Ennepetal. Wenn im Hülsenberger Tal in Ennepetal die Fetzen fliegen, jubelt das Publikum und die Akteure liegen sich nachher in den Armen.
So richtig wissen die Besucher im Hülsenbecker Tal nicht, wo sie hinschauen soll. Mal werden Holzstämme in die Höhe geworfen, ein paar Meter weiter hauen sich zwei Frauen mit Säcken, wieder woanders fliegen Hufeisen durch die Luft – es sind Highland Games, der sportlich-mittelalterliche Vergleich von starken Männern und Frauen in Ennepetal. Am Wochenende ging die siebte Auflage des Events über die Bühne, erneut sorgte die besondere Veranstaltung der Interessengemeinschaft Voerde für großen Besucherandrang. Auch wenn dieses Mal weniger Teams aktiv teilnahmen.
Während Miri und ihre Kontrahentin auf dem Bock direkt neben dem Zelt der Veranstaltungsleitung auf das Startsignal warten, ist es fast schon gespenstisch ruhig. Wenige Sekunden später ist von dieser Ruhe nicht mehr viel zu merken, die Fetzen fliegen und die Anfeuerungsrufe der beiden Mannschaften verändern das Bild. Die mit Stroh gefüllten Säcke landen immer wieder auf den Körpern oder dem Kopf der beiden Kontrahentinnen, die sich so versuchen gegenseitig vom Bock zu stoßen. „Ich glaube wir sind gleichstark“, heißt es bei der ersten erschöpfungsbedingten Pause. Keine der beiden lässt nach, am Ende sitzen beide noch oben – und nehmen sich in den Arm, obwohl sie sich wenige Sekunden zuvor noch ohne Rücksicht die Säcke um die Ohren gehauen haben.
Derbe Sprüche und Zusammenhalt
„Das ist das Besondere an den Highland Games“, sagt Maik Muesmann. Denn bei aller sportlichen Rivalität, bei allem Ehrgeiz geht es vor allem um eins im Hülsenbecker Tal: eine gute gemeinsame Zeit und ein gelungenes Event. Die Teilnehmer schenken sich nichts in den direkten Vergleichen, da gibt es auch schon einmal den ein oder anderen derben Spruch in Richtung der Konkurrenz. „Nachher stehen aber alle gemeinsam zusammen und tauschen sich aus“, sagt Muesmann, der mit seinem Team von den „McKannix“ schon seit vielen Jahren an den Highland Games teilnimmt.
Wer denkt, dass die Teilnehmer einfach so am Veranstaltungstag in das Ennepetaler Naherholungsgebiet kommen und ihr Glück bei den verschiedenen Disziplinen versuchen, hat weit gefehlt. „Manche Teams beginnen ein halbes Jahr vorher schon mit der Vorbereitung“, sagt Jörg Peters. Er ist einer der Väter der Veranstaltung; gemeinsam mit einem Team von 15 Mitgliedern der Interessengemeinschaft Voerde kümmert er sich fast fünf Tage lang um das zweitägige Event. Seine Sicht auf die siebte Auflage ist ein wenig getrübt, aufgrund der parallel stattfindenden Westdeutschen Meisterschaften in Coesfeld sind dieses Mal deutlich weniger Teams dabei als in den vergangenen Jahren. Sieben Männer und fünf Frauenteams duellieren sich im Baumstammwerfen, Reifenschubsen oder als Team im Parcour.
Andrang weiter ungebrochen
Es waren auch schon einmal 15 Männer- und acht Frauenteams. 2016 bedeutete das einen neuen Rekord, eine Tendenz für die nächsten Jahre erwartet Peters nicht. Denn der Zuschauerandrang ist im Vergleich zu den Vorjahren weiter ungebrochen. Und auch das Engagement der Teams aus Ennepetal lässt Peters zuversichtlich auf das nächste Jahr schauen. Denn alleine gelassen wird die Interessengemeinschaft bei der Organisation oder dem Auf- und Abbau nicht. Die teilnehmenden Teams helfen, wo sie können. Die „McKannix“ zum Beispiel haben den Bock für das Sackschlagen gebaut, gelagert und aufgestellt. „Wir wollen ja alle eine gelungene Veranstaltung, deswegen trägt hier jeder auch ein Stück weit seinen Teil dazu bei“, sagt Maik Muesmann. Die Szene ist zwar klein, aber es ist gerade diese Tatsache, die die Highland Games so besonders machen – wenn von den ungewöhnlichen sportlichen Vergleichen ausnahmsweise mal abgesehen wird. Spätestens nachdem alle Teams die sechs Disziplinen hinter sich gebracht haben und der Wettkampf zu Ende geht, stehen alle gemeinsam zusammen und lauschen den keltischen Klängen von der kleinen Bühne im Hülsenbecker Tal.