Ennepetal/Gevelsberg/Schwelm. Corona: Eine Ennepetalerin greift Polizisten wegen der Maskenpflicht an, das Ordnungsamt verhängt hohe Strafen wegen Hygieneverstößen.

Die Infektionszahlen mit dem Corona-Virus sind im Ennepe-Ruhr-Kreis binnen 24 Stunden um zehn Prozent gestiegen. Mittlerweile liegen auch wieder Menschen in den Krankenhäusern, ein Patient muss beatmet werden.

Und dennoch: Die Sinnhaftigkeit der Corona-Schutzverordnung mitsamt ihrer Hygieneregeln ist ein streitbareres Thema als jemals zuvor. Eine Ennepetalerin griff Polizisten an, weil sie sich gegen das Aufsetzen einer Maske sperrte. Die Mitarbeiterinnen des Ennepetaler Ordnungsamts verteilten vierstellige Geldstrafen an Friseure und Gastronomen, die ihre Kunden nicht nach den Regeln vor einer Infektion schützten. Das bezahlten die Damen mit heftigsten Pöbeleien und dem Verweis, dies sei Schikane, die es nur in Ennepetal gebe. Das Gevelsberger Ordnungsamt musste allerdings auch zwei Gastrobetriebe vorübergehend schließen. Eine Bestandsaufnahme.

Ausraster in der Tankstelle

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Wie die Polizei erst jetzt mitteilt, leistete sich eine 53-jährige Ennepetalerin bereits am Samstag einen heftigen Ausraster in einer Tankstelle in Radevormwald. Die Frau wollte am Morgen dort ohne Mund-Nasen-Schutz in der Tankstelle einkaufen. Das Personal forderte sie dazu auf, sich eine Maske aufzusetzen – das sah die Frau aber mal gar nicht ein und stritt sich statt dessen lieber mit dem Personal, was eine Polizeistreife mitbekam, die zufällig vor Ort war. Doch auch von den Beamten ließ sich die renitente Frau nicht beeindrucken, zeigte sich vollkommen uneinsichtig, was eine Personalienfeststellung und eine Anzeige nach der Coronaschutzverordnung nach sich zog.

Mit dieser logischen Konsequenz auf ihr Verhaltens war die 53-Jährige dann allerdings auch nicht einverstanden und so erbost, dass sie auf die Beamten einschlagen wollte. Die Polizisten wichen dem Angriff aus und erweiterten die Anzeige kurzerhand noch um den Tatbestand des Widerstands. Die Ennepetalerin blickt nun einem möglicherweise sehr teuren Strafverfahren entgegen.

Geldstrafen in Ennepetal

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Arg mitgenommen sind auch zwei langjährige und erfahrene Mitarbeiterinnen des Ennepetaler Ordnungsamts von ihrem Einsatz ins Rathaus zurückgekehrt. Sie sollen während ihrer Corona-Kontrollen bei Barbershops, Friseuren und Restaurants heftig bepöbelt worden sein, als sie wegen Verstößen gegen die Hygienevorschriften der Corona-Schutz-Verordnung Bußgelder in Höhe von bis zu 2000 Euro verhängten. Das gilt nur für den ersten Verstoß. Bei Wiederholungen verdoppelt sich das Bußgeld jeweils auf 4000 auf 8000 auf 16.000 Euro und so weiter.

Den Hintergrund, warum die Behörde die Läden überhaupt so genau unter die Lupe genommen hat, erläutert Hans-Günther Adrian, Pressesprecher der Stadt Ennepetal, auf Nachfrage dieser Zeitung: „Das nordrhein-westfälische Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat vor wenigen Tagen die Kommunen aufgefordert, die geltende Corona-Schutzverordnung konsequent zu überwachen und Verstöße nach dem aktuellen Bußgeldkatalog vom 1. Juli zu ahnden. Aktuell liegen dem Ministerium Beschwerden vor, dass Friseurbetriebe und „Barbershops“, die Vorgaben nicht durchgängig beachten und dadurch dort erhebliche Wettbewerbsvorteile entstünden“, sagt Adrian.

Und in der Tat: Nicht alle Barbershops waschen den Kunden die Haare, bei der Bartpflege – eine so genannte körpernahe Dienstleistung – müssen sie Maske und Schild tragen. Auch das war nicht immer der Fall. Verstöße stellen die beiden Frauen auch in Gastrobetrieben fest. „Diesbezüglich hatte es Hinweise aus der Bevölkerung gegeben“, sagt Adrian. Das Ergebnis ist erschreckend: Bei so gut wie keinem kontrollierten Betrieb wurden die Vorschriften hinsichtlich der Maskenpflicht noch zur Aufnahme von Kontaktdaten der Gäste zwecks Nachverfolgung von Infektionen eingehalten.

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Die Geschäftsinhaber zeigte wenig Einsicht, warfen dem Ordnungsamt vor, nur gezielt einzelne Betriebe zu überprüfen, andere jedoch zu verschonen. Außerdem hätten mehrere Ladeninhaber angemerkt, dass nur in Ennepetal solche vom Land vorgeschriebenen Kontrollen stattfinden, andere Städte aber davon absehen. Bürgermeisterin Imke Heymann: „Wir sind dafür verantwortlich, die Vorschriften in Ennepetal umzusetzen. Wir haben keinen Spaß daran, den Betrieben das Leben schwer zu machen, aber die Regeln gelten nun einmal für alle und dienen unserer Sicherheit und Gesundheit. Gern beraten wir weiterhin Betriebe“.

Situation in Nachbarstädten

Nach den Vorwürfen der Barber, Friseure und Restaurantbetreiber aus Ennepetal, dass in den Nachbarstädten – insbesondere in Gevelsberg – nicht kontrolliert werden soll, hat die Redaktion die Verwaltungen damit konfrontiert. „Natürlich nehmen wir die Schreiben des Landes NRW sehr ernst und kontrollieren beispielsweise Barbershops in Gevelsberg sehr regelmäßig“, sagt Ordnungsamtsleiter Arnim Schäfer. Diese Kontrollen bestätigen die Mitarbeiter. „Zu den Zeiten, in denen wir vor Ort waren, konnten wir keine Verstöße feststellen“, sagt Schäfer weiter und betont, dass die Behörde auch künftig genau auf die Einhaltung der Regeln schauen werde. Dies gelte auch für Gastro-Betriebe, wo das Ordnungsamt bereits Verstöße festgestellt und zwei Betriebe vorübergehend geschlossen hatte.

Auch Ordnungsamtsleiter Christina Rüth, der die Verantwortung für die Einhaltung der Corona-Regeln in Schwelm trägt, betont, dass die geforderten Kontrollen stattfinden. Bisher, so heißt es aus dem Schwelmer Rathaus, habe es keine Verstöße gegeben, die hätten sanktioniert werden müssen.