Schwelm. Die Zukunft ist in Schwelm zu Hause. Hans Nölle fährt das erste Wasserstoffauto, das Mercedes-Benz im Ennepe-Ruhr-Kreis ausgeliefert hat.

Benziner und Diesel waren gestern. Elektroautos sind heute angesagt. Doch die mobile Zukunft gehört den Fahrzeugen, die Wasserstoff in ihren Tanks haben. Bei der Nölle Pepin GmbH & Co. KG mit Sitz Am Damm steht ab sofort die automobile Zukunft sogar in der Garage. Die Geschäftsführer Hans-Erich Nölle, Barbara Nölle-Pepin und Volker Stallkamp haben das erste Wasserstofffahrzeug von Mercedes-Benz in Betrieb genommen, das im Ennepe-Ruhr-Kreis unterwegs ist. Zugelassen ist es beim Hersteller in Stuttgart, da es nicht gekauft, sondern nur gemietet werden kann.

Strom aus der Brennstoffzelle

Im umfangreichen Fuhrpark von Unternehmer Hans-Erich Nölle befindet sich so manch exotisches Fahrzeug. Doch den Mercedes GLC F-Cell zeichnet ein Alleinstellungsmerkmal aus. Es ist ein elektrogetriebenes Fahrzeug, das seinen Strom aus einer Brennstoffzelle selbst gewinnt. Dazu besitzt der Wagen zwei karbonfaserummantelte Tanks, die im Fahrzeugboden verbaut sind. Sie fassen circa 4,4 kg Wasserstoff. Die Tanks können innerhalb von nur drei Minuten aufgefüllt werden. Als Verbrennungsrückstand strömt reiner Wasserdampf aus dem Auspuff.

Das Unternehmerehepaar Nölle freut sich schon auf die erste größere Reise mit seinem umweltfreundlichen Mobil. Ziel wird Mercedes Stuttgart ein. Dort findet alljährlich ein exklusives Treffen der Freunde mit dem Stern im Kühler statt. Und wie in Zeiten zu Anfang der Motorisierung, müssen größere Reisen exakt geplant werden, denn deutschlandweit gibt es zurzeit nur 72 Tankstellen, an denen Wasserstoff getankt werden kann. Eine davon ist glücklicherweise in der Nachbarschaft, im Bereich des neuen Ikea in Wuppertal.

Die Reichweite des Mercedes GLC F-Cell beträgt laut Werk bis zu 437 Kilometer. Zusätzlich sind rund 40 Kilometer rein elektrischer Fahrbetrieb aus dem Lithium-Ionen-Akku möglich. Unter realistischen Einsatzbedingungen sollten die Besitzer des Wasserstoff-Mercedes allerdings eher mit 350 Kilometer Reichweite kalkulieren, um auf der sicheren Seite zu bleiben und um nicht Gefahr zu laufen, abgeschleppt werden zu müssen. Die Zeit spielt Nölles aber in die Karten, bis zum Jahr 2023 soll das Netz auf 400 Zapfstellen angewachsen sein.

Das Wasserstoffauto kann allerdings noch nicht gekauft werden. Mercedes hat eine Vorserie aufgelegt, die als Versuchsträger dient und in Handarbeit in einer Auflage von 400 Stück im Mercedes-Benz Werk Bremen gefertigt wird. 200 der Versuchsträger sind für Deutschland, die restlichen 200 für den japanischen Markt bestimmt. Das SUV wird an handverlesene Firmenkunden für 800 Euro pro Monat über vier Jahre und 120.000 Kilometer vermietet. Am Ende der Mietdauer geht der Wagen wieder zurück ins Werk, wird zerlegt und auf Herz und Nieren geprüft, um Erkenntnisse für spätere Serien zu gewinnen.

200 lautlose PS

Nur Eingeweihte werden das Wasserstoffauto von Mercedes-Benz erkennen: Eine dünne blaue Leiste und der Schriftzug F-CELL weisen auf die verbaute Brennstofftechnik in.
Nur Eingeweihte werden das Wasserstoffauto von Mercedes-Benz erkennen: Eine dünne blaue Leiste und der Schriftzug F-CELL weisen auf die verbaute Brennstofftechnik in. © WP | Bernd Richter

Insgesamt 20 der 200 für den deutschen Markt bestimmten Fahrzeuge werden von der Düsseldorfer Mercedes-Benz Niederlassung ausgeliefert. Im Ennepe-Ruhr-Kreis wird der Wasserstoffwagen von Mercedes einmalig bleiben. Lediglich in Wuppertal gelangt noch ein weiteres Fahrzeug in den Verkehr.

Autofan Hans-Erich Nölle jedenfalls freut sich über den Zuwachs im ohnehin nicht modellarmen Fahrzeugpark – und rollt ohne jegliches Motorengeräusch lautlos mit 200 Elektro-PS vom Hof seines Unternehmens Am Damm 8 in Schwelm.

Mercedes ist nicht allein auf dem Markt der Wasserstofffahrzeuge unterwegs. Bei den asiatischen Herstellern kann man diese Technologie nicht nur für einen kleinen Kundenkreis mieten, sondern sogar kaufen. Hyundai bietet seinen Nexo, Toyota ist mit dem Mirai unterwegs. Die Einstiegspreise von circa 70.000 Euro stehen allerdings einer weiteren Verbreitung dieser Fahrzeuggattung im Weg. So wird der Wasserstoff-SUV der Firma Nölle-Pepin wohl noch einige Zeit eine Ausnahmeerscheinung auf den Straßen der Region bleiben. Auf deutschen Straßen sollen übrigens nicht einmal 400 Autos mit Brennstoffzellen unterwegs sein.

Der Begriff Elektromobilität ist zwar in aller Munde, blickt man jedoch auf die reinen Zulassungszahlen im Ennepe-Ruhr-Kreis, tritt Ernüchterung ein. Unter aktuell 254.975 Fahrzeugen sind in den neun Städten des Kreises 508 mit einem Elektromotor unterwegs. Ein wasserstoffgetriebenes Fahrzeug ist bisher noch nicht darunter gewesen. Zur Vollständigkeit hier noch die Zulassungszahlen gasbetriebener Fahrzeuge: Erdgas: 330 / Flüssiggas (LPG): 3 / Bivalent Benzin- Flüssiggas: 2205/ Bivalent Benzin - Erdgas: 209.

Nölle-Pepin ist nun umweltzertifiziert

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Die Firma Nölle-Pepin ist als Zulieferbetrieb auch für die Automobilbranche tätig. In dieser Eigenschaft verfügt das Schwelmer Unternehmen über erstklassige Kontakte zu den Autofirmen - auch zu Mercedes-Benz. Das dürfte hilfreich dabei gewesen sein, eines der exklusiven Wasserstofffahrzeuge nach Schwelm zu bekommen.

Das Unternehmen mit seinen 130 Mitarbeitern ist nach eigener Aussage führend in der Herstellung und Entwicklung von reißfesten und schwer entflammbaren Netzsystemen für alle Fahrzeuge.

Nölle-Pepin hat nicht nur ein schadstoffarmes Wasserstofffahrzeug in seinem Fuhrpark, sondern ist seit wenigen Tagen auch umweltzertifiziert nach DIN EN ISO 14001:2015. Die ISO 14001 legt einen Schwerpunkt auf einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess als Mittel zur Erreichung der jeweils definierten Ziele in Bezug auf die Umweltleistung einer Organisation (Unternehmen, Dienstleister, Behörde etc.). Dazu gehört u.a. der Aufbau eines betrieblichen Umweltmanagementsystems