Schwelm. Mit einer Privatinitiative hat der Schwelmer Jens Bergmann angefangen. Jetzt hat sein gemeinnütziger Verein einen Jahresetat von 600.000 Euro.
Zwölf Mitglieder, fast 2000 im Freundeskreis zusammengeschlossene Förderer und ein geplanter Jahresetat für 2020 in Höhe von 600.000 Euro. Die Zahlen, die Jens Bergmann nennt, beeindrucken. Der gebürtige Schwelmer, der heute in Köln lebt und noch zweimal in der Woche einer Teilzeitstelle in seiner Heimatstadt nachgeht, hat im Jahr 2003 den Verein Chance e.V. gegründet. Aus dem ursprünglich zarten Pflänzchen ist in den Jahren ein stattlicher Baum geworden.
Mit seiner gemeinnützigen Organisation ist der noch 44-Jährige, der am 22. Januar sein 45. Lebensjahr vollenden wird, auf drei Kontinenten unterwegs. Sein Verein leistet Hilfe zur Selbsthilfe in Kenia/Afrika, in Peru/Südamerika und in Deutschland/Europa wirbt er das benötigte Geld ein, um die verschiedenen Projekte stemmen zu können.
Der Verein ist für Jens Bergmann längst zu einer Lebensaufgabe geworden. Viele Menschen in den Dorfgemeinschaften verlassen sich auf den Ex-Schwelmer und seine Helfer. Chance e.V. bietet ihnen die Chance zum Überleben und in ihrem gewohnten Umfeld weiter zu leben. Mensch und Natur sind für Bergmann ein Ding. Das eine funktioniert nicht ohne das andere. „Wir sehen das als eine Einheit. Denn um den Regenwald effektiv schützen zu können, müssen wir mit den Dorfgemeinschaften vor Ort zusammenarbeiten“, sagt Jens Bergmann.
Der Diplom-Dolmetscher ist deshalb regelmäßig dreimal im Jahr für einige Wochen auf der Welt unterwegs, um den Kontakt mit den Menschen zu halten, so vom 13. bis 21. Januar auf Projektbesuch in Kenia und ab 5. Februar wieder in Peru. „Die Natur zu schützen, beginnt in den Herzen der Menschen“, spricht der 44-Jährige über das Rezept seines Erfolgs. „Wenn ich die Bauern im Regenwald in Peru für den Schutz des Regenwalds begeistern kann, lassen die keine Eindringlinge mehr durch. Nichts geschieht dort gegen den Willen der Dorfgemeinschaften. Das hat sogar der Staat erfahren müssen.“
Naturschutzkonzession für 40 Jahre
Auch interessant
Sein jüngstes Projekt ist der Regenwald in Peru. Da ist es ihm nach jahrelangem Tauziehen gelungen, fast 18.000 Hektar Regenwald auf den Namen seines Vereins ins Grundbuch eintragen zu lassen. Ein Vorgang, den die Forstbeamten anfangs für unmöglich gehalten hatten. „Es gibt keine freien Wälder in Peru mehr“, hatten die argumentiert. Chance e.V. kauft den Regenwald nicht, sondern hat eine Naturschutzkonzession für 40 Jahre erworben. Geld braucht der Verein aber für den Schutz an den Rändern der Waldgebiete – und zwar rund fünf Euro pro ha und Monat.
Nachhaltigkeit steht für Jens Bergman ganz oben auf der Liste. Allein in Peru zählt Chance e.V. 20 Mitarbeiter, die nicht nur überlebenswichtig für die Natur sind, indem sie die Flächen vor Invasoren schützen. Diese Aufgabe ist auch für die Menschen vor Ort überlebenswichtig, um ihre Familien ernähren zu können. Drei weitere Mitarbeiter arbeiten in Kenia für Chance e.V.
Bei Jens Bergmann laufen für alle Projekte die Fäden in Köln zusammen. Sein Arbeitspensum geht schon lange über den Status des Ehrenamtes hinaus. Seit einiger Zeit ist er selbst als Teilzeitarbeiter bei Chance e.V. angestellt, wird nach eigener Angabe ähnlich wie ein ganz normaler kaufmännischer Mitarbeiter entlohnt.
Auch interessant
Seine Bezahlt-Stunden sind begrenzt, sein ehrenamtlich geleistetes Engagement ist in Stunden nicht zu beziffern. Am vergangenem Sonntag waren es allein 14 Stunden im Dienst der guten Sache.
Wer Jens Bergmann vorhält, dass sein Verein kein offizielles Spendensiegel vorweisen kann, den macht er auf die Kosten aufmerksam, die solch eine Zertifizierung verursacht. „Manche Organisationen sind auch zertifiziert, obwohl sie einen Verwaltungskostenanteil von bis zu 25 Prozent haben. Da liegen wir mit 1 bis 10 Prozent über die Jahre hinweg weit darunter.“
Dass bei Chance e.V. alles mit rechten Dingen zugeht, dafür sorgen neben dem Finanzamt auch drei Steuerbüros – eines davon sogar ehrenamtlich in Gevelsberg.