Ennepe-Ruhr. Die Brennhaare des Eichenprozessionsspinners können für Menschen gefährlich werden. Grünfachmann Achim Stockermann aus Schwelm informiert.

Die Raupe mit den gefährlichen Brennhaaren legt wieder los. Anfang Mai schlüpft der Eichenprozessionsspinner aus seinem Gelege und stellt wenige Wochen später wieder eine mögliche Gesundheitsgefahr für Mensch und Tier dar. Im vergangenen Jahr wurden erstmals Funde in Schwelm gemeldet. Es ist davon auszugehen, dass sich die Population in diesem Jahr weiter verbreitet.

Unsere Redaktion hat mit Achim Stockermann, Leiter der Abteilung Stadtgrün bei den Technischen Betrieben Schwelm, über Risiken, Maßnahmen zur Bekämpfung und über die weitere Verbreitung des Falters und die Folgen davon gesprochen. Hier der Überblick

Gefahr für die Gesundheit

Gefährlich ist der Eichenprozessionsspinner wegen seiner wenige Millimeter großen Brennhaare, die sich mit der zweiten Häutung der Raupe bilden. Die Brennhaare enthalten das Nesselgift Thaumetopein, das Hautausschlag, allergische Hautreaktionen sowie Entzündungen der Augenbindehaut, der oberen Atemwege und andere Krankheitsbilder bei Mensch und Tier verursachen kann. Die Dauer der Gefährdung erstreckt sich prinzipiell übers gesamte Jahr, weil die kleinen Brennhaare von den Gespinsten auf den Boden fallen oder in die Umgebung drumherum verweht werden können. Es existieren jedoch Zeiträume mit erhöhter Gefahr, vor allem zwischen Ende Mai bis September.

Verbreitung

Den Eichenprozessionsspinner ist in Süd- und Mitteleuropa verbreitet und breitet sich – im Zuge der Erderwärmung – aktuell weiter nach Norden aus. Über die Rheinschiene hat er nun auch unsere Region erreicht. In Schwelm wurden vergangenes Jahr erstmals drei Funde bekannt. Eine städtische Grünfläche in Nähe der katholischen Grundschule war für mehrere Wochen abgesperrt. „Das waren aber noch alles kleinere Nester“, berichtet der Grün-Fachmann.

Gegenmaßnahmen

Es gibt unterschiedliche Ansätze zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners. Beispielsweise der Einsatz chemischer Mittel (u.a. Häutungshemmer), das Abbrennen der Gespinste oder der Einsatz von Fressfeinden wie die Meise. In Schwelm setzen die Technischen Betriebe auf die Technik des Absaugens. Wie im vergangenen Jahr bereits erprobt würde auch 2020 eine Fachfirma beauftragt, deren Mitarbeiter in Schutzkleidung das Raupennest und den gesamten Boden drumherum mit einem Sauger entfernen und anschließend unter strengen Sicherheitsauflagen entsorgen.

Zuständigkeit

Die Stadt ist zuständig für Fundstellen auf ihren Flächen. Auf Privatgrund liegt die Verantwortung beim Eigentümer, so Achim Stockermann. „Unsere Baumpfleger und Baumkontrolleure achten darauf. Wir haben gerade jetzt ein Auge darauf“, erklärte der TBS-Fachleiter. Bei einem Fund würde ans Ordnungsamt gemeldet, das dann die TBS mit der Sicherung und Entsorgung der Gefahrenstelle beauftragt, so der behördliche Ablauf. „Wir warten jetzt ab, wie es sich entwickelt“, so Stockermann. Grenzwertig seien Fundstellen im Wald, die es in Schwelm bisher noch nicht gab. Mit dem Absaugen käme man einer Verbreitung dort nicht hinterher. Achim Stockermann hält es daher für praktikabler, für betroffene Waldflächen vorübergehend ein Betretungsverbot durchs Forstamt auszusprechen. Die Ordnungsämter der Städte stünden im Austausch, um die Risikolage auch über ihre Grenzen hinweg einschätzen zu können.

Einschätzung des Experten

So sah es im vergangenen Jahr im Südkreis aus.
So sah es im vergangenen Jahr im Südkreis aus. © WP

TBS-Abteilungsleiter Achim Stockermann geht fest davon aus, dass es in diesem Jahr erneut Funde gibt. Der Eichenprozessionsspinner finde in Schwelm mit seinem Eichenbestand ausreichend Nahrung und Brutstätten. Die Population werde in den kommenden Jahren mit Sicherheit ansteigen, ist er überzeugt. „Im Augenblick ist das noch kein Ding, das wir sagen: Alarm, Alarm. Aber es wird in den nächsten Jahren deutlich zunehmen.“

Gleichwohl die Brennhaare eine potenzielle Gefahr für die Gesundheit darstellen, rät Stockermann von Hysterie ab. „Der Eichenprozessionsspinner ist nicht ungefährlich, er gehört aber zur Natur.“ Man müsse lernen, damit umzugehen. Der Schmetterling sei früher schon mal in unseren Breitengraden heimisch gewesen und dann wieder verschwunden. Das Phänomen werde sich irgendwann auf natürlich Weise einstellen, beispielsweise durch seine Fressfeinde.

Den Grundstückseigentümern rät er, sich über den Eichenprozessionsspinner genauer zu informieren. Im vergangenen Jahr hätten die TBS viele besorgte Anrufe wegen Funde auf der eigenen Parzelle erhalten. In den meisten Fällen habe es sich nicht um den Eichenprozessionsspinner gehandelt, sondern um Gespinste meistens in Hecken, berichtet Stockermann. Er sieht darin aber auch etwas Gutes: „Die Bürger sind sensibilisiert.“

So gehen Gevelsberg und Ennepetal mit dem Schädling um

2019 blieb die Stadt Ennepetal auf ihren Flächen von der gefährlichen Raupe noch verschont. Die Stadtverwaltung stellt sich aber auf einen ersten Fund in diesem Jahr ein und hat ihre Mitarbeiter bereits sensibilisiert, eine besonderes Augenmerk darauf zu legen. Es existiert ein Handlungskonzept im Falle eines Fundes, zudem wird der Flyer für die Bürger neu aufgelegt.

In Gevelsberg sind im vergangenen Jahr erstmalig zwei Nester im Bereich der Schwelmer Straße festgestellt worden. Eine Fachfirma hat diese im Auftrag der Stadt beseitigt, die davon ausgeht, dass sich der Schädling weiter ausbreitet – insbesondere in Silschede. Die Technischen Betriebe haben 50 Meisennistkästen entlang der Schwelmer Straße und im Ortskern aufgehängt. Denn die Singvögel verfüttern die Raupen gern an ihre Jungen.

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Erste Ansprechpartner bei einem Fund sind die Mitarbeiter der Ordnungsbehörde Arnim Schäfer (Tel. 02332/771-138) und Robert Giesemann (771-191). Außerhalb der Dienstzeit ist die Feuerwehr zu kontaktieren. Bei Nestern auf Privatgrundstücken ist der Eigentümer verantwortlich. Bei öffentlichen Flächen erfolgt die Meldung an die Technischen Betriebe, die wiederum eine Fachfirma zur Beseitigung beauftragen. Als Service bietet die Stadt Gevelsberg potenziell betroffenen privaten Grundstückseigentümer eine Erstberatung vor Ort an. Hier steht Matthias Sprenger (Tel. 771-229) zur Verfügung.