Ennepetal. Die Bürgerinitiative „PCB-Skandal in Ennepetal“ sieht die Entscheidung des Kreises, das biw-Konzept zur PCB-Vermeidung zu akzeptieren, kritisch.
Nach der am Montagabend veröffentlichten Mitteilung des Ennepe-Ruhr-Kreises, das von der Firma biw vorgeschlagene Konzept zur Vermeidung des Austritts PCB belasteter Flocken zu akzeptieren, zeigt sich die Bürgerinitiative (BI) „PCB-Skandal in Ennepetal“ sehr besorgt.
„Aus Sicht der Bürgerinitiative stellen sich mit der Begründung der Entscheidung des EN-Kreises, dem Konzept von biw unter Vorbehalt zu folgen, eine Reihe von Anschlussfragen, die wir jetzt erarbeiten und offen an den EN-Kreis und an biw richten werden“, heißt es in einer Mitteilung von Roland Wocknitz und Claudia Dörsch als Vertretern der BI. So werde der Fokus sehr stark auf die PCB-belasteten Flocken gelegt. Es blieben aber Fragen zu den gasförmigen Emissionen offen. „Weiterhin schließen sich zahlreiche Detailfragen an z. B. nach dem chlorfreien Vernetzer, nach dem Fertigstellungsgrad und nach der Funktionsfähigkeit der neuen Filter, den Blutuntersuchungen der Mitarbeiter bei biw bzw. dem anstehenden Human-Biomonitoring, zum Minimierungsgebot des Stockholmer Abkommens aus 2004, zum Bundesimmissionsschutzgesetz, zu Auffälligkeiten bzgl. Erkrankungen im betroffenen Gebiet und bei Betroffenen, zur Kommunikationspolitik der Behörden, der neuen Gebietseingrenzung, etc.“
Einladung zum Bürgerdialog
Das Unternehmen biw lädt für kommenden Freitag, 6. März, zum Bürgerdialog ein. Dabei will sich die Geschäftsführung den Fragen der Besucher stellen und eine Unternehmensbesichtigung ermöglichen. „Miteinander reden bringt immer mehr als übereinander“, so Ralf Stoffels, Sprecher der biw-Geschäftsführung.
„Deshalb haben wir die Initiative ergriffen und ein Format geschaffen, das wir ,Bürgerdialog‘ nennen“, erklärt sein Sohn Lutz Stoffels, geschäftsführender Gesellschafter von biw. Dazu lade man alle interessierten Ennepetalerinnen und Ennepetaler ein. Die Geschäftsführung und Experten des Unternehmens würden an der Diskussion teilnehmen und „verständlich zu allen Fragen Stellung nehmen“, so die Einladung.
Der Bürgerdialog mit Möglichkeit zur Unternehmensbesichtigung beginnt am Freitag um 16 Uhr.
Interessierte können sich ab sofort per E-Mail an dialog@biw.de anmelden.
Die 102 überwiegend an den EN-Kreis gerichteten Fragen aus dem Bürgerantrag vom 4. November vergangenen Jahres seien leider bislang noch nicht alle beantwortet worden, erklären die BI-Vertreter. „Hier fällt auf, dass insbesondere die Fragen, die den Verursacher betreffen, nicht beantwortet wurden.“ Die Bürgerinitiative werde alle offenen Fragen erneut stellen und sie um die neuen Fragestellungen ergänzen. Man habe kürzlich auch einen eigenen Fragen & Antworten-Bereich (FAQ) eröffnet: www.facebook.com/groups/pcb.skandal.ennepetal.faq/)
Roland Wocknitz und Claudia Dörsch betonen, dass die BI angesichts „der Vielzahl von Unklarheiten und offenen Fragen“ bei der Überzeugung bleibe, „dass der sofortige Stopp des PCB-Ausstoßes, ob als belastete Flocken oder gasförmige Emission, die einzig richtige Forderung und auch Entscheidung sein kann, um eine sich stetig aufbauende Gesundheitsgefährdung von betroffenen Personengruppen wie Arbeitnehmern und Anwohnern gänzlich auszuschließen.“
Geschäftsführung begrüßt Entscheidung
Die Kreisverwaltung hatte am Montagabend mitgeteilt, dass man für eine Übergangszeit dem von biw vorgeschlagenen Konzept zustimme (wir berichteten). Zum einen sei aus Sicht des Kreises „mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen, das künftig erneut Flocken freigesetzt werden.“ Zum anderen würde dem Konzept zufolge bis Ende des Jahres über die Anlagen des Betriebs überhaupt kein PCB mehr in die Umwelt gelangen.
Die biw-Geschäftsführung begrüßt die Entscheidung: „Wir freuen uns darüber, dass das Ministerium, Umweltbehörden und der EN-Kreis unser Konzept so überzeugend fanden, dass die Weiterproduktion von biw in Ennepetal jetzt gesichert ist“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme. „Wir stehen zu unseren Zusagen, sehen aber mit Sorge, dass die Regularien, die jetzt für biw gelten, nicht überall in Deutschland bzw. der EU für die Betriebe unserer Branche angewendet werden müssen.“ Das führe zu Wettbewerbsverzerrungen, die biw schwächen würden. „Hier erwarten wir von der Politik einen ebensolchen engagierten Einsatz wie für den Umweltschutz und den Schutz der Bürger“, so das Unternehmen.