Gevelsberg. Eine Gevelsberger Initiative beklagt ein intransparentes Vergabeverfahren für Kitaplätze in der Stadt. Die Stadt hat darauf reagiert.

Eine angespannte Lage bei der U3-Betreuung und ein intransparentes Vergabeverfahren für die Plätze – so nehmen einige Eltern künftiger Kindergartenkinder die Situation in Gevelsberg wahr. Aus dieser Verunsicherung heraus haben sie sich zu einer Initiative zusammengeschlossen. Nun waren gut 30 junge Mütter und Väter zu Gast im Gevelsberger Rathaus, um mit Bürgermeister Claus Jacobi zu diskutieren. Die Themen: der aktuelle Betreuungsbedarf und die Anregungen und Wünsche der Eltern an das Vergabeverfahren.

Christian Erlemeyer kennt die Situation nur zu gut. Er und seine Frau haben eine vier Monate alte Tochter. „Wir haben uns schon in der siebten Schwangerschaftswoche bei fünf Kitas in der Umgebung angemeldet, um einen Platz ab August 2020 zu bekommen“, sagt der Gevelsberger, der mit seiner Familie in Silschede lebt. Er habe im Internet bereits gelesen, dass es schwierig sei, einen Platz zu bekommen.

Gevelsberger gibt Anstoß

Auch er empfindet das Anmeldeverfahren für die U3-Betreuung als sehr komplex. Erlemeyer ist berufstätig. Seine Frau wolle ab August wieder arbeiten gehen. Auf Initiative des Gevelsbergers entstand eine sogenannte Gruppe im sozialen Netzwerk Facebook. Hier können sich Eltern online in einer geschlossenen Umgebung untereinander austauschen.

Das Vergabeverfahren

Am 15. Januar haben die Gevelsberger Kindertageseinrichtungen die Zusagen für die Kitaplätze ab dem 1. August verschickt.

Ab Verschickung gilt eine 14-tägige Frist, in der die Sorgeberechtigten die Möglichkeit erhalten, eine Rückmeldung beziehungsweise die Vertragsunterzeichnung in der jeweiligen Kita zu vollziehen.

Ab dem 3. Februar sollten den Einrichtungen alle Zusagen seitens der Erziehungsberechtigten vorliegen. Wenn der Kita bis zu diesem Zeitpunkt keine Rückmeldung vorliegt, werden gegebenenfalls Plätze frei. Hier beginnt das sogenannte Nachrückverfahren. Das heißt: Auch wer bislang keine Zusage erhalten hat, bekommt nun die Chance, auf einen Platz nachzurücken.

Dieses Verfahren dauert in der Regel ebenfalls nochmal 14 Tage. Sollte diese Frist verstrichen sein, besteht die Möglichkeit, sich mit dem Jugendamt (Bereich Kitaverwaltung), Katja Kothen-Krüner, in Verbindung zu setzen, um eine rechtsverbindliche Bedarfsanzeige für einen Kitaplatz ab dem 1. August zu beantragen. Am besten nutzen Eltern dazu den Weg per E-Mail an kitaogs@stadtgevelsberg.de oder im Formular auf der Homepage der Stadt Gevelsberg.

Erziehungsberechtigte, die eine Zusage erhalten haben werden gebeten, die beantragten Plätze in anderen Einrichtungen abzusagen.

Daraus hervor ging auch die Elterninitiative, die zu Gast im Rathaus war. An der Diskussion nahmen auch der Fachbereichsleiter Jugend, Bildung und Soziales, Michael Pfleging, und Jugendamtsleiter Manuel Ashauer teilnahmen. Zunächst erläuterte Fachbereichsleiter Michael Pfleging den aktuellen Stand des Anmeldeverfahrens und die Komplexität des Vergabesystems. Insbesondere in Städten wie Gevelsberg ergebe sich aus der Vielfalt unterschiedlicher Kita-Träger (Kirchen, AWo, Stiftungen etc.), dass jede Kita selbst über die Aufnahme beziehungsweise Nichtaufnahme eines Kindes entscheiden dürfe. Das sei landesgesetzlich vorgegeben.

Mehrfache Zusagen möglich

Infolgedessen könnten sich aus mehrfachen Anmeldungen eines Kindes auch mehrfache Zusagen für ein Kind ergeben, während zugleich andere Familien noch auf eine Zusage warteten. Ein besonderes Problem ergebe sich, wenn Eltern mehrfach Zusagen erhielten, die nicht benötigten Plätze aber nicht zeitnah freigeben würden. So müssten unberücksichtigte Eltern zunächst eine 14-Tagesfrist abwarten, nach der alle nicht in Anspruch genommenen Betreuungsplätze wieder frei werden würden.

Mütter und Väter aus Gevelsberg gemeinsam mit Bürgermeister Claus Jacobi im Rathaus. Hier fand eine Diskussionsrunde mit Vorschlägen zur Weiterentwicklung des Vergabeverfahrens statt.
Mütter und Väter aus Gevelsberg gemeinsam mit Bürgermeister Claus Jacobi im Rathaus. Hier fand eine Diskussionsrunde mit Vorschlägen zur Weiterentwicklung des Vergabeverfahrens statt. © Stadt Gevelsberg

Alle Familien, die im ersten Durchgang keinen Kitaplatz bekommen hätten, würden demzufolge an einem „Nachrückverfahren“ teilnehmen. Das sei zurzeit noch nicht angelaufen, sondern starte erst ab dem 3. Februar.

Alle Eltern und Sorgeberechtigten, die schließlich auch im Nachrückverfahren keinen Platz bekommen sollten, dürften sich aber auf den Rechtsanspruch verlassen, der durch eine sogenannte Bedarfsanzeige der betroffenen Eltern gegenüber dem Jugendamt geltend gemacht werden müsse. Das lasse sich zum Beispiel digital auf der städtischen Homepage erledigen.

Gesetzlicher Anspruch

Bürgermeister Claus Jacobi versicherte in diesem Zusammenhang, dass er persönlich mit dem gesamten Team der Fachverwaltung dafür einstünde, jeden gesetzlichen Anspruch auf Betreuung in Gevelsberg zu erfüllen. Das ergebe sich für ihn auch aus dem Anspruch, den die Stadt Gevelsberg als familiengerechte Kommune gegen sich selbst haben müsse und dafür stehe er politisch ein. Jacobi wies darauf hin, dass die Gevelsberger Stadtverwaltung in den vergangenen zwei Jahren drei neue Einrichtungen mit insgesamt 223 Plätzen im Stadtgebiet habe entstehen lassen.

Auch habe man für die Zukunft eine „Reserveplanung“ parat: Mit dem Modulkindergarten am Poeten, den momentan noch die Kita St. Nikolaus bis zur Fertigstellung ihres eigenen Gebäudes am Ochsenkamp nutzt, stünde im Bedarfsfall eine weitere Einrichtung mit vier Gruppen im nächsten Jahr zur Verfügung. Jacobi sprach ebenso die Betreuungsmöglichkeiten durch Tagesmütter und -väter in Gevelsberg an.

Vorschläge für Entwicklung

In der sich anschließenden offenen Gesprächsrunde machten die Eltern Vorschläge zur Weiterentwicklung des Vergabeverfahrens. Das soll auf Vorschlag des Bürgermeisters innerhalb des aktuell anstehenden Rezertifizierungsprozesses „Familiengerechte Kommune“ auf den Prüfstand gestellt und unter Beteiligung einer Expertenrunde aus Elternvertretern (Elternbeirat), Trägervertretern und Jugendamtsmitarbeitern für das nächste Jahr optimiert werden. Der Jugendhilfeausschuss solle dazu in seiner nächsten Sitzung den Startschuss geben.

Nach dem etwa zweistündigen Austausch zeigten sich die Eltern zufrieden. „Es war mir klar, dass die Stadt nicht zaubern kann. Deswegen war der sachliche und inhaltsreiche Dialog wichtig“, zieht Christian Erlemeyer ein Fazit. „Sich nur bei Facebook oder in Kleingruppen zu beschweren, reicht nicht aus, um etwas zu verändern.“