Redaktionsleiter Stefan Scherer hat eine klare Meinung zu Wut und Hass im Internet bezüglich der PCB-Emissionen in Ennepetal.

Stopp! Beim Ennepetaler PCB-Fall überschreiten immer mehr Menschen eine Grenze, die nicht überschritten werden darf – insbesondere auf der Facebook-Seite der Bürgerinitiative. Hier wird Ralf Stoffels persönlich beleidigt, einige Nutzerinnen und Nutzer bewegen sich verdächtig nahe am Aufruf zur Lynchjustiz. Dass die Sache eine derartige Eigendynamik entwickelt, zeigt, wie groß die Angst der Menschen ist, wie groß die Verunsicherung – und wie sehr die Notwendigkeit besteht, dass alle gemeinsam und sachlich eine Lösung finden.


Wir leben zum Glück in einem Rechtsstaat und nicht in einer Bananenrepublik. Die Rechtsstaatlichkeit schützt die Bürger und gibt ihnen diverse demokratische Möglichkeiten, gegen Missstände vorzugehen. Die Rechtsstaatlichkeit schützt aber alle Bürger – auch Ralf Stoffels und die Verantwortlichen von BIW. Ich habe größtes Verständnis für die Verunsicherung eines jeden. Ich habe größtes Verständnis für die Angst der Menschen, dass sie befürchten, durch die PCB-Emission gesundheitlichen Schaden zu erleiden. Ich habe größtes Verständnis dafür, dass sich die Hausbesitzer in den Gebieten Gedanken um den Wert ihre Grundstücke machen.


Es sieht aber auch so aus, dass laut Einschätzung aller Experten hier keine akute Gefahr für Leib und Leben herrscht und die Verzehrempfehlung für den größten Teil des Gebiets lautet: ein- bis zweimal pro Wochen kann ein jeder selbst die für PCB am empfänglichsten Gemüse aus dem Garten bedenkenlos essen.


Ja, es ist eine absolute Katastrophe, dass die Firma BIW seit mindestens Herbst 2018 PCB ausstößt. Und ja, seitdem hätte deutlich mehr passieren müssen. Und ja: Dass in der vergangenen Woche erneut Flocken aufgetaucht sind, erweckt den Anschein, dass hier das Problem, das die Bürger in Angst versetzt, nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit angegangen wird.


Das alles rechtfertig aber noch lange nicht, den Firmenchef und seine Familie oder Mitarbeiter dieser Firma persönlich zu beleidigen, anzugehen, in sozialen Medien zu diffamieren oder irgendwelche Gewaltfantasien dort auszubreiten. Damit macht sich eine Bürgerinitiative, die eigentlich eine gute Sache verfolgt, überflüssig. Denn wenn sich einzelne Mitglieder der BI derart daneben benehmen, hat sie kein Recht, jemand anderen an den Pranger zu stellen.

Daher sollten sich nun alle – insbesondere Landrat Olaf Schade und Firmenchef Ralf Stoffels – darum bemühen, eine schnelle und sachliche Lösung zu finden, um solch fehlgeleiteten Menschen nicht noch weiter Zündstoff und Raum für die wüstesten Spekulationen zu liefern.