Schwelm. Dr. Rolf Lohbeck ist einer der vermögendsten Schwelmer und spricht zu seinem 80. Geburtstag über sein Leben und was für ihn Luxus bedeutet.
Lang und steil führt der Weg hinauf. Nachdem sich das schwere Tor wie von Geisterhand öffnet, wird der Blick auf das prächtige Anwesen immer deutlicher. Im barocken Stil thront die Villa hoch über den Dächern von Schwelm. Weil Besuch kommt, sind die Hunde eingesperrt. Normalerweise sorgen sie dafür, dass sich niemand Unbefugtes auf dem parkähnlichen Grundstück herumtreibt. Auf der Treppe im Säulengang wartet bereits lächelnd der Hausherr. Dr. Rolf Lohbeck empfängt nur ganz selten Fremde in seinem Privathaus.
Doch zu seinem 80. Geburtstag, den er am Montag, 30. März, feiert, macht er als einer der vermögendsten und polarisierendsten Schwelmer eine Ausnahme. Bei einem Rundgang durch die Privatbibliothek und das Hallenbad spricht Rolf Lohbeck über Hunger in der Nachkriegszeit, wie er zu seinem großen Reichtum gekommen ist, welche Ziele er noch im Leben hat und was Luxus für ihn bedeutet.
Welche sind Ihre ersten Erinnerungen an Schwelm?
Armut und Hunger in der Nachkriegszeit. Ich bin 1946 in die Schule Potthoffstraße gekommen. Dort waren mehrere Kinder, die noch nicht einmal Schuhe besessen hatten. Mein Bruder und ich waren völlig unterernährt. Unsere Eltern gingen hamstern, damit wir überleben konnten. Ich stand beispielsweise Stunden lang an der Hand meines Großvaters beim Bäcker an. Genau als wir ankamen, schloss der Laden – er war ausverkauft. Mein Großvater schnitt dann Brennnesseln für eine Suppe. Ich habe viele derartige Erinnerungen.
Mit Blick darauf, dass Sie heute stets einen reich gedeckten Tisch mit feinsten Speisen haben könnten: Wie hat Sie diese Erfahrung geprägt?
Bei mir werden bis heute keine Lebensmittel verschwendet oder gar weggeworfen. Wenn ich zum Bersten gefüllte Tische sehe, schüttele ich noch heute mit dem Kopf. Selbst in unseren Hotels, wo die Gäste immer bestens versorgt sein müssen, mag ich es nicht, wenn Lebensmittel verschwendet werden.
Was treibt Sie im Leben an?
Als Schüler war ich ein fauler Hund. Ich habe mich als Jugendlicher sehr in Abenteuer- und Wild-West-Romane zurückgezogen. Ich bin auch zunächst aus reinem Pragmatismus Lehrer geworden, weil ich mit meinem Zeugnis viele Jahre auf das Medizinstudium, das ich eigentlich anstrebte, hätte warten müssen. Doch diese Faulheit aus der Schulzeit habe ich mittlerweile locker kompensiert. Ich mag es, Dinge wachsen zu sehen. Ich mag es, Gelegenheiten zu ergreifen. Und ich mag weiterhin Abenteuer. Meine Frau Heidrun und ich kennen uns, seit sie 16 und ich 20 Jahre alt waren. Wir haben oft auf Risiko gesetzt. Unterm Strich: Mich treibt an, Dinge umzusetzen.
Was meinen Sie damit, Sie hätten oft auf Risiko gesetzt?
Ich habe mein erstes Haus gebaut, da verdiente ich 780 Mark brutto als Lehrer, hatte Frau und zwei Kinder. Dieses Haus mussten wir unbedingt verkaufen, bevor wir die Villa der alten Bernings an der Windmühlenstraße samt Grundstück kaufen konnten, auf dem ich drei Häuser bauen wollte. Die Planungen für die Windmühlenstraße liefen, aber wir bekamen das andere Haus nicht los. Das war zeitlich eine finanzielle Spekulation auf Leben und Tod, die kurz vor der Katastrophe ein glückliches Ende fand. Und: Ich war mir nie zu schade, selbst auf den Baustellen mit anzupacken. Es folgten einige ganz gute Immobiliengeschäfte, die sich vorher niemals so angedeutet hatten.
Auch bei Ihrem jetzigen Anwesen?
Das haben wir sogar zweimal gekauft. Dieses tolle Gebäude Baujahr 1933, das damals, Mitte der 70er, Bernings Schlösschen hieß, war für 1,9 Millionen Mark auf dem Markt. Aber niemand wollte es haben. Wir sind am Ball geblieben und haben 1974 für 480.000 Mark zugeschlagen. 1980 sind wir dann allerdings mit der Familie für einige Jahre nach Spanien ausgewandert.
Was war der entscheidende Punkt, dass Sie so vermögend geworden sind, wie Sie es heute sind?
Die beste Entscheidung war, aus dem Hotel, das wir in der ehemaligen Sparkasse in Milspe betrieben haben, eine Pflegeeinrichtung zu machen. Von da an ging es steil bergauf. Später habe ich meine Einrichtungen für insgesamt 124 Millionen Euro verkaufen können.
Zudem sind Sie als Hotelier ausgesprochen erfolgreich – auch in Ihrer Heimatstadt.
Das ist auch der Grund, weshalb wir das zweite Mal Bernings Schlösschen gekauft haben. Uns gehörte das Hotel Friedrichsbach und Familie Wilsbach hatte bereits das Golfhotel Juliana in Sprockhövel verkauft, wollte sich auch vom Hotel Mühlenteich in Schwelm trennen. Sie sprachen uns an, und ihnen gehörte unser ehemaliges Wohnhaus. Nach einigen Verhandlungen stand fest: Wir kaufen das Hotel und bekommen diese traumhafte Villa dazu.
Was bedeutet für Sie Luxus?
Luxus sind Dinge, die man eigentlich nicht braucht – eine goldene Uhr, ein riesiges Auto. Aber Schauen Sie sich die fantastischen Bücher, die tollen Möbel, die Teppiche an. Uns geht es gut und wir sind wirtschaftlich gesegnet. Aber am Ende ist dies alles nur eine Leihgabe auf Erden. Ich kann davon nichts mitnehmen.
Steckbrief: Dr. Rolf Lohbeck
Dr. Rolf Lohbeck wurde am 30. März 1940 in Essen geboren, die Familie wurde ausgebombt und zog zunächst nach Bochum. Er ist verheiratet und hat vier Kinder.
Nach Evakuierung ins Sudetenland und späterer Flucht in den Westen gelangte die Familie 1 945 nach Schwelm. Nach abgeschlossenem Lehramtsstudium wirkte er als Volks- und Hauptschullehrer, studierte Philosophie, Pädagogik und Soziologie.
Seit 1973 ist Lohbeck als freier Unternehmer tätig und hat neben elf Senioren-Residenzen, zwei Brauereien und einem Zeitungsverlag auch die exklusive Hotelgruppe „Privathotels Dr. Lohbeck“ aufgebaut. Zu ihr gehören mittlerweile 20 Traditionshotels, Burgen- und Schlosshotels in Deutschland sowie drei Hotels in Florida.
Bereits in jungen Jahren waren seine große Leidenschaft Wild-West- und Abenteuerromane. Heute besitzt er eine Bibliothek mit mehr als 4000 Bänden darunter Bibeln aus dem Spätmittelalter.
Als Autor hat er selbst mittlerweile zwölf Bücher vom Roman über einen Reisebericht bis hin zur Autobiografie verfasst.
Ist Zeit für Sie auch ein Luxusgut?
Zeit ist wie atmen. Ohne atmen kann man nicht leben. Ohne Zeit kann man ebensowenig im Leben vorankommen.
Was bedeutet Ihnen heute noch Geld?
Nach meiner Kindheit, war für mich klar, dass ich niemals wieder in eine solche Situation kommen will. Am Ende ist Geld wichtig, um die Familie zu versorgen. Ich habe mir das Ziel im Leben gesetzt, meine Kinder und meine Enkel finanziell abzusichern. Das ist mir gelungen. Ich habe immer gesagt, dass meine Kinder es einmal besser haben sollen, als ich. Außerdem tue ich mit dem Geld auch gern Gutes, ohne die Attitüde des Großzügigen zur Schau zu tragen.
Was raten Sie jungen Menschen, die wirtschaftlichen Erfolg wollen?
Für Erfolg benötigt man ein Ziel, Fleiß, Hartnäckigkeit und Charakter. Man muss Chancen im Leben ergreifen und nicht aus Angst zu lange zögern. Aber das alles bringt gar nichts, wenn man am Ende nicht das entscheidende Quäntchen Glück hat.