Ennepetal. Sie sollen ein Ennepetaler Recyclingunternehmen in 93 Fällen übers Ohr gehauen haben. Am Landgericht Hagen beginnt ein ungewöhnlicher Prozess.

Dieser Fall zeigt, warum beim Recycling immer von Wertstoff gesprochen wird. Ein Ennepetaler Recycling-Unternehmen soll für wiederverwertbare Stoffe einen Preis bezahlt haben, den das Material im Leben nicht wert war. Es geht um 93 Lieferungen und um eine Schadenshöhe von insgesamt 600.000 Euro. Den Tätern sollte schon im März der Prozess gemacht werden. Dazu kam es nicht. Das Verfahren wurde abgebrochen. Nun wird der Fall neu verhandelt.

Gewerbsmäßiger Betrug und Bestechung bzw. Bestechlichkeit im gewerbsmäßigen Verkehr lautet die Anklage, wofür sich die beiden Angeklagten aus Nachrodt-Wiblingwerde und Falkenstein ab dem heutigen Mittwoch vor dem Landgericht Hagen zu verantworten haben. Ursprünglich saßen drei auf der Anklagebank.

Verfahren abgetrennt

Dem 45 Jahre alte Mitangeklagten aus Gevelsberg, dessen gesundheitlicher Zustand vor Monaten zum Prozessabbruch führte und der weiter nicht verhandlungsfähig ist, wie das Landgericht am Dienstag mitteilte, wird sich zu einem späteren Zeitpunkt in einem gesonderten Verfahren zu verantworten haben – wenn seine Gesundheit wieder mitspielt.

Vorgeworfen wird allen drei, das Ennepetaler Recyclingunternehmen systematisch und gewerbsmäßig über einen längeren Zeitraum betrogen zu haben. Es geht um den Verkauf von Messing-Schleifstäuben zum Kupfer-Recyling, die die Firma des Gevelsbergers über einen längeren Zeitraum an das Ennepetaler Unternehmen lieferte. Der Preis, den man dafür bekommt, hängt vom Kupfergehalt des angelieferten Materials ab. Er wird anhand einer Probe im Labor des Ennepetaler Unternehmens bestimmt.

Es sind 13 Verhandlungstage angesetzt

Für das Verfahren am Landgericht Hagen sind insgesamt 13 Verhandlungstage vorgesehen: 3., 5.,8., 10., 15., 17., 19., 22., 24. und 26. Juni sowie am 13. und 15. Juli.

Das Urteil wird für den 17. Juli erwartet.

Am Betrug beteiligt waren laut Anklage der Gevelsberger als Hauptangeklagter, sein 66 Jahre alter Angestellter aus Nachrodt-Wiblingwerde und ein 49 Jahre alter Mann aus Falkenstein, der zur Tatzeit bei dem Ennepetaler Unternehmen angestellt war. Ihm wird vorgeworfen, gegen ein Schmiergeld von 150 Euro pro Lieferung seinem Arbeitgeber manipulierte Proben untergejubelt zu haben.

Spätestens ab Juli 2011, so die Anklage, habe sich der Angestellte bestechen lassen, um seinen Kollegen im Labor bei Anlieferung einen mitgelieferten Eimer zu übergeben, in dem sich Schleifstaub in höherwertiger Qualität statt einer tatsächlichen Probe vom angelieferten Material befand.

93 Mal soll der Betrug funktioniert haben. Dann wurde die Firmenleitung stutzig. Bei der 94. Lieferung hakte man nach. Neben der manipulierten Probe, die der Mitangeklagte ins Labor brachte, nahm das Unternehmen eine Probe direkt vom angelieferten Material.

Der Verdacht bestätigte sich: Die manipulierte Probe wies einen Kupferanteil von 57,87 Prozent auf, in der echten waren es nur 31,85 Prozent. Die Anklageschrift spricht von einem Schaden von insgesamt 600.000 Euro, der dem Enneptaler Unternehmen dadurch entstanden ist.

Angeklagt sind 93 Fälle von Betrug. Lieferung Nummer 94 wird als versuchter Betrug angeklagt.

Auch interessant

Dem 66-jährigen Angestellten der Zuliefererfirma wird gewerbsmäßiger Betrug und Bestechung im geschäftlichen Verkehr vorgeworfen. Ihm drohen eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Für die dem 49-Jährigen vorgeworfene Beihilfe zum gewerbsmäßigen Betrug zugleich mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu siebeneinhalb Jahren vor. Die Angeklagten sind nicht vorbestraft. Sie befinden sich auf freiem Fuß.