Schwelm. 700 Pakete Klopapier hat der Schwelmer extra beim 100 Kilometer entfernten Hersteller geordert. Dankbarkeit und Vorwürfe sind Reaktionen.

Normalerweise gehen bei Stefan Tschierse Zeitschriften und Zigaretten über den Verkaufstresen. Hier spielen die Menschen Lotto, hier bekommen Kinder die neuesten Sammelkarten – oder was auch immer gerade auf den Schulhöfen in ist. Lauf- und Stammkunden halten sich am Bürgerplatz die Waage und reiben sich nun verwundert die Augen, denn Tschierse hat sein Angebot ausgebaut: Pakete mit Toilettenpapier stapeln sich dort nun neben Atemschutzmasken, Einmalhandschuhen und Desinfektionsmittel.

Verkauferlaubnis

Mehrere Schwelmer stellten sich die Frage, ob Stefan Tschierse überhaupt die Erlaubnis dazu habe, diese Dinge in seinem Laden zu verkaufen.

Der sagt auf Nachfrage der Redaktion: „Ich bin als Einzelhändler angemeldet, daher darf ich all dies in mein Sortiment aufnehmen.“ Er würde nichts verkaufen, das ihm nicht erlaubt wäre.

Das sorgt für Diskussionen in der Stadt. Während die einen ihm danken, dass er diese Dinge anbietet, die anderswo kaum noch zu bekommen sind, werfen ihm andere vor, sich an der aktuellen Notsituation bereichern zu wollen. Die Redaktion fragt direkt beim Inhaber des Lotto-Toto-Tabakwarengeschäfts nach, der offen die ganze Geschichte erzählt, die nicht mit dem Coronavirus beginnt, sondern ursprünglich mit der Baustelle auf dem Bürgerplatz direkt vor seinem Laden. „Die hat mich 30 bis 40 Prozent Umsatz gekostet“, sagt Tschierse. Er begann zu überlegen, wie er das kompensieren könne.

Hundert Kilometer weit gefahren

Als die Corona-Pandemie vor einigen Wochen schließlich ihren Feldzug um den Globus antrat, habe er zunächst für sich und seine Familie einen Schwung Atemschutzmasken bestellt. „Ich habe dann noch einmal groß nachgeordert, um die Masken auch zu verkaufen“, sagt er. 7,50 Euro sei bei einem Einkaufspreis von vier Euro netto pro Maske nicht überteuert. „Diese FFP-1-Masken gibt es andernorts kaum noch für unter zehn Euro.“

Noch weniger verdiene er am Toiletten-Papier.: 3-lagig, soft, zehn Rollen, 4,90 Euro. „Ich habe selbst 3,90 Euro direkt beim Hersteller pro Paket bezahlt.“ Doch wie ist er überhaupt an 700 Pakete gekommen? Und warum? „Den Ausschlag hat ein sehr alte Stammkundin gegeben“, sagt er. Die Frau habe mit ihrem Rollator beschwerlich Supermärkte und Discounter abgeklappert, aber tagelang kein Toilettenpapier bekommen. „Das hat sie mir erzählt und auch, dass es Bekannten in ihrem Alter nicht anders ergehe. Da habe ich mir gedacht, dass ich ich genau diesen Menschen helfen kann.“ Tschierse fuhr also ins 100 Kilometer entfernte Klopapier-Werk, lud sich Auto und Anhänger voll. Der Preis sei gerechtfertigt, schließlich koste das selbe Papier bei Edeka 4,50 Euro.

Vorrat bis Ende nächster Woche

Die Leute stehen auf jeden Fall Schlange, um Klopapier, Masken, Handschuhe und Desinfektionsmittel zu bekommen. Tschierse schätzt, dass er etwa bis Ende nächster Woche mit seinen Vorräten auskommt.