessen, mit einer Vollsperrung während des Brückenneubaus zu planen. Das sorgte für große Kritik bei der Stadt Gevelsberg und der SIHK und weiteren Diskussionen.

Februar 2018: Der Landesbetrieb kündigt an, dass nun doch eine Behelfsbrücke direkt nebenan gebaut wird, man sich über die Grundstücke geeinigt habe. Rodungsarbeiten fanden unmittelbar nach der Mitteilung statt.

August 2018: Straßen NRW stellt tonnenschwere Blöcke vor der Brücke auf, immer noch würden Brummis die Abkürzung über die Brücke nehmen.

März 2019: Die Baustelle wird eingerichtet, der Montageplatz und das Fundament für die Behelfsbrücke vorbereitet. Das tonnenschwere Provisorium wird stückweise geliefert und zusammengesetzt.

Juni 2019: Die 70 Meter lange Konstruktion wird quer zur Autobahn auf die andere Seite der Eichholzstraße geschoben.

August 2019: Die Behelfsbrücke wird freigegeben, auch für den Schwerlastverkehr.

September 2019: Die alte Bogenbrücke aus dem Jahr 1956 wird abgerissen, die Autobahn ist voll gesperrt.

März 2020: Der Landesbetrieb Straßen NRW montiert die Träger für die neue Eichholzstraßenbrücke.

Im Februar 2018 gab Straßen.NRW endlich grünes Licht für eine Behelfsbrückenlösung – ein Bauwerk, das während der Arbeiten an der neuen Brücke, den Schwerlastverkehr wieder aufnehmen kann. „Damals waren die Brücken nicht für so ein großes Verkehrsaufkommen ausgelegt“, sagt Andreas Berg. Die neuartige Beton-Stahl-Verbundkonstruktion wird anders sein. „Und sie ist einzigartig in unserem Niederlassungsbezirk“, erklärt der Sprecher des Landesbetriebes und führt über die 8 Millionen Euro schwere Baustelle.

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Entscheidend ist eine gute Abdichtung

Warum das mit dem Juli nicht klappt? Weil die Arbeiten am Untergrund aufwendiger waren als zuvor angenommen, mehr Erde aus der Baugrube transportiert werden musste, als geplant, weil eine Wasserleitung gefunden wurde, die nicht eingezeichnet war. Auch das Wetter spielte eine Rolle.

Derzeit wird an der Abdichtung gearbeitet. Es darf nicht zu kalt oder zu nass sein, sonst gibt es in einigen Jahren wieder Probleme. Wasser kann ein Bauwerk zerstören. Also werden auf dem Beton verschiedene Schichten aufgetragen, Schweißbahnen verlegt, ehe die Deckschicht gegossen wird.

Die Abdichtung der Brücke in Nahaufnahme.  Das rote auf dem abgestrahlten Beton ist die Dichtschicht, darüber kommt die Schweißbahn.
Die Abdichtung der Brücke in Nahaufnahme. Das rote auf dem abgestrahlten Beton ist die Dichtschicht, darüber kommt die Schweißbahn. © WP | Carmen Thomaschewski

Es laufen viele Arbeiten gleichzeitig. Nicht mehr benötigte Stahlträger werden rausgezogen und landen auf einem gigantischen Haufen, Korrosionsschutz wird aufgetragen, letzte Schweißarbeiten finden statt. An dem Radweg wird auch gerade gewerkelt. Stahlschnüre werden verlegt, damit der Beton nicht nur Druck, sondern auch Scherbewegungen aushalten kann. Dafür werden die überdimensionierten Schnüre auf genormte Steine gelegt, um dann später im richtigen Abstand im Beton eingebettet zu sein.

Andreas Berg zeigt, wie die Stahlschnüre aufgelegt werden.
Andreas Berg zeigt, wie die Stahlschnüre aufgelegt werden. © WP | Carmen Thomaschewski

Unterdessen wird per Handarbeit eine Holzkonstruktion rechts und links der Brücke montiert. Andreas Berg bezeichnet diesen Bereich als Kappe und erklärt, dass dieser auch mit Beton verfüllt wird, als runde Abschlussbegrenzung an beiden Seiten. Das Geländer ist bereits bestellt, aber wann es kommt, steht noch nicht fest. Es sei coronabedingt zu Verzögerungen bei der Lieferung gekommen. Woanders auf der Baustelle schüttet ein Bagger die Widerlager der Brücke auf. Nach jeder 30 Zentimeter-Schicht wird der Boden maschinell verdichtet. Dort, wo die vier 120 Tonnen schweren Träger senkrecht verbaut sind.

Links der Bagger, der das Widerlager zuschüttet, rechts die Verdichtungsmaschine, die nach jeder 30 Zentimeter hohen Schicht zum Einsatz kommt.
Links der Bagger, der das Widerlager zuschüttet, rechts die Verdichtungsmaschine, die nach jeder 30 Zentimeter hohen Schicht zum Einsatz kommt. © WP | Carmen Thomaschewski

Noch eine Vollsperrung geplant

Der Stahlkörper, der sich über die A1 spannt, ist mehrere Meter tief in den Beton rechts und links der Brücke eingelassen. So wird aus dem Stahl und Beton ein integrales Verbundsystem. An die Fahrbahn der Eichholzstraße wird diese über eine sogenannte „Schleppplatte“ angeschlossen. Eine Art Brücke zur Brücke. Wenn die Fahrbahn fertig vorbereitet und asphaltiert ist, wird der Verkehr von dem Behelfsbauwerk auf die neue, endgültige Brücke umgelenkt. Mitte, Ende August soll das geschehen, so der aktuelle Plan.

Eine Vollsperrung wird es noch geben, um das hölzerne Traggerüst zu entfernen. Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass eine Nacht pro Fahrtrichtung ausreichen wird. Danach wird die Behelfsbrücke zurück geschoben und abmontiert. Die Leihgabe des Bundes wird dann wieder eingelagert, gewartet und landet auf der nächsten Brückenbaustelle.

Bis voraussichtlich in den Oktober wird es dauern, alle Spuren an der Eichholzstraße zu beseitigen. Zu sehen ist dann nur noch die neue Brücke, die 100 Jahre halten soll. Mindestens.