Gevelsberg. Gevelsberger Seyfullah Köse engagiert sich landesweit für die 10 + 1 -Idee und ein Mahnmal, das aus insgesamt elf Bäumen besteht.

Es soll ein Mahnmal für Freiheit und Rechtsstaatlichkeit sein, eine lebendige Erinnerung an das Unrecht, dass der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) in diesem Land begangen hat. 10 + 1 heißt die Aktion, bei der zehn Bäume gepflanzt werden, die für die zehn NSU-Opfer stehen. Und plus eins, für jeden weiteren Menschen, der unter rechter Gewalt leidet. Der Gevelsberger Seyfullah Köse ist maßgeblich daran beteiligt, diese Idee in die Städte des Landes zu pflanzen. Auch in Gevelsberg.

Auf dem Vendômer Platz wird nach dem Umbau zwar kein Raum für die 10+1-Aktion mehr sein, weil die Planung für die Umgestaltung nicht mehr geändert werden kann. Aber im Stadtgarten sollen die Bäume einen zentralen Platz finden. Der Rat der Stadt steht hinter dem Vorschlag des Gevelsberger Integrationsrates, der Entwurf für die Plakette des zukünftigen Mahnmals im Herzen der Stadt ist auch bereits fertig. Seyfullah Köse hat schon mehrere dieser Schriftstücke gestaltet, für verschiedene NRW-Städte, und war in einigen Ratssitzungen im Land zu Gast. „Es melden sich immer mehr Städte, die mitmachen möchten“, freut sich Seyfullah Köse.

Diese Plakette soll das Mahnmal für Opfer rechter Gewalt in Gevelsberg zieren. Auf dem Computer ist es schon fertig, später soll es vor den neu gepflanzten Bäumen angebracht werden.
Diese Plakette soll das Mahnmal für Opfer rechter Gewalt in Gevelsberg zieren. Auf dem Computer ist es schon fertig, später soll es vor den neu gepflanzten Bäumen angebracht werden. © Seyfullah Köse

Anlass für den Gevelsberger, sich aktiv in dieser Sache zu engagieren, waren die sich häufenden Angriffe auf Gedenkstätten. In Dortmund wurden Fäkalien verschmiert, in Zwickau, wurde ein Baum abgesägt. Für jeden Baum, der abgesägt wird, müssten 10.000 neue gepflanzt werden. Das habe damals die Leiterin der Integrationsabteilung im Landesministerium, Asli Sevindim, auf Twitter geschrieben. Syfullah Köse hatte das gelesen und gesagt, „dann lass uns das doch tun.“ Aus einem ausgesprochenen Gedanken wurde ein Projekt für den Landesintegrationsrat, in dem auch der Gevelsberger Mitglied ist.

Aus einer Idee wurde eine Kampagne

Mit der Kampagne „10 +1 Bäume für die Opfer der NSU“ ruft der Landesintegrationsrat die Integrationsräte der Städte dazu auf, sich in ihren Kommunen für ein vielfältiges, friedliches und gleichberechtigtes Zusammenleben einzusetzen. „Die Bäume sind auch ein starkes Signal des Widerstandes gegen rechtsextremistischen Terror“, sagt Seyfullah Köse.

Sie stehen aber auch für das Individuum, „jeder kann Opfer rechter Gewalt werden“, sagt Köse und zitiert Martin Niemöller (siehe oben). Der evangelische Pfarrer wurde 1935 das erste Mal verhaftetet, weil er sich dem NS-Regime widersetzte. 1938 bis 1945 war er im Konzentrationslager. Er überlebte und räumte ein, dass er erst Anhänger des Dritten Reiches war, ehe ihm die Bedrohung bewusst geworden sei. Auch Niemöller hätte den Landesintegrationsrat inspiriert: Für eine lebendige Erinnerungskultur und auch, um auf das rechtsstaatliche Versagen hinzuweisen, wie Seyfullah Köse erklärt. Der NSU-Prozess sei nicht transparent gewesen, hätte vieles vertuscht. „Wir müssen wieder das Vertrauen stärken“, sagt er und sieht in der Aktion auch ein Symbol für Wiedergutmachung. Und dazu sei es für jede Kommune leicht und kostengünstig umzusetzen. „Wir überfordern mit dieser Aktion niemanden“, sagt Köse. Flächen habe jede Stadt, die Plaketten seien auch kein großer Kostenpunkt.

Seyfullah Köse ist seit 2016 Vorsitzender des Integrationsrates in Gevelsberg.
Seyfullah Köse ist seit 2016 Vorsitzender des Integrationsrates in Gevelsberg. © Carmen Thomaschewski

Etwa ein dutzend Städte wollen bei dem Projekt bereits mitmachen. Seyfullah Köse freut sich, dass nun auch die Stadt Gevelsberg dazu gehört. Die Pflege der Bäume könne durch Patenschaften gewährleistet werden. Meist seien es Schulen, die die Verantwortung übernehmen, weiß Köse. Aber auch Bürgerinitiativen, kommunale Ämter oder Privatpersonen kommen als Paten in Frage.

Der Gevelsberger Integrationsrat könnte sich vorstellen, dass die Bäume im November gepflanzt werden, während der Aktionswoche gegen rechte Gewalt in Gevelsberg – ein aufklärendes Mahnmal, das jeden betrifft.