EN-Kreis. . Wie grün ist eigentlich der Ennepe-Ruhr-Kreis? Diese weitere Fragen zur Raumplanung klärt die erste Folge der Serie „In ZahlEN“.
Interview mit Professor Klaus Zehner von der Uni Köln über die Arbeitsweise von Stadtentwicklern.
Was macht eine zielgerichtete Raumplanung aus?
Klaus Zehner: Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie sich an Leitbildern orientiert. Es ist wichtig, ein Ziel zu haben: Wie soll die Stadt in 15 oder 20 Jahren aussehen? Die Raumplanung muss ja in baulichen Maßnahmen umgesetzt werden. Das dauert erfahrungsgemäß mehrere Jahre, mitunter sogar Jahrzehnte. Man braucht eine Idee, die Planung macht man nicht einfach so.
Wie unterscheidet sich heutige Raumplanung von der aus den Sechziger Jahren?
In den Sechziger Jahren war das Leitbild die autogerechte Stadt. Dem hat sich alles untergeordnet: die Straßenführung und das Angebot der Parkmöglichkeiten. Heutzutage spricht man von der Stadt der kurzen Wege. In Innenstadtquartieren sind Wohnung und Arbeitsplatz nah bei einander gelegen.
Wie funktioniert Stadtentwicklung eigentlich?
Stadtplanung ist heute immer ein Miteinander von privaten und öffentlichen Akteuren. Früher haben Kommunen einen groben Rahmen für die Entwicklung vorgegeben und dann gebetet, dass es Investoren gibt, die das ausfüllen können. Inzwischen wird die Stadtentwicklung gemeinsam mit privaten Investoren umgesetzt. Sobald die Planungen fortgeschritten sind, wird der Bebauungsplan öffentlich gemacht. Anwohner und Interessensvertreter können dann ihre Kritik anbringen. Sofern es Mängel gibt, müssen diese beseitigt werden.
Welche Hürden können bei der Stadtentwicklung auftreten?
Es gibt drei verschieden Punkte, an denen es scheitern kann: Dem Zeitrahmen, dem Finanzrahmen und wenn die Folgen nicht richtig eingeschätzt wurden. Das kann zum Beispiel heißen, dass bei einem neu erschlossenen Projekt nicht bedacht wurde, dass dadurch neuer Verkehr entsteht.
Welche Fehler können passieren?
Bei einer ungünstigen Planung kann es zu Unverträglichkeiten kommen, wenn die Flächennutzung nicht abgestimmt wird. Ein Beispiel ist Lärm. In Köln wurde ein kleines Fußballstadion gebaut, aber die Anwohner haben sich über den Lärm beklagt.
Gibt es so etwas wie Mindeststandards für Grünflächen in einer Stadt?
Nein, das ist der Kommune freigestellt. Da ist die Ausgangssituation auch für jede Stadt anders, so dass prozentuale Vorgaben keinen Sinn ergeben würden.
Wie ist es, wenn sich nach einer Wahl die Verhältnisse im Rathaus ändern?
Wenn solche langfristigen Maßnahmen erst ergriffen sind, werden sie in der Regel nicht mehr gestoppt. Gleichwohl können bei einem Machtwechsel andere Ziele in den Fokus rücken.
Wie hat sich die Bedeutung der Innenstädte entwickelt?
Die Innenstädte sind erstaunlich stabil und sollten auch weiterhin erhalten bleiben. Sie sind der wichtigste Teil der Stadt, sind Orte der Kommunikation und der Identifikation der Bürger. Gleichzeitig floriert der Handel in den Innenstädten – gerade zur Weihnachtszeit sind Innenstädte extrem stark frequentiert. Den neuen Wert sieht man auch am Verhalten von Lebensmittelgeschäften wie Aldi. Haben diese früher eher außerhalb auf der grünen Wiese gebaut, zieht es sie jetzt wieder in die Zentren.
Wie gehen Raumplaner generell vor?
Das Planungssystem ist in Deutschland von oben nach unten organisiert. Oben steht der Regionalplan, dann kommt der Flächennutzungsplan und dann der detailliertere Bebauungsplan. Jeder Plan muss sich in den nächst höheren eingliedern. Im Bebauungsplan ist festgelegt, wie hoch Gebäude sein dürfen und wie weit sie auseinander stehen müssen. Mit diesen Vorgaben können sich auch Architekten in städtebaulichen Wettbewerben um den Zuschlag bemühen.
>>> Zur Person
Prof. Dr. Klaus Zehner ist Honorarprofessor an der Universität Köln. Sein Fachgebiet ist die Anthropogeographie, also das Verhältnis vom Menschen zu seiner geografischen Umwelt.
Zehners fachliche Interessen liegen im Bereich der geografischen Stadtforschung mit Bezügen zur Wirtschaftsgeografie.
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