Schwelm. Noch nie gab es so viel Kurzarbeiter wie zu Zeiten von Corona. Das trifft auch die Genossenschaft in Schwelm. Berndt Erlenkötter im Interview.

Der Staat hat in Zeiten der Corona-Pandemie für alle Mieter, die unverschuldet in finanzielle Not geraten sind, Erleichterungen beschlossen. Wenn die Miete nicht gezahlt werden kann, darf ihnen wegen Mietrückständen nicht gekündigt werden. Wir haben mit der Schwelmer & Soziale Wohnungsgenossenschaft und EN-Wohnen über die Auswirkungen der Pandemie gesprochen. Im ersten Teil beantwortet Geschäftsführer Berndt Erlenkötter die Fragen dieser Zeitung.

Welche Auswirkungen hat die Mietzinsstundung auf ihr Unternehmen?

Berndt Erlenkötter: Wir haben schon sehr frühzeitig für unsere Genossenschaft beschlossen, bei unverschuldeten Zahlungsschwierigkeiten in Folge der Corona-Pandemie auf Kündigungen von Mietverhältnissen zu verzichten. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch gar keine gesetzliche Regelung dazu. Dies entspricht unserer genossenschaftlichen Philosophie und unserem Verständnis von sozialer Verantwortung. Wichtig dabei ist allerdings, dass die betroffenen Mieter den Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erklären, damit wir auch zielgerichtet beraten und Lösungen suchen können. Die langfristigen Auswirkungen in der Wohnungswirtschaft hängen natürlich stark von der Dauer der Pandemie und dem Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen für die Menschen ab. Ich bin mir sicher, dass das Thema bezahlbares Wohnen noch stärker als ohnehin schon in den Fokus rücken wird. In diesem Zusammenhang wird wahrscheinlich auch die Nachfrage nach kleineren Wohnungen weiter steigen. Hier können wir als Genossenschaft den Menschen auch in diesen schwierigen Zeiten ein gutes und sicheres Zuhause bieten.

Fehlt am Ende des Jahres Geld in der Kasse?

Natürlich wird auch die Schwelmer & Soziale die wirtschaftlichen Folgen der Krise spüren. Die Auswirkungen lassen sich heute aber noch nicht valide beziffern. Es wird uns aber lange nicht so hart treffen, wie manches Unternehmen aus anderen Branchen. Wir haben als Genossenschaft ein krisensicheres Geschäftsmodell und profitieren jetzt davon, dass wir in den vergangenen Jahren sehr gut gewirtschaftet haben.

Wie viele Mieter haben schon die Mietzahlungen ausgesetzt?

Die Zunahme bei den Mietrückständen hält sich bei uns erfreulicherweise in Grenzen. Dies liegt aber auch daran, dass wir unsere Mitglieder bei Zahlungsunregelmäßigkeiten frühzeitig aktiv ansprechen und beraten. Ob es um staatliche Unterstützungsleistungen oder individuelle Zahlungserleichterungen geht, wir können hier oft sinnvolle Hilfestellungen geben. Aktuell sind wir hierzu mit 20 Mietern in konstruktiven Gesprächen. Dies sind weniger als 1 Prozent unserer Mietverhältnisse. Mögliche Trittbrettfahrer, die die Corona-Pandemie nur vorschieben, stellen wir bislang so gut wie gar nicht fest.

Das Geld ist nur gestundet, muss zu einem späteren Zeitpunkt nachgezahlt werden. Rechnen Sie damit, dass die Mietrückstände überhaupt nicht gezahlt werden?

Der Gesetzgeber hat für den Ausgleich von Mietrückständen, die im 2. Quartal des Jahres in Folge der Corona-Pandemie entstanden sind, eine Frist bis zum 30.06.2022 vorgegeben. Als Genossenschaft steht für uns allerdings im Vordergrund, gemeinsam mit unseren Mietern tragfähige Lösungen zum Ausgleich der Mietrückstände zu finden und das Mietverhältnis fortzuführen. Außer Stundungen können dies ja z.B. auch langfristige Ratenzahlungen sein. Deshalb werden wir auch Vereinbarungen abhängig von der jeweiligen Lebenssituation unserer Mieter nicht zwingend auf die gesetzlichen Fristen begrenzen. Natürlich müssen wir dabei auch mit endgültigen Ausfällen von Mietzahlungen rechnen. Am Ende aber steht das Ziel, den Menschen in dieser Situation zumindest soweit wie möglich die Sorge um den Verlust ihres Zuhauses zu nehmen.

Beeinträchtigt die Pandemie die Planvorgaben für das laufende Jahr, beispielsweise Investitions-Projekte? Hat sich der Krankenstand erhöht?

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Zunächst das Allerwichtigste in der heutigen Zeit: Wir sind in der Genossenschaft bislang glücklicherweise von Covid-19-Erkrankungen verschont geblieben. Organisatorisch waren und sind wir natürlich schon sehr gefordert: Unsere Büroorganisation haben wir auf einen Mischbetrieb von Homeoffice und Büroarbeitsplätzen umgestellt. Zusätzlich wurden Notfallpläne für eine vollständige Auslagerung des Geschäftsbetriebes in einer Quarantänesituation erstellt. Dies musste alles in einer Zeit passieren, in der wir uns noch in der angekündigten Umstellung unserer kompletten EDV befinden. Eine echte Herausforderung. Einige Projektthemen mussten wir allerdings zurückstellen. Da haben sich einfach Prioritäten verschoben. Die Modernisierungs- und Instandhaltungsleistungen dagegen konnten bisher weitgehend im üblichen Rahmen erbracht werden. Unnötige Belastungen unserer Mieter wollen wir in dieser besonderen Situation natürlich vermeiden, so dass wir die Umsetzung einzelner Instandhaltungsmaßnahmen in 2020 überdenken müssen. Wir sprechen aber bei allen Investitionen und Projekten abhängig von der weiteren Entwicklung nur über einen zeitlichen Verzug und müssen aus heutiger Sicht nicht grundsätzliche Entscheidungen in Frage stellen. Ansonsten verändert sich in Zeiten von Kontaktsperren natürlich die Art der Kommunikation. Aber auch das funktioniert. Zu vielen unserer älteren Mitglieder nehmen wir aktiv telefonischen Kontakt auf, um hier Sozialkontakte zu erhalten und möglichen Bedarf an Hilfestellungen zu erfragen. Unsere im Juni geplante Vertreterversammlung werden wir verschieben.

Wurden in Ihrem Unternehmen Hygienestandards definiert?

Zur Reduzierung von Infektionsrisiken haben wir Mitte März unsere Geschäftsstelle für den Publikumsverkehr ohne Terminabsprachen geschlossen. Hierfür haben wir separat von außen zugängliche Räume mit besonderen Schutzmaßnahmen eingerichtet. Dieses Konzept beabsichtigen wir fortzuführen und weiter auszubauen. Für die Besucher der Geschäftsstelle gibt es in Verbindung mit den Besucherräumen ein getrenntes Zugangs- und Ausgangskonzept.

Gestatten Sie mir am Ende des Interviews die Gelegenheit zu nutzen, mich bei allen Mitgliedern und der Belegschaft der Schwelmer & Soziale für die Geduld und das Verständnis in dieser für uns alle schwierigen Situation zu bedanken. Die starke Gemeinschaft der Genossenschaft ist heute mehr denn je gefordert.