Ennepetal.

Stress, Routine und alltäglicher Trott gehören zu den häufigsten Gründen für eine Trennung eines Paares. Gerade bei Ehepaaren mit Kindern wird die Romantik durch hohe Anforderungen im Beruf und der Familie ersetzt, die Pflege der Beziehung bleibt dabei auf der Strecke. So erging es auch dem Ehepaar Monika und Achim Müller (Namen geändert). Nach dreieinhalb Jahren Ehe merkte das junge Paar, dass der Alltag ihre Beziehung regelrecht aufgefressen hatte. Doch wider steigender Scheidungsraten und Trennungsstatistiken entschieden sich beide dazu, nicht aufzugeben und an ihrer Beziehung zu arbeiten. Monika und Achim Müller besuchten dafür das Seminar für Paare „Miteinander neue Wege gehen“ des Evangelischen Beratungszentrums in Ennepetal. Was genau die Eheleute während des Seminars über die eigene Beziehung erfuhren und welche Ziele die beiden sich setzten, erzählen sie im Gespräch mit dieser Zeitung.

Sprechen über die eigenen Gefühle

„Wir sind vor zweieinhalb Jahren Eltern geworden, das hat viel verändert“, berichten Monika und Achim Müller, die nach ihrem Kennenlernen relativ schnell heirateten. Nach der Geburt des ersten Kindes verloren sie sich als Liebes- und als Ehepaar immer weiter aus den Augen. „Wir sind zwar Vater und Mutter, aber kein Ehepaar mehr“, versuchen die beiden zu verdeutlichen. Der Alltag des Elternseins nahm immer mehr Raum ein und die Eheleute dachten zeitweise auch über eine Trennung nach. Der Gedanke an das gemeinsame Kind und die gemeinsame Liebe brachte Monika und Achim Müller jedoch dazu, an dem Gruppenseminar für Paare teilzunehmen. „Wir hatten keine genauen Erwartungen und gingen offen und neugierig an das Seminar heran“, erzählen sie.

Die Sozialpädagogen und Paartherapeuten Alexandra Krüger und Roland Wetter leiten das Seminar im Ev. Beratungszentrum.
Die Sozialpädagogen und Paartherapeuten Alexandra Krüger und Roland Wetter leiten das Seminar im Ev. Beratungszentrum. © WP | Laura Dicke

Das Paarseminar fand an zwei Tagen statt und wurde von den Sozialpädagogen und Paartherapeuten Alexandra Krüger und Roland Wetter geleitet. In erste Linie ging es im Seminar, an dem noch weitere Eheleute mit ähnlichen Problemen teilnahmen, darum, sich gegenseitig neu zu entdecken, vergessene Seiten aneinander wiederzufinden und das Fundament der Beziehung wiederaufzubauen. „In vielen kleinen Übungen zu zweit oder in der Gruppe geben wir neue Impulse für den Alltag. Dabei spielt Einfühlungsvermögen, das Sprechen über die eigenen Gefühle oder den körperlichen Kontakt zueinander eine wichtige Rolle“, erklären Alexandra Krüger und Roland Wetter. Zum Beispiel mussten sich die Paare gleich zu Beginn jeweils gegenseitig den anderen Teilnehmern vorstellen und dabei in die Gefühlswelt des Partners hineinversetzen.

Erlerntes umsetzen

„Wir haben durch die Übungen gelernt, uns bewusster wahrzunehmen und uns zuzuhören, das wollen wir auch im Alltag einbinden“, sagen Monika und Achim Müller. In der Zukunft wollen sie sich jeden Tag bewusst Zeit füreinander nehmen und nicht nur zwischen Tür und Angel miteinander sprechen. Dafür müssen keine stundenlangen und außergewöhnlichen Verabredungen geplant werden, sondern wenige Minuten zum Beispiel beim gemeinsamen Kaffeetrinken, reichen aus. Außerdem lernte das Ehepaar wieder Respekt und Achtung vor den Gefühlen, Meinungen und Eigenschaften des anderen aufzubringen. „Wichtig ist es auch, Dankbarkeit zu zeigen oder zu sagen, was man an dem Partner schätzt“, so Achim Müller.

Jährlich stattfindendes Angebot

Das Paarseminar „Miteinander neue Wege gehen“ ist ein Angebot des Ev. Beratungszentrums in Kooperation mit der Diakonie Mark/Ruhr und der Ev. Erwachsenenbildung Ennepe-Ruhr.

Das Seminar findet jährlich bereits seit zehn Jahren im Beratungszentrum statt.

Neben dem jährlichen Gruppenseminar erhalten Paare, Kinder und Familien auch persönliche Beratungen für verschiedenste Anliegen und Probleme.

Am Ende des ersten Tages erhielten die Teilnahme die freiwillige Aufgabe, sich einen Abend lang Zeit zu nehmen und den Tag Revue passieren zu lassen. „Wir sind nach Ewigkeiten mal wieder zusammen ausgegangen und haben viel gesprochen“, berichtet das Ehepaar Müller. Für die beiden war es die erste Teilnahme an einer Art Paarberatung und somit sozusagen ein Anfang für die gemeinsame Arbeit an der Beziehung. Hingegen bildete das Seminar für andere Paare die letzte Etappe einer Beziehungsberatung, wie Alexandra Krüger und Roland Wetter erklären: „Viele nutzen ein Seminar als Anfang und gehen dann in die persönliche Beratung, andere hingegen sehen es als Abschluss und Erreichen des Ziels“.

Für Monika und Achim Müller ist jedoch klar, dass eine Teilnahme am Seminar nicht eine direkte Änderung bewirkt, sondern es in Zukunft darum geht, das Erlernte umzusetzen. Trotzdem empfehlen sie jedem, der sich in einer ähnlichen Situation befindet eine solche Hilfe zu suchen: „Viele denken, dass es auch ohne eine Paarberatung klappt. Doch man ist in einer Beratung nicht alleine mit dem Problem, und eine solche Hilfe sollte man annehmen“, sagt Monika Müller.