Schwelm. Diebe haben vier Völker von einem Bienenstand in Schwelm gestohlen. Züchter Erich Jahnke spricht von einem empfindlichen Schaden.

Der Bienenklau geht um und hat auch die Kreisstadt erreicht. Unbekannte haben vier Völker von einem Bienenstand am Winterberg gestohlen – und damit nicht nur Züchter Erich Jahnke einen empfindlichen Schaden zugefügt. Es geht um knapp eine Viertelmillion Bienen, die der Blütenbestäubung in Schwelm und Umgebung verloren gehen.

Fassungslos blickt Erich Jahnke auf seinen Stand, als er nach dreiwöchigem Urlaub wieder nach seinen Bienen am hinteren Ende des ehemaligen AGU-Geländes Am Tannenbaum sehen will. Von zwölf Beuten und Zargen, die dort auf dem länglichen Untergestell standen, stehen nur noch vier. Kein summendes Treiben der Völker mehr in der Luft. Stattdessen nur das Flirren einzelner Bienen, die fast einsam um die vier verbliebenen Kästen fliegen. Es ist eine für den Imker mehr als beängstigende Ruhe. Es ist die Gewissheit, dass er Opfer eines Diebstahls wurde.

Immer mehr wollen Imker werden

Weitere Diebstähle in Schwelm

Bundesweit wurden in den vergangenen Monaten vermehrt Fälle eines Bienenklaus bekannt. Auch der Imkerverein Schwelm beklagt in diesem Jahr Diebstähle. „Jahrelang war es ruhig. In 2019 hatten wir zwei Vorfälle“, berichtet Helmut Thomas, erster Vorsitzender des Schwelmer Imkervereins.

Im März seien zwei Bienenvölker von einem Stand am Ehrenberg und im Mai nochmal zwei Völker von einem Stand am Brunnen gestohlen worden. „Der Stand am Brunnen ist von der ehemaligen B 7 aus zu sehen. Aber der Diebstahl am Ehrenberg wundert mich wirklich. Die Völker dort kann man vom Auto aus nicht erkennen“, sagt Helmut Thomas.

An Diebe aus dem näheren Umfeld mag er – wie auch Erich Jahnke – nicht glauben. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Imker aus der Umgebung waren“, sagt der Vorsitzende des Schwelmer Imkervereins, der aktuell 24 Bienenzüchter zählt. Man kenne und man schätze sich sehr.

Der Diebstahl von Bienenvölkern ist in der Regel versichert und wird über die Imkervereine bei der Versicherung genauso als Schadensfall gemeldet, wie beispielsweise Frevelschäden, Sturm- , Hochwasser- oder Feuerschäden. Der Landesverband Westfälischer und Lippischer Imker hat dazu eine Übersicht erstellt. So wurden im vergangenen Jahr im Verbandsgebiet insgesamt 125 Schäden an die Imker-Global-Versicherung gemeldet, von denen es sich bei fast jedem fünften Vorfall um einen Einbruch- oder Diebstahlschaden handelt (23 Meldungen).

Aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis wurden im vergangenen Jahr drei Schadensfälle gemeldet. Nicht angeführt ist, ob auch ein Diebstahl darunter war.

„Die wussten genau, was sie taten“, ist der 80-Jährige überzeugt. Schließlich wurden nur die Wirtschaftsvölker, also die, die ertragreich Honig produzieren, gestohlen. Was die Täter nicht haben mitgehen lassen, sind die Zargen der vier Ablege-Völker. Diese Bienen müssen sich erst noch zu Wirtschaftsvölkern entwickeln und sind für Diebe weniger interessant. Erich Jahnke hat eine Vermutung, wessen Opfer er wurde: „Das waren bestimmt welche, die Bienenvölker klauen, um sie anderen Imkern weiterzuverkaufen.“

Die Zahl der Bienenbegeisterten ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Laut NRW-Umweltministerium gibt es in Nordrhein-Westfalen mittlerweile mehr als 11.000 Imkerinnen und Imker. Und alle brauchen mindestens ein, besser mehrere Bienenvölker. Aus diesem Bedarf hat sich ein richtiger Markt entwickelt, wie den Aussagen von Erich Jahnke zu entnehmen ist, der vor Jahren vom Imkerverein Schwelm zum Imkerverein Sprockhövel gewechselt ist. „Im Internet bekomme ich ein gebrauchtes Bienenvolk für 250 Euro“, berichtet er. Und das seien nicht immer seriöse Verkäufer, wie man in der Szene weiß. Erich Jahnke ist überzeugt, das es Typen von genau diesem Schlage waren, die es auf seine Völker abgesehen hatten.

Diebe müssen Ausrüstung gehabt haben

Ein wildes, für Menschen nicht ganz ungefährliches Treiben rund um die Stöcke. So sah der Bienenstand aus, bevor die Diebe zuschlugen.  
Ein wildes, für Menschen nicht ganz ungefährliches Treiben rund um die Stöcke. So sah der Bienenstand aus, bevor die Diebe zuschlugen.   © Privat

Abgesehen deshalb, weil eine spontane Tat zu hundert Prozent ausgeschlossen werden kann. Wer Bienen klaut, muss wissen, wie es geht. Sonst kann’s gefährlich werden. Ein Diebstahl ist nur abends und in der Dunkelheit möglich, weil nur dann das Volk im Stock ist. Und selbst dann sollte man sich nicht ohne Stichschutz nähern, weil das Flugloch dicht gemacht werden muss, ehe man die Kästen anheben kann. Ungeschützt kann es zu sehr unangenehmen Begegnungen mit den aggressiven Wächterbienen kommen. Die Diebe müssen eine entsprechende Ausrüstung mitgebracht haben.

Erich Jahnke hält es für ausgeschlossen, dass es sich um nur einen Täter handelt. Dafür seien die Stöcke mit jeweils 70 Kilogramm zu schwer. Ein Volk zählt um die 70.000 Bienen, und Jahnke schätzt, dass sich in jedem Stock etwa 10 Kilogramm Honig befanden. „Das müssen mehrere gewesen sein.“

Sein Bienenstand am Ende des Biotop-Geländes Am Tannenbaum liegt so versteckt, dass er von der Winterberger Straße aus nur schwer erkennbar ist. An die Tat eines Imkers aus der Umgebung, der den Stand kennt, glaubt Erich Jahnke übrigens nicht. „Man kennt sich, das würde auffallen.“ Außerdem kämen die Bienen wieder zum Stand am Winterberg zurück, wenn ihr neuer Standort weniger als drei Kilometer entfernt liegt. „Nein, das waren welche, die von woanders her kommen, die wissen, was sie tun, und die ein geübtes Auge haben“, ist Jahnke überzeugt.

Verbliebene Tiere gesichert

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Er geht von Profis aus, die seinen Stand entdeckten und die die Lage anschließend ausbaldowert haben. Das er seine Bienenvölker jemals wiedersehen wird, daran glaubt Erich Jahnke, der vor 33 Jahren mit der Imkerei begann, übrigens nicht. Weil nicht ausgeschlossen ist, dass die Täter nochmal zuschlagen, hat der Schwelmer seine verbliebenen vier Ablege-Völker an einen sicheren Platz gebracht.

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