Redaktionsleiter Stefan Scherer hat eine klare Meinung zum Antrag, freiwillig weitere Flüchtlinge in Gevelsberg aufzunehmen.

So gut die Absichten der Grünen auch sind, das wäre in der aktuellen Krisensituation niemandem zu vermitteln und organisatorisch erst Recht nicht zu schultern. Denn: Nur ein einziger begründeter Verdachtsfall in der Gevelsberger Stadtverwaltung würde dazu führen, dass zahlreiche Mitarbeiter in Quarantäne müssten. Schon jetzt sorgt die Pandemie dafür, dass eigentlich wichtige Dinge nicht umgesetzt werden können, dass das System des Verwaltungsapparats auf eine harte Bewährungsprobe gestellt wird.

Sich in dieser Extremsituation eine weitere sehr große Herausforderung selbst zu schaffen, wäre leichtsinnig und ein großer Schritt zum Systemkollaps. Diese Aufgabe könnte nämlich niemals so erfüllt werden, wie sie erfüllt werden müsste. Auch ist ein solches Projekt zum jetzigen Zeitpunkt den Verwaltungsmitarbeitern nicht noch zusätzlich zumutbar.

Diese Diskussion offenbart eine weitere traurige Facette der Corona-Krise: Andere große Probleme und extremes Elend werden plötzlich nahezu vollkommen ausgeblendet.

Die Stadt Gevelsberg sollte daher fortwährend reflektieren, ob sie wieder dazu in der Lage ist, sich den drängenden humanitären Aufgaben zu widmen. Sobald die Verwaltung diese Frage mit einem eindeutigen „Ja“ beantwortet, muss der Antrag der Grünen erneut auf dem Tisch liegen und beraten werden.

Bei der aktuellen Corona-Entwicklung bleibt mit Blick auf die leidenden Kinder nur zu hoffen, dass dies bereits im Juni passieren kann. Vereinnahmt das Virus die Gesellschaft jedoch weiterhin mit dieser extremen Dynamik, sehe ich zu diesem Zeitpunkt dafür eher geringe Chancen.