Gevelsberg. In dem Prozess zur Bluttat in der Obdachlosenunterkunft in Gevelsberg rücken nun die Biografien der beiden Angeklagten in den Mittelpunkt.

Diese Zeilen sollte man einmal kurz sacken lassen: „Ich war schon in vielen Knästen. Wuppertal ist gut, da gibt es sogar Brötchen sonntags. Das gibt es sonst nirgendwo.“ Diese drei Sätze stammen aus einem der Briefe, die Klaus-Peter S. im Gefängnis geschrieben hat und die beschlagnahmt wurden. Sie fassen deutlich zusammen, wie sein Leben bislang verlaufen ist. Vor dem Ende des Prozesses gegen den 53-Jährigen und den Mitangeklagten Martin B. (38) rücken die Biografien und Vorstrafen der beiden mutmaßlichen Totschläger in den Fokus.

Beschlagnahmte Briefe

Die beiden Angeklagten sitzen in unterschiedlichen Gefängnissen und haben vor allem über Briefe Kontakt zur Außenwelt. Insbesondere Klaus-Peter S. ist ein fleißiger Schreiber. Gleich mehrere seiner Briefe fanden aber niemals ihre Adressaten – seine Schwester, sein Bruder, eine Freundin. Sie wurden von der Justiz beschlagnahmt, weil er darin über seine Tat schrieb; wie auch ein Brief von Martin B. an seine Mutter.

S. bedauert in den Briefen, dass er sich dazu habe verleiten lassen, an dem Tattag Wodka zu trinken. Im Gegensatz zu seiner Aussage schreibt er, dass er die Tat nüchtern nicht begangen hätte. Der Zeitablauf des Tages, den er vermehrt schildert, deckt sich mit seiner Aussage vor Gericht – und auch dass er davon überzeugt ist, dass noch jemand anderes, der in der Obdachlosenunterkunft wohnt, zugeschlagen hat. Hier allerdings wechseln die Beschuldigten.

Auch B. belastet im Brief an seine Mutter den Zeugen G., gegen den die Staatsanwaltschaft wegen des Totschlags weiter ermittelt.

Vorstrafenregister

Beide Angeklagten sind Stammgäste vor den Gerichten. Martin B. hat sich bislang am unteren Ende der Skala aufgehalten, ein paar Strafbefehle und Geldstrafen gesammelt. Darunter befindet sich jedoch auch bereits eine Körperverletzung. Vor dem Kaufland am Vendômer Platz soll er jemandem mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben, weil dieser ihm keine Zigarette geben wollte.

Ein paar Ligen höher spielte von Beginn seiner kriminellen Karriere Klaus-Peter S., der seit Anfang Ende der 90er Jahre mehr Zeit hinter Gittern als in Freiheit verbrachte. Diebstahl mit Schusswaffe, besonders schwerer Raub und etliche Körperverletzungen haben dafür gesorgt, dass er weiß, in welchem Knast das Essen gut ist. Wie ein roter Faden ziehen sich dabei die rohen Gewalttaten durch seine Strafakte.

Selbst hinter Gittern fing er sich noch eine Verurteilung wegen Körperverletzung ein. Ein Mitgefangener hatte ihm geborgten Tabak nicht zurückgegeben und ihn mutmaßlich als „Hurensohn“ bezeichnet. Da ging er am 4. Januar 2016 mit schweren Arbeitsschuhen bekleidet in die Gemeinschaftsdusche der JVA Hamm, schlug und trat sein nacktes Opfer ins Gesicht. Diese Tat brachte im noch einmal ein Jahr und neun Monate Haft.

Der erste Totschlag

Klaus-Peter S. hat bereits einen Menschen getötet. Am 22. November 1998 erstach er Klaus-Dieter N. in dessen Wohnung mit insgesamt elf Stichen, die bis zu 17 Zentimeter Tief in Herz und Hals eindrangen.

Die beiden lernten sich in den 80ern in einer Gevelsberger Disco kennen, tranken gern und viel miteinander. Doch N. neigte extrem dazu, Frauen zu schlagen und sexuell zu missbrauchen. Bereits 1989 soll es zu einer ersten großen Schlägerei zwischen den Männern gekommen sein, weil S. von einer Vergewaltigung durch N. erfahren hatte.

Der Prozess wird am 6. November fortgesetzt

Der Prozess vor dem Hagener Schwurgericht wird am kommenden Mittwoch, 6. November, in öffentlicher Sitzung fortgesetzt.

Dann wird zum einen die Biografie von Klaus-Peter S. im Fokus der richterlichen Befragung durch den Vorsitzenden Marcus Teich und sein Team stehen.

Ebenso wird aber schon mit Spannung das Gutachten erwartet, in dem der Sachverständige sich zu den Alkoholwerten und der jeweiligen Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt der beiden Angeklagten äußern wird.

Es dauerte aber noch neun Jahre, bis zum Tode N.s, in denen viel passierte. So bekam S. im Jahr 1992 einen Sohn mit seiner damaligen Lebensgefährtin. Dann kamen die Männer gemeinsam ins Gefängnis. S. beauftragte N., der früher wieder rauskam, damit, gut auf seine Frau und sein Kind aufzupassen. Doch bereits nach kurzer Zeit war N. mit der Dame zusammen, die von ihm schwanger wurde. Trotzdem trafen sich die Männer immer wieder, verabredeten sich zum Trinken. Und immer wieder gab es Situationen – wie Strip-Poker mit einer 15-Jährgen, Vergewaltigungsvorwürfe und verprügelte Frauen – die den Hass von S. auf N. immer höher schraubten.

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Dann kam der Tattag. N. trank in seiner Wohnung an der Schnellmarkstraße mit mehreren Bekannten – unter anderem auch der damals 15-Jährigen. S. trank derweil in der Gaststätte Markana an der Hagener Straße, von wo aus er sich um 0.30 Uhr ein Taxi rief und in die Schnellmark fuhr. Er klingelte den Betrunkenen aus dem Bett, zettelte einen Streit mit ihm an. Er wartete nur darauf, dass N. ausrastete, um mit dem bereits in seiner Tasche geöffneten Butterfly-Messer zuzustoßen. Anschließend fuhr er zurück in die Gaststätte, sagte dem Wirt er habe N. umgebracht und dieser solle nun die Polizei rufen.