Ennepe-Ruhr. Nach diversen Defekten und horrenden Auflagen nicht mehr finanzierbar: Geschäftsführer Stefan Tigges muss den Vertrag mit dem EN-Kreis kündigen.

Mehr als eine halbe Millionen Menschen hat diese außergewöhnliche Erfolgsgeschichte erfreut. Die ehrenamtlichen Helfer haben mit einem ganz enormen Engagement für das Überleben gekämpft – und verloren. Seit Donnerstagnachmittag steht fest: Alle Rettungsversuche für die Ruhrtalbahn sind gescheitert. Die Eisenbahnromantik zwischen Ennepetal, Hagen, Hattingen und Herdecke ist nicht mehr finanzierbar. Der Betrieb wird mit sofortiger Wirkung eingestellt – und dass er jemals wieder aufgenommen wird, ist mehr als unwahrscheinlich.

Alle Rettungsversuche gescheitert

Tolle Steckenerlebnisse bot die Ruhrtalbahn.  
Tolle Steckenerlebnisse bot die Ruhrtalbahn.   © WP

Die Verantwortlichen vom Betreiberverein der Ruhrtalbahn, des Ennepe-Ruhr-Kreises und der Stadt Hagen hatten es sich nicht leicht gemacht. Nach unzähligen Telefonaten, persönlichen Gesprächen, und wochenlangen Diskussionen stand fest: Mindestens 50.000 Euro sind zusätzlich notwendig, damit das Angebot fortbestehen kann. Drei Lösungsvarianten standen zur Diskussion. Erstens: Jemanden finden, der die Bahn finanziert und weiterbetreibt. Zweitens: Die Ruhrtalbahn komplett verkaufen. Drittens: Den Betrieb sofort einstellen. Am Ende scheiterten alle Rettungsversuche, der Betrieb wird ab sofort eingestellt. Geschäftsführer Stefan Tigges kündigte den ursprünglich bis noch bis 2021 laufenden Vertrag mit dem Ennepe-Ruhr-Kreis und der Stadt Hagen, der erst im April für drei weitere Jahre verlängert worden war.

Motorschaden vor der ersten Fahrt

Ab da begann die Pechsträhne: Noch vor der ersten Fahrt trat ein Motorschaden beim Uerdinger Schienenbus aus den 1960er Jahren auf. „Trotz aller Bemühungen unseres Werkstattteams und dem Einbau eines neuen Motors ist unser Zug bis heute immer noch nicht wieder einsatzbereit“, berichtet Stefan Tigges enttäuscht. Dies liege zum einen an weiteren, vorher nicht erkennbaren Mängeln. Zum anderen müsse die kleine Museumseisenbahn für die Wiederaufnahme des Betriebs eins zu eins die Bedingungen erfüllen, die auch für große Betreiber gelten. „Die Auflagen sind ein großes Problem, der Schienenbus wird von den Behörden auf eine Stufe mit dem ICE gestellt“, macht Tigges deutlich. Folge: Bislang ist der Schienenbus noch an keinem Tag gefahren, weshalb die Einnahmen ausblieben, die Kosten für die Strecke dennoch entstanden.

Die Ruhrtalbahn hätte die für den Winter geplante Hauptuntersuchung des Schienenbusses vorziehen und sofort durchführen müssen. „Dies“, so Tigges, „können die überwiegend ehrenamtlichen Kräfte aber nicht leisten. Zudem müssten wir Fachwerkstätten beauftragen. Das Geld dafür haben wir nicht.“ Weil auch alle Versuche, andere Fahrzeuge für die Fahrten anzumieten, aus Kostengründen scheiterten, habe sich die Ruhrtalbahn am Ende schweren Herzens entschlossen, den Betrieb sofort einzustellen und den Vertrag mit dem EN-Kreis und der Stadt Hagen zu kündigen.

Fordert der Kreis Geld zurück?

Landrat Olaf Schade zeigte sich bitter enttäuscht über die Entwicklungen: „Dieses plötzliche und völlig unerwartete Ende der 2005 ins Rollen gebrachten Erfolgsgeschichte ist natürlich sehr traurig und bedauerlich. Wir verlieren ein Rückgrat des Tourismus. Die Ruhrtalbahn stand für Schienennostalgie und Freizeiterlebnisse nach Fahrplan. Mehr als eine halbe Million Fahrgäste sind begeistert ein- und ausgestiegen.“

Möglicherweise wird ihn und seine Verwaltung die Thematik noch deutlich länger beschäftigen, denn aktuell prüft der Kreis, was mit den Zuschussgeldern passiert, die er bereits an die Ruhrtalbahn gezahlt hat. Müssen diese zurückgezahlt werden, weil die vertraglich vereinbarte Leistung nicht erbracht worden ist? Besteht eine rechtliche Verpflichtung dazu, dass der Ennepe-Ruhr-Kreis und die Stadt Hagen diese mehreren 10.000 Euro zurückfordern, sinkt die Chance, dass der Schienenbus noch einmal bis nach Ennepetal rollt, noch weiter. In der jetzt gekündigten Vereinbarung hatte der Ennepe-Ruhr-Kreis einen jährlichen Betriebskostenzuschuss von 110.000 Euro zugesagt. Weitere 55.000 Euro hatte die Stadt Hagen beigesteuert.

Comeback soll diskutiert werden

Ob und wenn ja in welcher Form es im nächsten Jahr ein Comeback eines solchen Angebotes geben könnte, darüber werden Kreisverwaltung und Kreispolitik in den nächsten Monaten voraussichtlich diskutieren.