Gevelsberg. . In der Serie „In ZahlEN“ geht es heute um Musikstreaming. Was hören die Menschen im Kreis am liebsten? Wie können Bands dort Geld verdienen?

Drei von fünf Jugendlichen (62 Prozent) hören Musik am liebsten über Streamingplattformen wie Spotify, Deezer oder Amazon Music. Das geht aus der JIM-Studie 2018 (Jugend, Information, Medien) hervor. Damit haben die Portale erstmals das Radio und YouTube hinter sich gelassen (jeweils 57 Prozent). Vor zwei Jahren lag das Radio (64 Prozent) noch auf Platz 1 der am meisten genutzten Musikquellen – deutlich vor der Internetkonkurrenz (44 Prozent).

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Streaming ist auch für Bands aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis wichtig geworden. Die Gevelsberger Irish Folkpunk-Band The O’Reillys and the Paddyhats verbucht im Monat 60.000 Hörer auf Spotify. Zudem hat das Label der Band gegen eine Zahlung einen der Songs in der Playlist „Celtic Punk“ platziert. 54.000 Nutzer folgen dieser Liste.

Bands werden auf Plattformen leicht gefunden

Franz Wüstenberg von der Gevelsberger Band The O'Reillys and the Paddyhats spricht darüber, wie Streamingportale der Gruppe helfen.
Franz Wüstenberg von der Gevelsberger Band The O'Reillys and the Paddyhats spricht darüber, wie Streamingportale der Gruppe helfen. © Stefan Meinhardt

„Man kann in solchen Plattformen leicht gefunden werden“, sagt Frontmann Franz Wüstenberg. Veranstalter würden auch auf Streaming-Plattformen nach Künstlern suchen, die für ihr Festival interessant sein könnten.

Wüstenberg ist einer der Organisatoren des O’Reilly Open Air Festivals, das im vergangenen Sommer im Wetteraner Naturfreibad stattfand. Der Gevelsberger selbst nutzt ebenfalls Streaminganbieter zum Musikgenuss. Er schätzt das Angebot: „Ich finde und höre da Musik, die kaum jemand kennt.“

Band verdienen eher indirekt

Was die 720.000 jährlichen Aufrufe finanziell abwerfen, weiß Wüstenberg nicht. Hier hilft ein Blick über den Teich, um eine Vorstellung zu bekommen: Die US-amerikanische Cellistin Zoë Keating veröffentlicht regelmäßig auf ihrem Twitter-Kanal, was sie durch Spotify verdient. Ihre Stücke wurden im vergangenen Jahr rund 2,25 Millionen mal angehört (also etwa drei mal so häufig wie die Paddyhats). Dafür bekam sie umgerechnet etwa 10.700 Euro (12.231 Dollar), das macht 0,48 Cent pro Klick.

Finanziell wirft das bei Weitem nicht so viel Geld ab wie Plattenverkäufe. Franz Wüstenberg erklärt, warum sich das Portal trotzdem für die Band lohnt: „Wenn jemand bei Spotify Fan von uns ist, kommt er vielleicht auch zu unseren Konzerten und kauft ein Shirt.“ Damit verdiene die Band indirekt.

Ein weiterer Vorteil ist, dass die Musiker direkt ablesen können, welche Stücke vom Album besonders oft gehört werden. Wüstenberg: „Wir sehen, welche Songs gut abgehen.“

Ganz ohne Tonträger geht es auch nicht

Natürlich gibt es auch noch klassische Tonträger der Band. Wüstenberg: „Die CD ist die neue Kassette. Wenn ich einen Künstler zusätzlich unterstützen möchte, kaufe ich die CD. Aber sie ist natürlich auch ein Staubfänger.“ So ganz kann er sich aber nicht von einem greifbaren Tonträger trennen: „Ich hätte keine Lust, am Ende nichts in der Hand halten zu können. Von mir aus kann das auch ein USB-Stick sein.“ Ihr aktuelles Album hat die Band auch als Schallplatte veröffentlicht. Vom Verkauf einer CD erhalten die Musiker etwa ein Fünftel des Kaufpreises.

Kritik an Beteiligung

Spotify ist ein in Schweden gegründeter Internetanbieter für das Streamen von Musik und Podcasts. Laut eigenen Angaben hat die Plattform weltweit 200 Millionen Nutzer und über 40 Millionen Musiktitel im Repertoire. Seit 2012 gibt es Spotify auch in Deutschland.

Der Anbieter ist immer wieder in der Kritik, Künstler nicht ausreichend an den Einnahmen zu beteiligen.

Alle Teile der Serie „In ZahlEN“ finden SIe im Internet unter wr.de/inzahlen

Das Internet hat auch andere Änderungen mit sich gebracht. Es reicht für Bands heutzutage nicht mehr, bloß in regelmäßigen Abständen Alben herauszubringen und Konzerte zu spielen. Soziale Medien wie Facebook und Instagram haben für Künstler neue Möglichkeiten geschaffen, mit ihren Fans in Kontakt zu treten: Albereien aus dem Proberaum, Einblicke in den Backstage-Bereich oder spontane Fragestunden sind per Live-Video jederzeit möglich.

Das gilt auch für die Paddyhats. „Die Internetpräsenz macht super viel aus, macht aber auch viel Arbeit.“ Zudem sind die Gevelsberger auf Facebook und Instagram vertreten und bringen ihren eigenen Newsletter heraus. Zwar sei es manchmal anstrengend, bei so vielen Anbietern präsent sein zu müssen, aber: „Alles was man macht, ist am Ende sinnvoll“, sagt Wüstenberg. So hat die Band Ende November ein Videotagebuch eines Festivalwochenendes auf Youtube veröffentlicht. „Das war eigentlich mehr für uns.“ Im Gegensatz zur Doku über den Auftritt bei Wacken, die sogar im WDR gezeigt wurde.

Youtube ist wichtig für die Paddyhats

„Youtube funktioniert sehr gut“, sagt Wüstenberg. Das läge auch am internationalen Publikum auf der Plattform. „Die Videos locken Leute zu unseren Konzerten. Von daher ist Youtube für uns auch wichtiger als Facebook.“ Das Video zum Song „Barrels of Whiskey“ hat bereits mehr als zehn Millionen Aufrufe. Vor den Videos läuft ein Werbespot, der der Band pro Klick bis zu 0,2 Cent einbringt. „Wir wären dumm, wenn wir darauf verzichten würden“, sagt Wüstenberg. Noch kann sich die Band nicht allein finanzieren, alle Bandmitglieder haben noch einen anderen Job.

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