Schwelm. . Als nächstes beleuchtet das Gericht die Biografien der beiden prügelnden Brüder (19 und 17).
Nach drei Prozesstagen gegen die beiden Brüder, die sich wegen des Angriffs auf einen 17 Jahre alten Wuppertaler vor dem Hagener Landgericht verantworten müssen, stehen zwei große Fragen im Raum. Erstens: Wird der ältere der beiden, der als Haupttäter angeklagt ist, wegen versuchten Totschlags oder wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt? Zweitens: Läuft es auf einen Totschlag hinaus, kommt dann ein möglicher Rücktritt von der Tat durch den 19-jährigen Justin-Pascal K. in Betracht?
Die Zeugen
Verschiedene Strafmaße
Der Strafrahmen bei Totschlag liegt zwischen fünf und 15 Jahren Freiheitsstrafe. Bleibt es beim Versuch, kann die Tat mit einer geringeren Strafe belegt werden.
Die Strafe für gefährliche Körperverletzung liegt zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.
Mittlerweile hat eine ganze Reihe von Zeugen vor Gericht ausgesagt, darunter zahlreiche Jugendliche, die an diesem Tag mit den Brüdern am Parkour-Platz neben dem Penny-Markt in Schwelm waren, wo alles begann. Es kristallisiert sich heraus, dass es dort zu ersten Diskussionen zwischen Justin-Pascal K. und seinem späteren Opfer gekommen ist. Der heute 19-Jährige war wohl eifersüchtig, weil seine Ex-Freundin (15) mit dem Wuppertaler unterwegs war. Übereinstimmend auch die Aussage, das Justin-Pascal K. später vor der Spielhalle an der Untermauerstraße ohne Vorwarnung auf sein Opfer eingeprügelt hat. Die meisten Zeugen gaben auch an, gesehen zu haben, dass er den Wuppertaler gewürgt hat. Diesbezüglich sind die Erinnerungslücken im Freundeskreis der Angeklagten mal größer, mal kleiner.
Mehrere Zeugen – unter anderem eine Frau, die selbst eingeschritten war – hatten zu Protokoll gegeben, dass ein großer, starker Mann mehrfach den rasenden Angeklagten von seinem Opfer weggezogen habe, dieser aber immer wieder auf ihn eingeschlagen- und getreten habe. Aus erster Hand kann der Helfer allerdings nicht aussagen. Denn trotz diverser Zeugenaufrufe meldete er sich nicht bei der Polizei, hatte sich vom Tatort entfernt, bevor die Beamten dort die Zeugen vernahmen.
Zentral ist mit Sicherheit die Aussage des Opfers. Der Wuppertaler machte deutlich, dass er keine Todesangst hatte und erst im Nachhinein davon erfahren hatte, dass sein Leben durch die Würgeattacke potenziell in Gefahr gewesen sein soll. Dies bestätigte der Rechtsmediziner Dr. Ralf Zweihoff.
Die Polizisten
Zahlreiche Polizeibeamte, die am Zugriff beteiligt waren oder später Täter, Opfer und Zeugen verhörten, tätigten ihre Aussagen. Auch hier taten sich an einigen Stellen erhebliche Lücken auf. So konnte sich der Leiter der Mordkommission nicht mehr daran erinnern, wen er alles vernommen hatte – auch nicht, nachdem ihm der Vorsitzende Richter Jörg Weber-Schmitz seine Unterschrift unter dem betreffenden Protokoll gezeigt hatte. „Keine Ahnung. Wenn meine Unterschrift darunter ist, werde ich wohl mit ihm gesprochen haben“, sagte er.
Die Aussagen der Beamten machten aber klar, dass die beiden Brüder und auch einige der Jugendlichen, die sich im Zeugenstand wiederfanden, ihnen bestens bekannt sind. So brachte eine Polizistin den jüngeren der beiden Brüder nur wenige Stunden, bevor auch er auf den Wuppertaler eingetreten haben soll, zu seiner Mutter nach Hause und will ihn ermahnt haben, „keinen Mist mehr zu bauen.“
So geht es weiter
Der nächste Verhandlungstag ist auf Donnerstag, 2. Mai, terminiert. Dann stehen die Berichte der Jugendgerichtshilfe zu den beiden Angeklagten auf der Tagesordnung. Außerdem werden die Biografien der 19- und 17-jährigen Brüder im Mittelpunkt stehen. Beide sind mehrfach polizeilich bereits bekannt und unter anderem bereits auch wegen Gewalttaten auffällig geworden. Während der ältere weiterhin in der Jugendvollzugsanstalt in Iserlohn einsitzt, befindet sich sein jüngerer Bruder auf freiem Fuß.
Als letzter Verhandlungstag ist Montag, der 20. Mai, terminiert. An diesem Tag werden die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, die beiden Verteidiger Sonka Mehner-Heurs und Timo Scharrmann sowie Nebenklagevertreterin Heike Tahden-Farhat, die die Interessen des Opfers vertritt, ihre Plädoyers halten. Zudem hat der Vorsitzende Richter Jörg Weber-Schmitz das Urteil angekündigt. Dann wird auch die Frage beantwortet werden, ob Justin-Pascal K. wegen versuchten Totschlags oder gefährlicher Körperverletzung verurteilt werden wird.