Schwelm. . Gesund, kostenlos und lecker: Diese heimischen Alternativen zur gekauften Kräuterpackung sollte jeder kennen.

Noch am Morgen las ich in unserer Zeitung, wie man lästiges Unkraut bekämpft. Nun will ich an einer Kräuterwanderung der AG Umweltschutz teilnehmen, um eben diese Kräuter als Delikatessen kennenzulernen. Es regnet in Strömen, trotzdem kommen mehr als 40 Menschen, die mitwandern wollen. Als Michael Treimer von der AGU und Britta Kunz von der Biologischen Station die Teilnehmer begrüßen und in zwei Gruppen aufteilen, kommt die Sonne raus.

Kaum sind wir ein paar Schritte über die Wiese gegangen, präsentiert Michael Treimer uns schon das erste Kraut, den Wiesen-Bärenklau. „Eine echte Delikatesse“, sagt er, „sehr aromatisch. Der gehört in jeden Salat.“ Damit wir dieses leckere Gemüse nicht mit dem gefährlichen Riesen-Bärenklau verwechseln, lernen wir einen Merksatz: „Ist der Stängel eckig und rau, ist es der Wiesen-Bärenklau.“ Den Spitzwegerich kennen schon einige, aber dass er auch eine kleine tragbare Apotheke für unterwegs ist, war noch nicht allen bekannt: „Er wirkt antibakteriell und auch blutstillend, wenn man sich auf einer Wanderung verletzt hat oder von einem Insekt gestochen wurde“, erklärt Treimer.

Heilende Wirkung der Kräuter

57.000 qm groß

„Umweltschutz fängt vor der Haustür an“, dieses Motto steht für die AGU, die 1981 gegründet wurde. 1989 bekam sie das Grundstück „Am Tannenbaum“ geschenkt. Es ist etwa 57.000 m² groß und war ursprünglich Ackerfläche. Nun wachsen auf dem Boden Pflanzen, die auf gedüngtem Boden nicht mehr wachsen können.

Zu Jahresbeginn übergab die AGU das Grundstück an die Biologische Station im EN-Kreis.

www.agu-schwelm.de und www.biologische-station.de.

Auch der Sauerampfer ist hilfreich für unterwegs, er kann den Durst stillen. Ich koste: Er schmeckt erfrischend, sauer und nach Kindheit. Den gemeinen Löwenzahn kennen selbstverständlich alle, aber wer weiß denn, dass er in jeden Salat gehört? Allerdings soll man nur die Blätter pflücken, die jung sind und senkrecht stehen, rät Treimer. Er erklärt, dass der Löwenzahn wichtige Nahrung für Wildbienen, Schwebfliegen und andere Insekten ist. „Warum mähen die TBS dann immer wieder den Löwenzahn ab?“ fragt eine Teilnehmerin und Treimer empfiehlt, an höherer Stelle nachzufragen.

„Der Wiesenkerbel gehört unbedingt in die Frühlingssuppe, aber bitte nur ganz wenig“, lernen wir beim nächsten Kräutchen. „Das Wiesenschaumkraut schmeckt gut im Salat, aber das lassen wir stehen. Es ist Nahrung für den Aurorafalter.“

Obwohl es um „Delikatessen am Wegesrand“ geht, lernen wir auch Heilkräuter kennen: das Klettenlabkraut, das eine Detox-Kur für Niere und Blase sein kann, die Schafgarbe, die gut für die Verdauung sein soll, das Scharbocks-kraut, das wegen seines reichen Vitamin-C-Gehalts vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit als Heilpflanze gegen Skorbut eingenommen wurde, und die Brennnessel. Die kennt jeder, aber dass sie gepflückt werden soll wie andernorts der Tee: „Two leaves on Top“, ist mir neu. „Brennnesselsalat gibt Superpower“, empfiehlt Treimer. Wir lernen eine Menge bei dieser Wanderung und genießen immer wieder einen Blick auf die wunderschöne Landschaft rundherum.

Dem Waldmeister Aroma entlocken

Die Knoblauchsrauke schmeckt prima: Wie Knoblauch, aber ohne den speziellen Duft zu hinterlassen. Gamander Ehrenpreis ist mir neu, ebenso wie der Gundermann. „Der ist richtig lecker“, schwärmt Ilona Kryl neben mir, die sich mit Kräutern schon auskennt. Zuletzt erfahren wir, dass das hübsche Kräutchen Waldmeister nicht einfach so in die Bowle oder zu Eis verarbeitet werden darf. „Der Geschmack muss erst gelockt werden“, erklärt Treimer. Waldmeister muss drei Tage trocknen oder kurz eingefroren werden, dann erst kann er sein typisches Aroma entfalten. Und der Fachmann gibt auch hier wieder einen Warnhinweis: „Bitte nicht zu viel Waldmeister verzehren, denn das kann zu Magenproblemen führen!“

Zum Abschluss gibt es einen leckeren Imbiss, den Michael Treimer mit Hilfe seiner Familie vorbereitet hat: Kräutersuppe, Kräuterbrot und Kräuterquark. Ich frage Treimer nach dem Rezept für diesen köstlichen Kräuterquark. „Da sind einfach alle Kräuter drin, die wir heute hier gesehen haben“, sagt er und damit ist eindeutig bewiesen, dass es sich um Delikatessen und nicht um Unkraut handelt.

Reaktionen der Teilnehmer

Inge Brocke, Fynnley (8) und Hendrik (10) haben schon mehrfach teilgenommen.
Inge Brocke, Fynnley (8) und Hendrik (10) haben schon mehrfach teilgenommen.

Inge Brocke aus Gevelsberg ist zum dritten Mal dabei, denn sie experimentiert in der Küche gern mit Kräutern und lernt jedes Mal sehr viel dazu.

Ihre Söhne Fynnley (8) und Hendrik (10) wandern zum zweiten Mal mit. „Weil es mir voriges Jahr so gut gefallen hat und weil ich die Kräuter besser kennenlernen will“, sagt Fynnley. und sein Bruder Hendrik plant: „Ich will mit den Kräutern ganz viele Suppen und Salate machen.“

Ilona Kryl kennt sich bereits gut mit Kräutern aus. Trotzdem hat sie auch unbekannte Kräuter kennengelernt: „Ich wollte schon seit Jahren an dieser Wanderung teilnehmen und finde es beeindruckend, was hier alles wächst und welche Vielfalt Michael Treimer uns gezeigt hat. Ich möchte jedes Jahr wenigstens zwei neue Kräuter kennenlernen, um sie dann in der Küche verwenden zu können.“

Anreise aus Dortmund

Andrea und Julia Engelhardt sind ebenfalls begeistert: „Es hat uns total gut gefallen“, sagen beide. Andrea Engelhardt aus Gevelsberg hatte ihrer Tochter die Kräuterwanderung zum Geburtstag geschenkt und für Julia hat sich die Anreise aus Dortmund gelohnt.

„Es hat uns total gut gefallen“:  Andrea Engelhardt aus Gevelsberg mit Tochter Julia.
„Es hat uns total gut gefallen“: Andrea Engelhardt aus Gevelsberg mit Tochter Julia. © Ingenlath-Gegic

Die vielen Kräuter, die sie an diesem Nachmittag kennenlernen konnten, haben sie in einer Vorratsdose gesammelt. So können dann beim Imbiss auch alle am Tisch gleich testen, welche Kräuternamen sie behalten haben.

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