Ennepetal/Breckerfeld. Nach dem erneut sehr trockenen Sommer hat der Ruhrverband dem Wasser der Ennepetalsperre Sauerstoff zugegeben, um ein Fischsterben zu verhindern.

Durch die Zugabe von mehreren Tonnen Sauerstoff hat der Ruhrverband nach eigenen Angaben ein Fischsterben in der Ennepetalsperre verhindert.

Die Maßnahme sei erforderlich gewesen, nachdem das Ruhreinzugsgebiet in diesem Jahr den zweiten außergewöhnlichen Sommer in Folge erlebt habe, erklärte Markus Rüdel, Pressesprecher des Ruhrverbands. In den Monaten Juni, Juli und August war es demnach sogar noch heißer und trockener als im Vorjahr. „Das bedeutete für die Talsperren des Ruhrverbands nicht nur bei der Wasserabgabe eine große Belastung, auch die Gewässerkörper selbst wurden so stark beansprucht, dass an der Henne- und der Ennepetalsperre die Zugabe von Sauerstoff notwendig war“, so Rüdel.

Die Ennepetalsperre zeigt sich herbstlich-idyllisch. Doch die trockenen-heißen Sommer machen den Fischen zu schaffen.
Die Ennepetalsperre zeigt sich herbstlich-idyllisch. Doch die trockenen-heißen Sommer machen den Fischen zu schaffen. © Michael Kleinrensing

Ursache dafür sei ein eigentlich natürlicher Vorgang gewesen, bei dem sich das Wasser der Talsperre zwischen Frühjahr und Herbst in unterschiedliche, nicht vermischbare Temperaturschichten aufteile, erklärt Markus Rüdel. „Das mit etwa 4 Grad Celsius kälteste und schwerste Wasser verbleibt am Seegrund, an der Oberfläche nimmt die Temperatur im Sommer entsprechend der Lufttemperatur zu. Dazwischen liegt die so genannte Sprungschicht.“ Dieses relativ stabile System werde erst durch sinkende Temperaturen, Wind und erhöhte Zuflüsse wieder aufgelöst. Allerdings könne der Sauerstoffgehalt bei bestimmten klimatischen Randbedingungen, wie sie etwa in diesem heißen Sommer auftraten, durch sauerstoffzehrende Abbauprozesse des abgestorbenen Phyto- und Zooplanktons so stark abnehmen, dass sich in der Sprungschicht zwischen dem kalten Tiefen- und dem warmen Oberflächenwasser ein nahezu sauerstofffreier „Riegel“ bilde, erläutert der Ruhrverbandssprecher weiter. „Da kälteliebende Fischarten lieber im kalten Tiefenwasser der Talsperre bleiben, als durch diese Barriere in Richtung Wasseroberfläche zu schwimmen, besteht die Gefahr eines Fischsterbens, falls der Sauerstoffgehalt auch in der tiefsten Wasserschicht zu stark abnimmt.“ Kritisch werde es ab Sauerstoffwerten unter drei Milligramm pro Liter.

„Dank engmaschiger Kontrolluntersuchungen des Kooperationslabors, das der Ruhrverband gemeinsam mit der Emschergenossenschaft und dem Lippeverband betreibt, konnte rechtzeitig eingegriffen werden, als sich dieser kritische Wert im September an der Ennepetalsperre abzeichnete, berichtet Markus Rüdel. Zum Schutz des Fischbestandes sei daher eine so genannte Tiefenwasserbegasung installiert worden. „Dabei wird über perforierte Leitungen reiner Sauerstoff in die tiefste und kälteste Wasserschicht, das so genannte Hypolimnion, eingeperlt. Diese Vorsichtsmaßnahme dient dazu, die fischverfügbaren Sauerstoffgehalte in einer Tiefe unter 15 bis 20 Metern zu erhöhen und so einem eventuellen Fischsterben vorzubeugen“, so Rüdel. Insgesamt seien an der Ennepetalsperre innerhalb von vier Wochen etwa 15 Tonnen Sauerstoff ins Wasser eingetragen worden.

Trinkwassergewinnung und Stromerzeugung

Die 1902 bis 1904 erbaute Ennepetalsperre, die auf Breckerfelder Stadtgebiet liegt, wird zur Trinkwassergewinnung genutzt. Die AVU entnimmt als Rechtsnachfolger der früheren Wasserversorgung des Kreises Schwelm derzeit etwa neun Millionen Kubikmeter Rohwasser pro Jahr aus der Sperre. Versorgt werden damit Breckerfeld, Ennepetal, Gevelsberg, Schwelm, Sprockhövel und Wetter.

Seit Anfang 2006 ist an der Ennepetalsperre auch eine Wasserkraftanlage installiert, die im Schnitt pro Jahr ca. 1,5 Millionen Kilowattstunden Strom produziert, der in das Stromnetz eingespeist wird. Betreiber der Anlage ist die Lister-Lenne-Kraftwerke GmbH in Olpe, eine 100-prozentige Tochter des Ruhrverbands.

Auch an der Hennetalsperre (bei Meschede) wurde der Ruhrverband tätig. Dort wurden in fünf Wochen mehr als 35 Tonnen Sauerstoff dem Wasser zugefügt. Für beide Talsperren wendete der Verband insgesamt 50.000 Euro auf. Dass das Tiefenwasser von Talsperren mit Sauerstoff angereichert werden muss, sei nicht außergewöhnlich, meint Markus Rüdel. So habe der Ruhrverband auch im Vorjahr einem Fischsterben in der Ennepetalsperre vorgebeugt. An der Möhnetalsperre habe diese vorsorgliche Maßnahme in den vergangenen Jahren bereits drei Mal ergriffen werden müssen; in diesem Jahr sei die Situation dort hingegen jederzeit unkritisch.

Ausgezeichnete Wasserqualität

Markus Rüdel weist abschließend darauf hin, dass ein geringer Sauerstoffgehalt im Tiefenwasser von temperaturgeschichteten Gewässerkörpern nicht in Zusammenhang mit der Wasserqualität stehe. Diese sei auch im Jahr 2019 in allen Ruhrverbands-Talsperren ausgezeichnet.

Die Fischerei in der Ennepetalsperre betreibt der Ruhrverband übrigens selbst. Dazu gehört auch die Durchführung regelmäßiger Fischbestandskontrollen. „Wir verkaufen auch Angellizenzen, damit Freizeitangler die Möglichkeit bekommen, dort zu angeln“, erklärt Markus Rüdel. Der Fischbestand sei als sehr gut zu bezeichnen, sagt Jan-Hendrik Schneider, Mitarbeiter des Flussgebietsmanagements beim Ruhrverband, auf Nachfrage dieser Zeitung. Der letzten Bestandskontrolle zufolge, die im September 2018 durchgeführt wurde, kämen Flussbarsch, Große Maräne, Hecht, Rotauge und Zander am häufigsten in der Ennepetalsperre vor. Weitere Arten, die dort zu finden sind, seien Brasse, Kaulbarsch, Quappe, Seeforelle, Schleie und Wels.