Gevelsberg. . Anrufer geben sich als Microsoft-Mitarbeiter aus und erschleichen sich Zugang auf den PC einer Rentnerin.
In der digitalen Welt schaut der Betrüger nicht mehr persönlich vorbei. Er schleicht sich in den Computer rein und schlägt dann still und heimlich zu. Besonders heimtückisch ist die Masche, wenn es das Opfer selbst ist, das den Täter im guten Glauben in den PC reinlässt und dabei noch zuschaut, wie der sein Unwesen auf der Festplatte treibt. So geschehen einer Gevelsbergerin, die ihren Fall nun öffentlich macht, um andere davor zu warnen, was sie selbst nie für möglich hielt.
50 Euro per Kreditkarte überwiesen
Mittwoch vergangener Woche. Das Telefon klingelt. Sigrid W. (Name der Redaktion bekannt) kennt schon die Nummer. Mehrfach wurde sie in den vergangenen Tagen angerufen. Die Person am anderen Ende der Leitung sprach immer englisch. Sie kann kein Englisch. Diesmal aber ist ihre Freundin im Haus. Sie spricht englisch. Also greift die Rentnerin zum Hörer und reicht ihn an ihre Freundin weiter, die übersetzt.
„Die Person hat gesagt, sie sei von Microsoft aus Amerika und dass das Unternehmen darüber informiert worden sei, dass ich mir immer Viren runterlade, wenn ich meinen Computer anschalte“, erinnert sich Sigrid W. an den Inhalt des Gespräches. Und auch daran, dass angeblich nur Microsoft in Amerika das Problem lösen könne. Man rate ihr dringend, gibt die Freundin ihr den Wortlaut wieder, das Problem ganz schnell zu lösen.
Wenn sie wolle, ließ die freundliche Stimme am anderen Ende der Leitung außerdem wissen, könne ein Spezialist das aus der Ferne für sie erledigen. Sie müsse ihn dafür nur auf ihren Rechner lassen – und natürlich vorher bezahlen. Wie das geht und auf welches Konto die 50 Euro zu überweisen sind, wies die Unbekannte am Telefon den beiden Frauen in Gevelsberg Schritt für Schritt an.
Nach wenigen Klicks bewegte sich nicht nur der Cursor auf dem Bildschirm von Sigrid W. wie ferngesteuert, sondern war auch die Überweisung per Kreditkarte auf den Weg gebracht. Die Rentnerin nutzt ihren Computer eigentlich nur zum Briefeschreiben. Aber Microsoft ist ihr natürlich ein Begriff. „Da habe ich mir erstmal nichts gedacht.“ Zwei Stunden schauen die Freundinnen zu, wie sich der Cursor auf dem Bildschirm hin und her bewegt. Am Schluss erscheint eine Meldung: Mehr als 11 000 Fehler habe der Spezialist gefunden – und auch beseitigt. Alles gut, denken sich die Freundinnen und gehen essen.
Irgendwas dämmert den Beiden beim Essen. Irgendwie kommt ihnen die Geschichte auf einmal komisch vor. Zuhause angekommen gehen die beiden an den Rechner und googeln die Nummer von Microsoft Deutschland.
Siegrid W. greift zum Hörer und erfährt von einer Mitarbeiterin, dass das Unternehmen niemals Privatkunden wegen eines Virenhinweises anrufen würde. Jetzt wird ihr klar: Sie ist Opfer eines Computer-Betrügers geworden. Die Rentnerin ruft sofort ihre Kreditinstitut an und lässt ihre Karte sperren.
Siegrid W. kann die Überweisung zum Glück rückgängig machen. Unbeschadet kommt sie dennoch nicht weg. Sie bleibt auf Kosten hängen, die anfallen, weil sie ihren PC in einem heimischen Computer-Fachgeschäft auf Sicherheitslücken und Schadsoftware checken lässt.
Die Rentnerin ist fassungslos, hält nicht für möglich, was ihr passiert ist. Doch es ist wahr. „Wir sind immer so vorsichtig und lassen niemanden in die Wohnung rein. Aber beim PC haben wir den Betrügern selbst die Tür geöffnet.“ Es ist ihr ein persönliches Anliegen, andere davor zu warnen, was ihr selbst widerfahren ist. „Die Leute sollten wissen, dass Firmen wie Microsoft niemals bei einem anrufen.“