Ennepetal. Der BdV Ennepetal will beim Tag der Heimat verstärkt lokale Geschehnisse in den Blick nehmen – so die Zeit, als Voerde als Ausländerlager diente.
Wenn der Bund der Vertriebenen und der Heimatbund Ennepetal zum „Tag der Heimat“ einluden, dann ging es bisher hauptsächlich um die Menschen, die in den letzen Monaten des Krieges und danach aus ihrer ostdeutschen Heimat vertrieben wurden oder flüchten mussten. In diesem Jahr beim „Tag der Heimat“ am Sonntag, 8. September, in der Voerder „Rosine“ steht ein Geschehen im Mittelpunkt, das die älteren Voerder immer noch im Gedächtnis haben.
Am 6. Mai 1945, zwei Tage bevor der Zweite Weltkrieg in Deutschland zu Ende ging, musste die Voerder Bevölkerung auf Anordnung der amerikanischen Militärs ihre Wohnungen räumen und ihr Hab und Gut größtenteils zurücklassen. Erst Mitte 1948 konnten sie in ihre Wohnungen zurückkehren, das „Ausländerlager“, wie es genannt wurde, war endlich aufgelöst. Die dort lebenden Menschen waren von den Alliierten befreite Zwangsarbeiter und ausländische Kriegsgefangene aus deutschen Lagern. Sie waren, so heißt es in der Geschichtsforschung, „entheimatet“ und hatten Hunger und Erniedrigungen ertragen müssen. Viele der Lagerbewohner waren Kroaten und Serben.
Anmeldung bis zum 1. September erbeten
Der „Tag der Heimat“ wird am Sonntag, 8. September, ab 15 Uhr im Saal des Hotel-Restaurants „Rosine“ an der Bergstraße/Wilhelmstraße in Voerde begangen. Alle sind herzlich dazu eingeladen.
Wer teilnehmen möchte, wird gebeten, sich bis zum kommenden Sonntag, 1. September, bei der 2. Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen, Monika Wakenhut, 02333/75314, zu melden. Es geht dabei um die Bestellung für die Kaffeetafel.
Werner Balke, der als 12-jähriger Junge, das Geschehen in Voerde miterlebte, wird beim „Tag der Heimat“ aus seiner Erinnerung berichten. Das Thema seines Vortrags heißt: „Voerde nach dem Zweiten Weltkrieg“. Für die Voerder war es eine Vertreibung aus dem Dorf. Das deutschlandweite Motto des „Tages der Heimat“ lautet: „Menschenrechte und Verständigung – Für Frieden in Europa“.
BdV hat 100 Mitglieder
Alfred Spruth, der seit einiger Zeit den über 100 Mitglieder starken, aber überalterten Bund der Vertriebenen in Ennepetal leitet, möchte in Zukunft lokale Geschehnisse, die mit Flucht und Vertreibung in Verbindung stehen, an den Gedenktagen behandeln. Deswegen besuchte er kürzlich auch das Treffen der Voerder Ehrennachtwächter. Die „alte Heimat“ soll aber nicht vergessen werden. So werden wie bisher die Landsmannschaften und auch die Ennepetaler Heimatvereine Beiträge bieten. Wie immer werden das Ostpreußen-, das Pommern-, das Siebenbürger, das Schlesier- und das Westfalenlied erklingen, die Sängerfreunde der Freiwilligen Feuerwehr Oberbauer auftreten, Bürgermeisterin Imke Heymann und Stephan Langhard vom Heimatbund Ennepetal sowie Alfred Spruth ein Grußwort sprechen.
Hannalore Spruth, die Ehefrau des Vorsitzenden, spricht über die „Vertreibung aus Pommern“. Das Ehepaar Spruth stammt aus Pommern. Alfred und Hannalore haben als Kinder das Leiden auf dem Weg in den Westen erlebt und nicht vergessen. Alfred Spruth denkt auch an die Menschen, die heute ihre Heimat verlassen müssen. Kennen und lieben gelernt haben sich Alfred und Hannalore übrigens in Ennepetal, bei einer Veranstaltung der Landsmannschaft Pommern im damaligen Milsper „Gasthof zur Post“. „Mein Bruder fand den Alfred nett, weil er meinen Schirm trug.“ Und er sei ja auch aus Pommern.
Die Vertreibung der Familie des kleinen Alfred (der Vater war noch in Kriegsgefangenschaft) endete an der Trave gegenüber von Travemünde in der damals sowjetischen Zone, später DDR. „Wir kamen in einer Knechtkammer unter mit Blick auf den Misthaufen. Nein, willkommen waren wir nicht“, erinnert sich Alfred Spruth. Später flüchtete die Familie, diesmal mit dem Vater, über Berlin in den Westen, in die Bundesrepublik. In Ennepetal zog sie zunächst in eine Flüchtlingsunterkunft an der Rahlenbecke, die Familie seiner späteren Frau Hannalore kam in einer Baracke in Gevelsberg unter. Alfred Spruth erinnert sich auch an hilfsbereite Menschen: „Der Altenvoerder Fabrikant Günter Peddinghaus half uns Flüchtlingen sehr. Ich fand persönlich eine gute und herzliche Aufnahme beim CVJM-Altenvoerde.“
Enge Verbindung zu Pommern
Seit vielen Jahren wohnen die Spruths im schönen Eigenheim in Delle. Aber zu Pommern haben sie eine enge Verbindung. „Wir fahren dort hin und unterstützen deutschstämmige Familien. Medikamente müssen dort selbst bezahlt werden. Das ist nicht leicht.“ weiß Alfred Spruth. Er schwärmt von der jetzt wunderschönen Stadt Kolberg (Kolobrzeg).
In Ennepetal bzw. Breckerfeld hat das Ehepaar eine neue Heimat gefunden, aber die alte bleibt im Herzen. Das ist zu spüren, wenn man mit dem Ehepaar spricht. Alle Menschen sollen erfahren, was Flucht und Vertreibung bedeutet, meinen beide – in der Vergangenheit, aber auch in der Gegenwart.