Gevelsberg/Schwerte. Wegen der Corona-Pandemie bleiben Fitnessstudios geschlossen. Volontärin Nadine Przystow hat deshalb ein Online-Training via Laptop ausprobiert.

Trotz der aktuellen Lockerungen der Corona-Maßnahmen: Fitnessstudios müssen wegen der hohen Infektionsgefahr weiterhin geschlossen bleiben. Das hatte zuletzt das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden. Schon vorher haben viele Studiobetreiber reagiert und bieten ihren Kunden Online-Trainings an.

„CrossFit mit Schmackes“ aus Gevelsberg macht es genauso. Das Team um Gründer Jan Danowski coacht seit etwa einem Monat vom heimischen Wohnzimmer aus. Wie gut das funktioniert? Volontärin Nadine Przystow hat es ausprobiert.

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Online-Fitnesstraining: Die Kamera vom Laptop hat alles im Blick

Die Isomatte liegt ausgerollt vor der Couch. Ich hatte sie mir irgendwann mal zu Weihnachten gewünscht, um mehr für den Rücken zu tun. Daraus ist nicht wirklich etwas geworden. Jetzt kommt sie endlich zum Einsatz. Ich ziehe die Sportschuhe an (brauche ich die überhaupt zuhause?) und stelle meinen Laptop so hin, dass die Kamera den Boden im Auge hat – dort, wo ich mich ja sehr wahrscheinlich in den nächsten 75 Minuten hauptsächlich verausgaben werde, denke ich.

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Über einen Link, den ich vorab per E-Mail zugeschickt bekommen habe, betrete ich den virtuellen Fitnessraum. Links ragen dekorativ aufgehängte Ostereier ins Bild, unten rechts in der Ecke steht eine große, digitale Uhr. Vor dem Esstisch in der Mitte liegt eine grüne Yogamatte. Es ist das Wohnzimmer von Jan Danowski (31) und Janice Holtz (26). Gemeinsam mit Hannah Danowski (28) sind sie die Inhaber von „CrossFit mit Schmackes“. Mit mir nehmen noch sechs weitere an dem Online-Training teil. Jan erklärt, wie es ablaufen wird: Seine Schwester Hannah macht die Übungen vor, er sitzt hinter dem Bildschirm und gibt die Instruktionen dazu.

Das Online-Training

Crossfit ist eine Fitnesstrainingsmethode und zugleich ein Wettkampfsport, der unter anderem Gewichtheben, Sprinten, Eigengewichtsübungen sowie Turnen miteinander verbindet.

„CrossFit mit Schmackes“ ist im Januar dieses Jahres von Hattingen nach Gevelsberg an die Hammer Straße gezogen.

„Unsere Kernkompetenz ist das Coaching. Wir gehen individuell auf unsere Mitglieder ein und unterstützen sie dabei, dass sie maximal schnell maximal viel erreichen“, sagt Gründer und Trainer Jan Danowski.

Aufgrund der Schließung des Studios bietet das Team zwei bis drei Online-Kurse pro Tag an. Die wöchentliche Mitgliedschaft dafür kostet 24,90 Euro.

Zum Mitmachen benötigen die Teilnehmer einen Laptop, ein Smartphone oder Tablet. Kurz vor dem Training erhalten sie per E-Mail einen Link, das ist der Zugang zum virtuellen Fitnessraum. Nach dem Öffnen des Links muss man der Installation des Streamingdienstes Zoom zustimmen, darüber wird der Kurs übertragen.

Über eine App können Mitglieder die Trainingspläne einsehen. So wissen sie vorher, welche Übungen sie erwartet.

Anmeldung und weitere Infos unter www.crossfitmitschmackes.de

Stumm geschaltet lässt es sich bedenkenlos Fluchen

Ich bin beruhigt, als er ankündigt, uns während des Kurses stumm zu schalten. So kann niemand mein angestrengtes Schnauben (oder auch Fluchen) hören. Aber sehen können mich die anderen eben noch. Das sorgt für etwas Unbehagen.

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Wir legen los mit einem Warm up, also dem Aufwärmen. Jan und Hannah zeigen bzw. erklären die Übungen erst einmal, dann steigen wir mit ein. Ich komme ganz gut mit und bin nach den neun Minuten noch nicht am Ende meiner Kräfte. Die Kamera habe ich schnell vergessen und ich fühle mich auch nicht beobachtet. Wir alle sind so mit uns selbst beschäftigt und schließlich sind wir zum Trainieren und nicht zum Zugucken da.

Online-Fitnesstraining: Klirrende Flaschen im Rucksack

Es geht weiter mit einem 18-minütigem Kraftteil. Da ich keine Kettlebell (zu Deutsch Kugelhantel) besitze, behelfe ich mir mit einem kleinen Rucksack, den ich mit vier vollen Glasflaschen beschwere. Dann stelle ich mich breitbeinig hin, gehe ein wenig in die Knie, halte den Rucksack fest an den Gurten und schwinge ihn eine Minute lang kraftvoll aus dem Rumpf nach vorne und zurück zwischen die Beine.

Volontärin Nadine Przystow macht den Selbsttest und nimmt am Online-Training von
Volontärin Nadine Przystow macht den Selbsttest und nimmt am Online-Training von "CrossFit mit Schmackes" aus Gevelsberg teil. © WP | Nadine Przystow

„Versuch’ noch mehr über eine starke Hüftstreckung zu arbeiten. Wenn du vorgebeugt bist, versuch’ so schnell wie es geht die Hüfte nach vorne zu drücken und den Hintern wieder voll anzuspannen“, rät mir Jan. Ich versuche es. Die Flaschen knallen laut aneinander. Meine Mutter ruft nach oben „Was machst du da?“. Ich ignoriere sie und schwinge meinen Rucksack munter weiter. Das mache ich im Wechsel mit einer zweiten Übung drei- bis viermal.

CrossFit: Hampelmänner und Dips im Wechsel

Für mich hätte hier auch schon Schluss sein können, doch das eigentliche „Workout“ kommt jetzt erst. Der Timer steht auf 30 Minuten, das kann ja was werden. Als Jan sagt, dass wir mit 50 Hampelmännern starten, bin ich erleichtert: Das ist einfach, die habe ich schon als Grundschulkind gemacht. Darauf folgen 50 Dips. Nein, leider haben die nichts mit Essen zu tun. Sondern mit Muskelkraft in den Armen, die ich nicht habe.

Ich stütze mich rückwärts gewandt mit meinen Händen auf eine Erhöhung, zum Beispiel aufs Sofa. Dann drücke ich meinen Körper nach oben und senke ihn langsam wieder ab. Die Hampelmänner und Dips machen wir abwechselnd noch 40, 30, 20, 10 Mal. Alles fühlt sich immer schwerer an, ich japse nach Luft. Zum Glück hört mich keiner.

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Der Muskelkater hält einige Tage

Es folgen die „Straight Leg Sit Ups“. Aus der Rückenlage mit ausgestreckten Armen und Beinen soll ich meinen Oberkörper hochdrücken und mit den Fingern meine Zehenspitzen berühren. Nach ein paar Wiederholungen falle ich jedes Mal wie ein nasser Sack nach hinten auf meine Matte, die durch die Bewegung unter meinem Hintern wegrutscht. Zwischendurch bleibe ich einfach liegen, um mich kurz auszuruhen. Wenn ich mich dann wieder erhebe und ins Kamerabild schwinge, gibt es Lob und Motivation von Jan: „Sauber, Nadine, zieh durch.“

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Irgendwie tue ich das auch und das Dehnen am Ende ist eine Wohltat. Einige Tage später plagt mich allerdings noch immer ein heftiger Muskelkater in Bauch, Beinen, Po. Bikinifigur, ich komme! Ach stimmt ja, Sonnenbaden am Strand fällt erstmal aus. Trotzdem: Ich fühle mich gut und bin überrascht, wie viel zuhause mit wenigen Mitteln möglich ist.