Gevelsberg. Schreckensszenen in Gevelsberg: Ein bewaffneter Mann schießt auf einen Polizisten und flüchtet. Noch immer liegt der Täter im Krankenhaus.
Wollte der 36-jährige Ennepetaler in der Nacht auf den 6. Mai in Gevelsberg einen Polizisten töten? Und falls ja, warum? Das sind nur zwei der vielen Fragen, die sich seit der Schreckensnacht vor mittlerweile sechs Wochen stellen – und die weiterhin unbeantwortet bleiben. Denn der Mann, der landesweit für Entrüstung sorgte, hat sich bislang noch nicht zu seinen Taten geäußert. So ganz genau lässt sich aktuell auch nicht klären, warum das der Fall ist. Fakt ist hingegen, dass er noch immer im Krankenhaus wegen seiner Verletzungen behandelt wird.
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Staatsanwältin Sandra Ley teilt auf Nachfrage dieser Zeitung mit: „Der Verdächtige ist vom Krankenhaus in Wuppertal mittlerweile in ein Justizkrankenhaus verlegt worden. Dort wird er weiterhin wegen seiner Schussverletzung behandelt.“ Ein Mitglied eines Sondereinsatzkommandos hat dem 36-Jährigen bei seiner Festnahme in den Oberschenkel geschossen. Und die Verletzung scheint größer zu sein, als zunächst vermutet. Von weiteren Verletzungen ist der Staatsanwältin nichts bekannt.
Verteidiger wartet auf Unterlagen
„Die Ermittlungen laufen weiter, allerdings haben wir keine neuen Erkenntnisse zur Motivlage und zu einzelnen Details der Tat“, sagt die Staatsanwältin. Ob der Mann wegen seiner Verletzung weiterhin nicht vernehmungsfähig ist, oder ob er von seinem Recht, die Aussage zu verweigern, Gebrauch macht, dahingehend lässt sich die Staatsanwältin nicht konkret in die Karten ihrer Ermittlungen blicken, sagt nur: „Er hat einen Verteidiger, über den die Kommunikation läuft.“
Das ist Andreas Trode aus Iserlohn, der in der vergangenen Woche auf Nachfrage dieser Zeitung sagte, er habe bislang selbst noch nicht mit seinem Mandanten sprechen können und warte noch auf diverse Unterlagen. Dementsprechend kann auch noch niemand sagen, wann es zu dem Gerichtsverfahren gegen den Ennepetaler kommt, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen versuchten Mordes ermittelt und der ob seiner Brutalität für einen großen Schrecken in der Kreispolizeibehörde gesorgt hatte.
Bewaffnet im Hinterhof versteckt
Es war kurz vor Mitternacht zum 6. Mai, als zwei Streifenpolizisten der 5er BMW des Ennepetalers auf der Mühlenstraße auffiel. Sie hielten den Mann an, ließen ihn wegen Verdachts auf Drogenkonsum eine Urinprobe abgeben. Dies soll er klaglos getan haben. Als er jedoch wieder im Auto saß, soll er plötzlich eine Neun-Millimeter-Pistole in der Hand gehabt und auf einen der beiden Polizisten geschossen haben.
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Er traf den 28-jährigen Polizisten zum Glück in dessen schusssichere Weste. Während dieser von der Wucht des auftreffenden Projektils zu Boden geschleudert wurde, erwiderte der Kollege das Feuer. Doch der Verdächtige soll mit Vollgas in Richtung Innenstadt geflüchtet sein. An der Hauptstelle der Sparkasse schließlich bog er nach links ab – offenbar, um auf die ehemalige B7 zu gelangen. Weil er allerdings über die Verkehrsinsel fuhr und sein Auto zerstörte, flüchtete er ab da zu Fuß weiter.
Nur Minuten später glich die Stadt Gevelsberg einem militärischen Sperrbezirk. Die Stadt war hermetisch abgeriegelt, schwer bewaffnete und mit Ganzköper-Schutzkleidung gesicherte Mitglieder einer Spezialeinheit durchkämmten in der Nacht Nebenstraßen, Hinterhöfe, die Parkanlage des Ennepebogens. Jeder Autofahrer wurde angehalten, jeder Fußgänger musste sich ausweisen, wurde abgetastet. Die Situation war beängstigend, die Atmosphäre hochkonzentriert und extrem angespannt: Irgendwo verbarg sich ein bewaffneter Unbekannter, der nicht zögerte, auf Menschen zu schießen.
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Vier Stunden nach den Schüssen auf den Polizisten finden Mitglieder des Spezialkommandos den Mann schließlich auf einem Hinterhof in der Brüderstraße. Wieder soll er sofort das Feuer auf die Beamten eröffnet haben, diesmal trifft er nicht. Dafür schlägt eine Kugel in seinen Oberschenkel ein. Verhaftung, Gefahr gebannt.
Motivlage weiter ungewiss
Zur Motivlage des Mannes lässt sich bislang nur spekulieren. Fest steht, er sollte längst wegen Drogenhandels im Gefängnis sitzen. Gegen den Ennepetaler lag nämlich ein Vollstreckungshaftbefehl vor. Ob die drohende Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten der Grund für seinen Amoklauf war, müssen die weiteren Ermittlungen noch klären.