Gevelsberg. . Uwe Wolfsdorff und Rüdiger Kaiser bleiben an der Spitze der Feuerwehr Gevelsberg. Sie sprechen über ihre Arbeit, die sich stark verändert hat.

Es sind bewegende Zeiten für die Gevelsberger Feuerwehr. Die neue Feuer- und Rettungswache wird gebaut, es müssen neue Herausforderungen bewältigt werden und es wurden wichtige Personalentscheidungen getroffen.

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Uwe Wolfsdorff und Rüdiger Kaiser bleiben an der Spitze der Wehr und wurden vom Rat der Stadt erneut als stellvertretende Feuerwehrchefs bestellt. Im Gespräch mit unserer Zeitung blicken die beiden auf Brennpunkte.

Wertschätzung

„Die Verrohung der Gesellschaft wird auch an Einsatzstellen deutlich.“ Rüdiger Kaiser spricht nicht nur davon, dass sich nur die wenigsten bedanken, sondern vor alllem von Respektlosigkeit, Behinderungen im Einsatz und Gaffern. Selbst bei Vollsperrungen an Unfallstellen auf der A1 quetschten sich Autofahrer durch Lücken und gefährden die Einsatzkräfte.

Wolfsdorff ist seit 1981 hauptamtlicher Feuerwehrmann, Rüdiger Kaiser seit mehr als 40 Jahren im freiwilligen Dienst und hauptberuflich Leiter der Kreisfeuerwehrzentrale. Beide sagen: Das, was jetzt passiert, gab es früher so nie. Das sei aber kein Gevelsberger, sondern ein landesweites Phänomen.

Es sei schlimm, dass immer mehr Rettungssanitäter in Selbstverteidigung ausgebildet werden müssen, sagt Wolfsdorff. Er sieht sich sogar gezwungen, Gafferwände zu kaufen. Diese werden per Gebläse an der Einsatzstelle aufgepumpt und schützen die Opfer vor Handyvideos.

Die Polizei könne es – alleine schon aus personellen Gründen – gar nicht leisten, überall die Einsatzstelle zu sichern, sagt Kaiser: „Es wäre schön, wenn die Polizeiwache in Gevelsberg bleiben würde“, erklärt Kaiser und begründet dies mit kürzeren Anfahrtszeiten.

Brandschutz

In Gevelsberg arbeiten hauptamtliche und ehrenamtliche Kräfte Hand in Hand, nur so könne der Brandschutz in der Stadt flächendeckend gewährleistet werden, erklärt Uwe Wolfsdorf. Das Problem ist die Tagesverfügbarkeit: 80 Prozent der Ehrenamtlichen arbeiten außerhalb von Gevelsberg.

Auch das Interesse am Ehrenamt habe im Laufe der Jahre abgenommen. Wolfsdorff macht in diesem Zusammenhang deutlich: „Bei uns sieht es nicht schlecht aus, wir sind gut aufgestellt und konnten in den vergangenen Monaten auch neue Freiwillige gewinnen. Aber die Tendenz ist nicht abzusehen, mit Blick auf Nachbarstädte wird klar, dass wir das Thema im Blick haben müssen.“

Und noch etwas: „Der Markt für Feuerwehrleute ist leer gefegt“, sagt Uwe Wolfsdorff, „nicht nur in unserer Region.“ Aktuell würden sich die hauptamtlichen Wehren gegenseitig die Leute wegnehmen, und auch die Zahl der Ausbildungsplätze sei zu gering.

Der Gevelsberger Feuerwehrnachwuchs wird in Bochum, Dortmund und Köln ausgebildet, in Gevelsberg ist das nicht möglich. Kaiser und Wolfsdorff sehen die Politik in der Pflicht, die angespannte Situation im Land zu entschärfen.

Jugendarbeit

Im Oktober 2014 wurde die Bambini-Abteilung gegründet und bildet schon jetzt den Grundstein für die Nachwuchsarbeit. Gevelsberg ist nicht nur Vorreiter im EN-Kreis, auch viele andere Berufsfeuerwehren im Land nehmen sich das Konzept zum Vorbild. Warum sind die „roten Küken“ so erfolgreich? Uwe Wolfsdorff glaubt, weil die Idee dazu aus der Feuerwehr selbst gekommen, nichts aufgedrückt worden sei.

Jessica Grabowski leitet die Abteilung, Stephan Breger steht ihr Zur Seite. Eltern helfen mit, Betreuer und dazu „viele Feuerwehrangehörige, die in ihre Freizeit mithelfen“, lobt Wolfsdorff den Einsatz, der nicht selbstverständlich sei.

Die Suche nach neuen Ehrenamtlichen ist und bleibt trotz allem ein wichtiges Thema. „Jeder, der Lust hat, mitzumachen, ist herzlich willkommen“, sagt Rüdiger Kaiser.

Technische Ausrüstung

Die Gevelsberger Feuerwehr, die aus der hauptamtlichen Wehr und drei Löschzügen besteht, hat aktuell 21 Einsatzfahrzeuge. Nagelneu ist die Drehleiter, die fast 700.000 Euro gekostet hat.

Drei weitere Anschaffungen stehen noch an, als Ersatz. Mehr als 100.000 Euro investiert die Stadt auch in neue Arbeitskleidung und damit in den Schutz der Einsatzkräfte.

Neue Feuerwache

Wichtigstes Projekt ist der Neubau der Feuerwache. Schon lange seien die Räume an der Körnerstraße zu eng. „Dass so viel Geld investiert wird, ist in der heutigen Zeit nicht selbstverständlich“, sagen Wolfsdorff und Kaiser und bedanken sich im Namen der gesamten Feuerwehr.

Das schaffe bessere Bedingungen für die Arbeit und sei ein wichtiger Beitrag für die Zukunftsfähigkeit der Wehr.

Einsätze

Der Sturm Eberhard sorgt nicht nur für entwurzelte Bäume, sondern auch für 32 Feuerwehreinsätze alleine am 10. März.
Der Sturm Eberhard sorgt nicht nur für entwurzelte Bäume, sondern auch für 32 Feuerwehreinsätze alleine am 10. März. © Carmen Thomaschewski

Baum, Ziegel, Plakat, Sturm und Wasser: Das sind die Schlagworte aus den Einsatzberichten des vergangenen Jahres und das erklärt auch, warum die Wehr 102 Mal mehr als noch im Vorjahr ausrücken mussten, insgesamt waren es 645.

Das Wetter hat die Feuerwehr auch jetzt im Griff. Beispiel Sturmtief Eberhard: „Ich musste insgesamt 32 Einsatzberichte unterschreiben“, sagt Wolfsdorff und ist sich sicher, dass das Thema Unwetter immer wichtiger werde.

Auch während der lang anhaltenden Trockenheit 2018 sei die Wehr dutzende Stunden im Einsatz gewesen, um die Bäume zu bewässern und die Technischen Betriebe zu unterstützen. Hoch sei auch die Zahl der vorsätzlichen Brandstiftungen (13 Mal) und die Brände, die aus Fahrlässigkeit (29) entstanden sind.

Deshalb spiele die vorbeugende Brandschutzerziehung immer noch eine wichtige Rolle, sagt Rüdiger Kaiser.

Wie wichtig die Arbeit der Feuerwehr ist, ist längst nicht nur an Zahlen zu messen, aber auch. Die Gevelsberger Einsatzkräfte retteten im vergangenen Jahr 103 Menschen und 59 Tiere aus gefährlichen Situationen.

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