Gevelsberg. Ein Gevelsberger (37) muss sich vor Gericht für die Beziehung zu seiner 15-jährigen Stieftochter verantworten. Beide sprechen dabei von Liebe.

Das Amtsgericht Schwelm hat einen Gevelsberger wegen sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Der 37-Jährige hatte über ein Jahr ein Verhältnis mit seiner minderjährigen Stieftochter. Es war Liebe, sagten sowohl der Angeklagte als auch die heute 18-Jährige vor Gericht. In den Augen der Justiz jedoch war es eine schwere Straftat vonseiten des erwachsenen Mannes.

Die beiden hatten zwischen August 2016 und November 2017 eine heimliche Affäre. Dabei kam es zwischen dem Mann und dem damals erst 15-jährigen Mädchen auch zum Geschlechtsverkehr. 33 Fälle listete die Anklageschrift auf.

Schriftliche Erklärung

Der 37-Jährige gab alles ohne Wenn und Aber zu. Weil er so nervös war, verlas er eine vorbereitete schriftliche Erklärung. „Es war der größte Fehler meines Lebens, den ich hier vollumfänglich einräume. Ich will ihr die Aussage vor Gericht ersparen und mich auch bei ihr entschuldigen, denn es war mein Fehler“, hieß es in dem Schreiben.

Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen

Laut Paragraf 174 des Strafgesetzbuches ist der sexuelle Missbrauch durch die Eltern oder durch Täter und Täterinnen, denen Kinder und Jugendliche zum Beispiel zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut sind, strafbar.

Das umfasst etwa Lehrerinnen und Lehrer oder Heimerzieherinnen und Heimerzieher. Nach der aktuellen Gesetzesänderung werden nun auch zum Beispiel Vertretungslehrerinnen und Vertretungslehrer von der Strafbarkeit erfasst, die vorher ausgeschlossen waren, weil ihnen die Kinder nicht regelmäßig „anvertraut“ waren.

Ist das Opfer zwischen 16 und 18 Jahren alt, muss für die Strafbarkeit noch hinzukommen, dass die Täter und Täterinnen die durch das jeweilige Obhutsverhältnis bestehende Abhängigkeit ausgenutzt haben.

Ebenso wurde der Schutz auf Stiefkinder, Enkel und die Kinder von Partnern ausgeweitet. Diese sind nun ebenso wie zum Beispiel leibliche Kinder bis zum 18. Lebensjahr geschützt.

Er habe sich auf die Affäre eingelassen, weil er sich nach Nähe gesehnt hätte, die es in der Beziehung mit seiner Lebensgefährtin, der Mutter des Mädchens, nicht mehr gab. „Sie hat mir ihre Liebe gestanden. Und dann fing es an.“ Danach sei es fast immer, wenn er seine Stieftochter abends von einer von ihm nicht näher beschriebenen Aktivität abgeholt habe, zu verbotenen Zärtlichkeiten in einem Gevelsberger Waldstück gekommen. „Anfangs wollte ich sie einfach nur begleiten, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Denn sie hätte durch eine einsame Gegend gemusst und das gegen 22 Uhr.“

Alles, was geschehen sei, sei einvernehmlich gewesen. Das bestätigte die 18-Jährige im Zeugenstand, deren Befragung insgesamt nur wenige Minuten dauerte: „Es war von beiden Seiten Liebe. Ich habe ihn geliebt.“ An Allerheiligen 2017 beendete der Teenager die Affäre. „Ich habe es beendet, weil es mir zu viel bedeutet hat“, sagte die junge Frau leise. Die Befragung, so kurz sie auch war, setzte ihr seelisch sehr zu. Ohne einen Blick auf den Angeklagten zu werfen, rannte sie rasch aus dem Sitzungssaal, als ihre Vernehmung vorüber war.

Wegen Drogen vorbestraft

Die Frage, wie es dazu gekommen sei, warum er als erwachsener Mann eine sexuelle Beziehung mit einem Teenager begonnen habe, beantwortete der Gevelsberger in seiner Stellungnahme wie folgt: „Ich war damals ein anderer. Ich habe viele Dummheiten gemacht, Marihuana geraucht.“

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Seine einzige Vorstrafe war eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen, weil er Minderjährigen Drogen überlassen hatte. „Aber heute bin ich clean. Ich habe mein Leben strikt geändert“, sagte er.

Das Schwelmer Schöffengericht hielt ihm vor allem das vollumfängliche Geständnis zugute. „Aber es war das Letzte, was man noch zur Bewährung aussetzen konnte. Die Strafe ist sehr milde“, hieß es in der Urteilsbegründung. Das Gericht machte dem Mann noch 200 Sozialstunden zur Auflage.