Gevelsberg. Joe Hellmann aus Gevelsberg ist E-Sportler und spricht im Interview darüber, wie viel Arbeit hinter professionellem Gaming steckt.
Die Haustür des Mehrfamilienhauses öffnet sich. Im zweiten Stock steht ein sportlicher junger Mann in der Wohnungstür. Sein Name ist Joe Hellmann und er ist professioneller E-Sportler. Der Gevelsberger spielt das Fußball-Videospiel Fifa auf der Spielkonsole für das Team „leno e-sports“. An der Wand seines Zimmers hängen drei Monitore. Der Platz sieht eher aus, wie eine kleine Kommandozentrale. Nicht wie eine Fernseh-Ecke, in der den ganzen Tag gezockt wird. Generell macht der Raum einen ordentlichen und aufgeräumten Eindruck. Ganz anders, als gängige Klischees über Gamer es hätten vermuten lassen. Im Interview mit dieser Zeitung räumt Hellmann mit diesen Klischees auf. Er zeigt, dass das, was er betreibt, Sport auf Leistungsniveau ist.
Wann hast Du angefangen, Fifa an der Playstation zu spielen und seit wann betreibst Du dein Hobby professionell?
Joe Hellmann: Ich spiele Fifa seit Fifa 12. Die Version wurde im Jahr 2011 herausgebracht. Professionell spiele ich seit der aktuellen Saison 2019/2020.
Wie bist Du in das Team „leno e-sports“ gekommen?
Ich habe über Twitter Julijan Sero kennengelernt.
Steckbrief: Joe Hellmann
Joe Hellmann ist 16 Jahre alt und wohnt in Gevelsberg. Geboren wurde er in Schwelm.
Er besucht das Berufskolleg in Ennepetal und macht sein Vollabitur im Bereich Sport.
Hellmann hat eine ältere Schwester. Seine Hobbys sind das Videospiel Fifa auf der Spielkonsole und Fußball.
Er ist sportlicher Leiter im Team „leno e-sports“ und fragte mich, ob ich nicht auch Interesse hätte, in das Team zu kommen. Das war für mich keine große Frage. Ich habe sofort zugesagt.
Wie viele Stunden verbringst Du so vor dem Bildschirm?
Zu Beginn, wenn eine neue Fifa-Version auf den Markt kommt, sollte man schon mehrere Stunden täglich spielen. Jetzt, wo ich die Fifa-Version kenne, spiele ich aber eigentlich nur noch meine Turniere am Wochenende und nehme an einem wöchentlichen Turnier teil, das immer zu einer bestimmten Uhrzeit stattfindet. Das Turnier am Wochenende läuft immer so ab, dass man von freitags um 8 Uhr bis montags um 8 Uhr 30 Spiele absolvieren muss. Außerdem gibt es Qualifikations-Turniere, bei denen die besten 16 Spieler zu Turnieren in ganz Europa eingeladen werden.
Wie erfolgreich bist Du dabei bisher gewesen?
Diejenigen, die bei den Wochenend-Turnieren von 30 Spielen alle gewinnen, sind unter den besten 100 der Welt. Bisher ist mir das dreimal gelungen. Zweimal war ich auf Platz 14 der Welt und einmal auf Platz 4. Bei den Qualifikations-Turnieren habe ich es letztes Wochenende in die allerletzte Runde geschafft. Hätte ich dieses Spiel noch gewonnen, dann hätte ich einen Platz beim Turnier in Bukarest sicher gehabt.
Und wie läuft so ein Turnier, zum Beispiel in Bukarest, dann überhaupt ab?
Das sind dann Offline-Events. Man spielt also gegen seine Gegner in einem Raum. Bei diesen Turnieren geht es dann um Preisgelder. Die Qualifikationsturniere spiele ich ja von zuhause aus.
Verdienst Du schon Geld mit dem Zocken?
Ich habe bei privaten Turnieren schon Preisgelder gewonnen. Rekord waren bisher ungefähr 500 Euro bei einem Turnier. Wer sich bei den Qualifikations-Turnieren für Bukarest qualifiziert, hat zum Beispiel schon 500 Euro sicher. Bei den Turnieren, die dann zum Beispiel in Bukarest, Atlanta oder Paris stattfinden, bekommt der Gewinner 50.000 Euro. Bei der Fifa-WM im letzten Jahr erhielt der Gewinner 250.000 Euro.
Würdest Du E-Sport als richtigen Sport bezeichnen?
Ja, auf jeden Fall. „leno e-sports“ macht mit uns zum Beispiel auch „HeadFit“, das ist vergleichbar mit Gehirn-Jogging. Außerdem machen wir Yoga und absolvieren Fitness-Einheiten. Da das Team in Stuttgart stationiert ist, kann ich daran leider nicht so oft teilnehmen.
Kurz und knapp
Fußballtraining oder FIFA?
Fußball.
Was isst Du lieber, Birne oder Burger?
Birne mag ich nicht, deshalb Burger. Normalerweise bin ich aber eher bei der Sportler-Ernährung.
Filmabend oder Fitness?
Fitness.
Party oder Pauken?
Party, durch das Zocken treffe ich mich nicht weniger mit Freunden.
Trotzdem ist es eigentlich wie im realen Fußball auch, die richtige Ernährung und ausreichend Schlaf sind wichtig. Sonst kann man keine Leistung abrufen und es treten Konzentrationsschwächen auf. Extreme Konzentration ist im E-Sport ungemein wichtig.
Was ist der Vorteil, in einem Team wie „leno e-sports“ zu sein, gegenüber Zockern, die kein Team haben?
Der Name „leno e-sports“ sorgt natürlich für eine große Reichweite, das ist ein großer Vorteil. Außerdem sind die Voraussetzungen mit dem Gaming-Room in Stuttgart und einer tollen Ausrüstung für die Teammitglieder wirklich prima.
Ist Bernd Leno nur der Namensgeber Eures Teams oder auch aktiv beteiligt?
Bernd Leno spielt selbst gerne Fifa und interessiert sich sehr für die Sache. Er hätte auch die Möglichkeit gehabt, die weltbesten E-Sportler zu verpflichten. Seine Philosophie ist aber eine andere: Er setzt auf die Talentförderung und ein Zusammenspiel von Konsole und aktiver Bewegung, was ich persönlich super finde.
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Bernd ist immer über unsere Ergebnisse informiert und verfolgt aufmerksam unsere Entwicklung. Als ich im letzten Spiel die Qualifikation zum Offline-Event verpasst habe, hat er mir eine Sprachnachricht geschickt und hat mich aufgebaut. Das freut einen natürlich.
Hast Du Bernd Leno schon getroffen?
Ja, ich habe Bernd einmal persönlich gesehen. Wir sind mit dem Team nach London geflogen. Dort haben wir uns mit ihm das WM-Finale von Fifa angesehen und waren anschließend noch gemeinsam essen.
Bleibt neben dem Training am Bildschirm überhaupt noch Zeit, um sich an der frischen Luft zu bewegen?
Ich habe einen ganz normalen Tagesablauf. Fifa schränkt mich da nicht ein. Außerdem spiele ich bei der TSG Sprockhövel aktiv Fußball. Da habe ich dreimal in der Woche Training und am Wochenende noch Spiele. Bisher hat es aber zeitlich noch immer gepasst, beides unter einen Hut zu bekommen.
Wie sieht denn Dein Plan für die Zukunft in Sachen E-Sport aus?
Ich möchte E-Sport sehr gerne weitermachen. Ich weiß noch nicht, wie meine aktive fußballerische Laufbahn weitergeht. Davon hängt es ab. Im Moment sehe ich auch im „realen“ Fußball noch Chancen für mich.