Ennepetal/Gevelsberg/Schwelm. . Das kriselnde Verkehrsunternehmen muss weitere 1,245 Millionen Euro kompensieren. Neue Schulanfänge in Gevelsberg, Wetter und Sprockhövel.

Die Hiobsbotschaften reißen bei der VER nicht ab. Nur weil der VRR auch noch alle Hühneraugen zugedrückt hat, ist die maximale Zuschussgrenze für Steuergelder bei den Verkehrsbetrieben nicht erneut gerissen worden. Denn: Anstatt – wie vom Kreistag gefordert – den Zuschussbedarf des Ennepe-Ruhr-Kreises zu senken, steigt dieser weiter an.

Schülerverkehre

Die Schülerverkehre sind ein ganz heißes Thema. Durch geänderte Anfangszeiten der Schulen und besser koordinierte Fahrpläne kann die VER Busse und Personal einsparen. Den Anfang macht zum zweiten Schulhalbjahr das Berufskolleg in Ennepetal, das fortan bereits um 7.30 Uhr mit dem Unterricht startet. Die Busse sind so getaktet, als wäre bereits um 7.15 Uhr Beginn. „Dadurch können wir vier Wagen sparen“, sagt VER-Geschäftsführer Peter Bökenkötter.

VER dient als mahnendes Beispiel

Peter Bökenkötter muss sich ein wenig vorkommen wie Don Quichotte bei seinem Kampf gegen die Windmühlen. Immer, wenn er es geschafft hat, ein Loch zu stopfen und ein Problem aus der Welt zu schaffen, tauchen plötzlich zwei neue auf. Das hat Gründe, die er nicht zu verantworten hat, weil sie in der Vergangenheit liegen. Vereinbarungen und Verträge sind Jahre und Jahrzehnte lang nicht ernsthaft hinterfragt worden, das Vertriebssystem ist rückständig, der Fuhrpark muss dringend verschlankt werden. Diese und viele Baustellen müssen Geschäftsführer und das Gesamtunternehmen parallel bearbeiten. Dass diese Situation überhaupt derart prekär ist und noch lange nicht gesichert ist, dass der ÖPNV im Ennepe-Ruhr-Kreis langfristig in kommunaler Hand bleibt, sollte als mahnendes Beispiel dienen, vor negativen Entwicklungen nicht die Augen zu verschließen.

Zum Schuljahr 2019/2020, das im Sommer beginnt, steht der komplette Bereich Gevelsberg, Wetter und Sprockhövel auf der Agenda. „Das wird ungleich schwieriger“, sagt Bökenkötter, und Aufsichtsratsvorsitzender Daniel Pilz geht davon aus, dass auch hier die zahlreichen Schulen nicht alle damit einverstanden sind, zu anderen Zeiten zu beginnen.

Zuschuss des EN-Kreises

Das Damoklesschwert, dass der ÖPNV ausgeschrieben werden muss und dann von Privatanbietern betrieben werden könnte, schwebt weiter über der VER-Zentrale am Wuppermannshof. Nur dem guten Willen des VRR ist es zu verdanken, dass die Finanzierung als EU-konform gilt. Denn der Zuschussbedarf ist deutlich höher als geplant. Anstatt ihn von etwa 2,30 Euro pro Kilometer auf die von der Politik geforderten zwei Euro abzusenken, marschiert er zügig in Richtung drei Euro – „und dass, obwohl wir schon zahlreiche Maßnahmen umgesetzt haben“, so Bökenkötter.

845.000 Euro zusätzliche Pensionsrückstellungen durch neue Richttafeln und 400.000 Euro weniger Schwerbehindertenzuschlag von der Arnsberger Bezirksregierung bedeuten zwei unerwartete Schläge ins Kontor. Gegen den Entscheid der Bezirksregierung, der sich darauf gründet, die VER-Kontrolleure hätten ihre Arbeit nicht korrekt erledigt, ist bereits Widerspruch eingelegt, zu den Erfolgschancen, kann jedoch niemand etwas Genaues sagen.

Erträge

). Aufischtsratsvorsitzender Daniel Pilz (links) und Geschäftsführer Peter Bökenkötter legen die Zahlen vor und zeigen Perspektiven auf.
). Aufischtsratsvorsitzender Daniel Pilz (links) und Geschäftsführer Peter Bökenkötter legen die Zahlen vor und zeigen Perspektiven auf. © Stefan Scherer

Bei den Fahrpreisen sind der VER die Hände gebunden, die setzt der VRR fest. Allerdings will die VER im kommenden Jahr massiv den Vertrieb und das Marketing ausbauen. So mache ein Kundencenter am Wuppermannshof in Ennepetal überhaupt keinen Sinn. „Hier kommt niemand zu Fuß vorbei. Wir werden es auflösen und wollen in Gevelsberg eines eröffnen“, sagt Daniel Pilz. Zudem soll eine topmoderne App für zeitgemäßen Ticketabsatz sorgen. „Wir müssen unbedingt unsere Marktpräsenz verstärken“, sagt Peter Bökenkötter.

Prognose

„Wenn ich voraussagen könnte, was passiert, würde ich Lotto spielen. Wir tun alles dafür, die VER zu erhalten“, sagt der Geschäftsführer mit Blick auf die Zukunft. Auch Aufsichtsratsvorsitzender Daniel Pilz wird nicht wesentlich konkreter: „Die Finanzierung muss sehr zeitig und sozial-verträglich gesichert sein.“

INFOBOX

Ein sehr großes Problem für die Wirtschaftlichkeit der VER war die extrem hohe Krankenquote, die im Jahr 2017 bei mehr als 20 Prozent lag.

Im vergangenen Jahr ist es gelungen, diese Quote auf etwa die Hälfte zu senken. „Dabei entsprechen ein Prozent etwa 165.000 Euro auf das Jahr gesehen für Überstunden und Fremdvergabe“, rechnet Bökenkötter die Bedeutung vor.

Nun wird mit jedem der aus dem Krankenstand zurückkehrt, ein Gespräch geführt. Wer blau macht, hat nun Konsequenzen zu tragen. „In einem Fall hat es diese auch gegeben“, sagt Peter Bökenkötter.