Gevelsberg. Nach dem Tod des Gevelsbergers Fritz Sauer war unklar, ob der historische Kalender der Rats-Apotheke weiter erscheint. Jetzt gibt es Hoffnung.

Es ist eine Reise in die Vergangenheit: Entlang der Wittener Straße im Jahr 1918. Über die Ennepebrücke 1911. Oder wie im Flug über die Unterstadt im Jahr 1919. Seit mehr als 25 Jahren gibt die Rats-Apotheke an der Mittelstraße den Kalender „Gevelsberg in alten Bildern“ heraus. Das Material dafür hatte Stadtchronist Fritz Sauer zusammengestellt. Nach seinem Tod 2018 war nicht sicher, ob der Kalender weiter erscheint. Die gute Nachricht: Mit tatkräftiger Unterstützung ist es Christina Hansen-Böck, Inhaberin der Rats-Apotheke, gelungen, auch für 2020 historische Bilder zu bekommen. Der Kalender ist also auch in diesem Jahr wieder zugunsten des Kinderschutzbunds Gevelsberg erhältlich.

„Ohne Sie hätten wir das nicht geschafft“, sagt Christina Hansen-Böck und blickt dankbar zu Gerhard Lützenbürger. Er kümmerte sich federführend darum, historische Bilder für die neue Auflage des Kalenders zu beschaffen. Das Exemplar 2019 konnte noch aus dem Fundus von Fritz Sauer bestückt werden. Das war für dieses Jahr nicht mehr so einfach möglich. „Es stand nicht fest, ob wir wieder auflegen“, erinnert sich Hansen-Böck.

Gevelsberger Stadtgeschichte

Das Problem: Sauers Nachlass war nicht greifbar. „Es hat bis nach den Sommerferien gedauert, bis er wieder aufgetaucht war“, erklärt Gerhard Lützenbürger. Für den neuen Kalender sei das zu spät gewesen. Also griff Lützenbürger auf Material von Dr. Margret Korn zurück. Die Heimatfreundin, Buchautorin und ehemalige Leiterin der Volkshochschule Ennepe-Ruhr Süd war Anfang 2018 verstorben. „Nach ihrer Pension hatte sie Bücher über die Geschichte der Stadt geschrieben“, erinnert sich Lützenbürger. „Ich habe noch Kartons mit ihrem Material.“

Es sind noch Exemplare erhältlich

Der Kalender „Gevelsberg in alten Bildern“ ist gegen eine freiwillige Spende für den Kinderschutzbund in der Rats-Apotheke an der Mittelstraße 2 zu haben. „Jeder kann selbst entscheiden, ob er überhaupt spendet und wenn ja wie viel“, erklärt Christina Hansen-Böck , Inhaberin der Apotheke.

Der Kalender ist in diesem Jahr mit einer A uflage von 1100 Exemplaren erschienen. Ein paar sind noch erhältlich.

Die Idee zu „Gevelsberg in alten Bildern“ hatte damals Christina Hansen-Böcks Vater Dietmar Hansen. Er verstarb Anfang Dezember 2019 unerwartet. Dietmar Hansen arbeitete in der Rats-Apotheke erst zur Aushilfe, dann ab 1970 fest angestellt. 1978 übernahm er die Apotheke und übergab die Verantwortung 2009 schließlich an seine Tochter.

Dietmar Hansen hatte Fritz Sauer damals getroffen und ihn gefragt, ob er nicht Interesse hätte, bei solch einem historischen Kalender mitzumachen.

Der Gevelsberger sagte sofort zu und suchte seitdem immer in den Sommermonaten die Fotos aus und legte einen Zettel mit den Bildunterschriften dazu.

Zum größten Teil handele es sich dabei um Postkarten. Korn habe sie gekauft, um sie für ihre Bücher zu verwenden. Der Heimatverein habe die Postkarten eingescannt. „Ich habe wegen des Urheberrechts welche herausgesucht, die 100 Jahre und älter sind“, sagt Lützenbürger.

Für die vergangene Auflage hatte Christina Hansen-Böck die Menschen in Gevelsberg noch aufgerufen, ihr historische Bilder zukommen zu lassen. Da hätte es aber Schwierigkeiten mit den Bildrechten gegeben. Nun zieren Margret Korns historische Ansichten der Stadt den neuen Kalender „Gevelsberg in alten Bildern“.

Konkrete Ideen für Spenden

„Ich mache den Kalender, um die Menschen zu erfreuen. Und mir ist wichtig, dass das Geld in Gevelsberg bleibt“, sagt Hansen-Böck. Kunden ihrer Apotheke können den Kalender gegen eine Spende mitnehmen. Im vergangenen Jahr kamen auf diese Weise 2305 Euro zusammen.

Das Geld fließt seit mehr als 15 Jahren an den Kinderschutzbund Gevelsberg. „Wir danken Frau Hansen unheimlich“, sagt Barbara Lützenbürger vom Ortsverband Gevelsberg des Deutschen Kinderschutzbunds. Sie hat auch schon konkrete Ideen, wie der Bund das Geld einsetzen kann.

Barbara Lützenbürger, Christina Hansen-Böck und Gerhard Lützenbürger (von links) mit den neuen Kalendern in der Rats-Apotheke in Gevelsberg.
Barbara Lützenbürger, Christina Hansen-Böck und Gerhard Lützenbürger (von links) mit den neuen Kalendern in der Rats-Apotheke in Gevelsberg. © WP | Max Kölsch

Auch in Gevelsberg gebe es Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf. „Wir wollen gern wieder einen Familientag im Schwimm in anbieten“, sagt sie. Der Kinderschutzbund wird dann den Eintritt für Eltern und Kinder übernehmen. „Die Eltern danken uns. Sie waren noch nie mit ihren Kindern schwimmen, weil ihnen das Geld fehlt“, weiß Lützenbürger. An dem Kalender findet sie vor allem interessant, dass ersichtlich wird, wie sich das Stadtbild über die Zeit verändert hat.

Material für nächste Jahre

Auch die Leben der Menschen hätten sich verändert. „Sie haben früher andere Dinge erlebt als heute“, sagt sie. Gerhard Lützenbürger will sich auch in den nächsten Jahren um Material für den Kalender kümmern. „Ich habe mich mit dem Urheberrecht auseinandergesetzt“, sagt er. Seine Frau ergänzt: „Außerdem hat ihm das Projekt großen Spaß gemacht.“