Ennepetal. Firat Demirhan arbeitet beim Ordnungsamt in Ennepetal. Er wühlt in illegal entsorgtem Müll. Nicht immer findet er darin, wonach er sucht.
Mit Firat Demirhan hat die Stadt Ennepetal im September vergangenen Jahres einen Mitarbeiter eingestellt, der sich schwerpunktmäßig um die Verfolgung von Müllsündern kümmern soll. Wir haben mit dem 35-Jährigen über erste Erfolge, über wilde Kipper in Corona-Zeiten und auch darüber gesprochen, warum er die Bezeichnung Mülldetektiv gar nicht mag.
Herr Demirhan, wie viel sauberer ist Ennepetal geworden, seitdem Sie Ihre Aufgabe angetreten haben?
Firat Demirhan: Das ist schwierig zu sagen. Wenn man einen Schwerpunkt auf etwas legt, gibt es automatisch mehr Fälle. Es ist auf jeden Fall notwendig gewesen. Vorher wurde der Betriebshof mit der Entsorgung beauftragt, aber nicht weiter ermittelt. Ich fahre nun zu den Stellen hin und mache klassische Detektivarbeit. Ich durchsuche den Müll nach Hinweisen zu den Verursachern. Weit über 100 Ermittlungsverfahren konnten wir so schon einleiten. Worüber ich ebenfalls glücklich bin, ist, dass die Anzahl der Wiederholungstäter seitdem verschwindend gering ist. Generell muss ich aber sagen, dass sich die Ennepetaler vorbildlich an die Gesetze halten und es ein prozentual ein sehr kleiner Teil ist, der das nicht tut.
Elektroschrott in Voerde: Täter noch nicht ermittelt
Gibt es inzwischen neue Erkenntnisse bezüglich der riesigen wilden Elektroschrott-Kippe, die Sie im Voerder Wald vorgefunden haben?
Wir vermuten, dass die Verursacher gewerbliche Sperrmüllsammler waren. In dem Schrott haben wir Kartons mit zwei Adressen aus Gummersbach und Bergneustadt gefunden. Es sieht so aus, als hätten Unbekannte in anderen Städten Elektroschrott gesammelt und ausgeschlachtet. Dasselbe wollten sie in Ennepetal auch machen, dafür mussten sie aber die Ladefläche frei machen und haben den Müll einfach im Voerder Wald entsorgt.
Das klingt ja schon fast wie Müll-Tourismus...
Tatsächlich ist das ein Problem. Deshalb machen wir in den ungeraden Monaten, wenn montags die Sperrmüll-Abfuhr ist, Kontrollen, auch nachts. Denn Sperrmüll-Touristen haben dann das ganze Wochenende Zeit, sich daran zu bedienen. Das ist nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern führt dann auch dazu, dass der Müll auseinandergefleddert an der Straße liegt.
Konzept der Sperrmüll-Abfuhr wird überdacht
Gibt es da Ideen, wie Sie dieses Problem anpacken können?
Aktuell überdenken wir das Angebot der Sperrmüll-Abholung. Zum einen stellen wir das komplette System in Frage, zum anderen überlegen wir, den Abholtag umzulegen.
Haben die Umweltsauereien während Corona eigentlich zugenommen?
Bedingt dadurch, dass viele Menschen zuhause waren, ist das Müllaufkommen in Ennepetal generell höher und zwar etwa um 10 bis 20 Prozent. Darunter ist auch mehr Müll, der illegal entsorgt wurde.
Was war die schlimmste Sauerei, die Sie bisher erlebt haben?
Der Elektroschrott im Voerder Wald war aufgrund der Masse wirklich imponierend. Selbst die Kollegen vom Betriebshof meinten, so etwas hätten sie noch nie gehabt. Im letzten Jahr gab es einen Fall im Stadtteil Hasperbach. Dort wurden 25 Säcke mit Tapetenresten neben den Depotcontainern abgelegt. Unsere Ermittlungen führten zu einem Bußgeld von 250 Euro wegen illegaler Müllentsorgung.
Kameras aus Datenschutzgründen nicht erlaubt
Müll, der an den Sammelcontainern abgelegt wird, ist ja auch immer wieder Thema. Wie lässt sich das Problem lösen?
Wir sind an mehreren, auch kreativen, Dingen dran. Kameras waren eine Überlegung, da gibt es aber datenschutzrechtliche Bedenken und bürokratische Hürden. Das ist schon deprimierend, wenn dadurch die Ermittlungsarbeit erschwert wird. Trotzdem sind wir dran und schauen, was machbar ist.
Sie dürfen den Müll durchsuchen, aber eine Kamera aufstellen geht nicht?
Wir dürfen im Rahmen der Ordnungswidrigkeiten dann ermitteln, sobald die Tat geschehen ist. Eine generelle Kameraüberwachung ist jedoch heikel.
In einer Ratssitzung hieß es, das Wasserbecken auf Minna-Schmidt-Idar-Platz in Milspe sei häufig verdreckt. Gehen Sie dem nach?
Über den Sachverhalt hat mich ein Ratsmitglied persönlich informiert. Dieses hat von den Anwohnern erfahren, dass es die Mütter sind, die den Spielplatz so hinterlassen. Also die, von denen man es am wenigstens erwartet, weil man denkt natürlich sofort an irgendwelche Jugendlichen, die dort ihre kleine Party haben. Mit diesem Hinweis können wir jetzt zu bestimmten Zeitpunkten gezielt kontrollieren und ermitteln.
Müllsünder suchen sich andere Plätze
Warum ist es eigentlich so schwer, Müllsünder dingfest zu machen?
Mittlerweile hat es sich herumgesprochen, wo und wie wir kontrollieren. Viele machen sich die Mühe und verlassen das Stadtgebiet, um den Müll an einer Landstraße zu entsorgen. Dort ist er aus dem Sichtfeld, wenn man ihn den Abhang hinunterrollt. Das erschwert die Entsorgung und bindet mehr Personal. Zum Teil werden auch bewusst Briefe entsorgt, bei denen das Adressfeld herausgeschnitten ist, um nicht belangt werden zu können. In solchen Fällen sind wir machtlos und umso mehr auf die Bürger angewiesen. Wenn sie etwas beobachten oder eine illegale Müllkippe entdecken, bitten wir darum, uns zu informieren. Außerhalb der städtischen Öffnungszeiten ist immer auch die Polizei im Rahmen der Amtshilfe Ansprechpartner.
Das heißt, Ihre Kontrollen führen zu neuen Problemen. Ist das nicht ein Teufelskreis?
Wenn jemand wirklich die Absicht hat, seinen Müll illegal zu entsorgen, dann schafft er das auch. Da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Es ist eine Sisyphusarbeit, aber wir müssen diesen Kampf trotzdem führen – allein für die Menschen, die sich an die Regeln halten.
Es heißt, Sie mögen die Bezeichnung Mülldetektiv nicht. Warum nicht?
Weil mein Aufgabenbereich wesentlich weiter ausfällt. Ich bin klassischer Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes. Das heißt, ich bin auch zuständig für Jugendschutzkontrollen oder Einlieferungen in die Psychiatrie. Zusätzlich habe ich den Schwerpunkt der illegalen Müllentsorgung und Abfallkontrolle, aber das ist eben nur ein kleiner Teil meiner Arbeit.