Ennepetal/Hagen. Vorbestrafter Mehrfach-Vergewaltiger (35) aus Ennepetal soll über seine 20-jährige Halbschwester hergefallen sein.
Für den 35-jährigen Ennepetaler steht die gesamte Zukunft auf dem Spiel: Wird er demnächst „für immer weggeschlossen“? Sollte sich dieser gewalttätige sexuelle Übergriff als wahr herausstellen, droht ihm die Sicherungsverwahrung.
Die Vorwürfe, von Staatsanwältin Beatriz Föhring (49) im Landgericht Hagen vorgetragen, haben es in sich: Am 8. Juli, in den frühen Morgenstunden, hätte der Angeklagte seine Halbschwester im dunklen Hausflur eines Wohnhauses in Altenvoerde angegriffen und heftig gewürgt. Dann sei er ihr an die Brüste gegangen. Auch soll er in ihre Hose gegriffen und sie unsittlich berührt haben.
Richter müssen die Unterbringung prüfen
Der Angeklagte ist neben mehrfacher Vergewaltigung auch wegen Diebstahls, Unterschlagung und Urkundenfälschung (zugleich mit Betrug) und schwerer räuberischer Erpressung vorbestraft.
Er befindet sich in Untersuchungshaft. Das Gericht muss auch seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, einer Psychiatrischen Klinik oder in der Sicherungsverwahrung prüfen.
Soweit die Kurzfassung. Nur aufgrund heftiger Gegenwehr der Frau hätte der Angeklagte, der den sexuellen Übergriff bestreitet, von ihr abgelassen. „Ich glaube meiner Mandantin“, sagt Opfer-Anwältin Heike Tahden-Farhat (Gevelsberg), „sie hatte noch Tage später rote Würgemale am Hals und aufgeplatzte Äderchen in den Augen.“
Was den gravierenden Inzest-Vorwurf darüber hinaus noch erschwert: Der Angeklagte, athletisch durchtrainiert, schmuckvoll tätowiert und mit italienischen Wurzeln, ist wegen mehrerer Vergewaltigungen vorbestraft. Im Jahr 2005, da galt er nach dem Gesetz gerade noch als Heranwachsender, wurde er zu einer Jugendstrafe von achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Zudem ordnete das Gericht seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.
Sexuelle Absicht bestritten
Im Mai 2017 wurde der Ennepetaler vorzeitig aus der Forensischen Klinik entlassen. Eine Reststrafe von gut zweieinhalb Jahren bekam er zur Bewährung ausgesetzt. Allerdings mit strengen Auflagen der Strafvollstreckungskammer: Anordnung von Führungsaufsicht und absolutes Alkohol- und Drogenverbot. Zudem kam er ins landesweite „KURS-Programm“ für rückfallgefährdete Sexualstraftäter – und wurde dort der Kategorie B (zweithöchste Gefährdungsstufe) zugeordnet.
Doch ob er dann zwei Jahre und zwei Monate später auch mit sexuellen Hintergedanken über seine Halbschwester (20) herfallen wollte, muss jetzt die 1. Große Strafkammer an insgesamt sieben Verhandlungstagen klären. Der Angeklagte (verteidigt durch Christoph Wortmann, Gevelsberg) weist das strikt von sich und gibt sich vor Gericht geradezu locker und sympathisch.
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„Ich bin ganz ehrlich, Herr Richter“, sagt er zum Vorsitzenden Jörg Weber-Schmitz, „ich hatte die Wochen davor ganz viel genommen.“ Zunächst Kokain durch die Nase gezogen („mindestens 1,5 Gramm“), dann gläserweise Alkohol getrunken („in der italienischen Bar, in der meine Freundin arbeitete“) und schließlich noch einen Joint geraucht („um wieder runter zu kommen“).
Er bestreitet nicht den körperlichen Angriff im Hausflur: „Meine Schwester kam vom Gassi-Gehen mit dem Hund zurück. Da habe ich in Wut an ihren Haaren gezogen und sie an die Treppe gedrückt.“ Doch er bestreitet jegliche sexuelle Absicht dahinter. „Allein, wenn man den Hausflur sieht: Der ist viel zu eng.“
Opfer-Anwältin Tahden-Fahrhat hält den Angeklagten, den sie bereits aus seinen vorherigen Sexualstrafverfahren kennt, für brandgefährlich: „Ich bin davon überzeugt, dass er in dieser Situation mal wieder die Kontrolle über sich verloren hat.“
Verworrene Inzest-Geschichte
Als Motiv für seine Zudringlichkeiten im Hausflur gibt der Angeklagte eine verworrene Inzest-Geschichte an: Sein Bruder, den er damals bei sich aufgenommen hatte, hätte angeblich eine intime Beziehung zur Halbschwester unterhalten: „Die haben es wochenlang in meiner kleinen Wohnung gemacht.“ Die Gerüchte kursierten bereits im persönlichen Umfeld. „Ich habe mich verarscht und betrogen gefühlt, von beiden Seiten.“ Deshalb angeblich auch der heftige Angriff im Flur: „Im Endeffekt wollte ich das nur mit meiner Schwester geklärt haben.“