Gevelsberg. . Wie ist es, Blut für andere zu spenden? Redakteurin Carmen Thomaschewski hat es ausprobiert – und es sich ganz anders vorgestellt.

Ich schäme mich. Weil ich weiß, wie wichtig Blutspenden ist, und es bisher noch nie getan habe. Angst vor der Nadel, Unwissenheit darüber, ob ich überhaupt in Frage komme, ungünstige Termine, Bequemlichkeit. Alles Ausreden. Mein Gewissen und ich haben uns damit bisher gut arrangiert. Bis zu dem Moment, in dem das Blut eines anderen Menschen das Leben meiner Mutter rettete. Jetzt stehe ich im Gemeindezentrum Liebfrauen und drücke dem ehrenamtlichen Leiter der Blutspende in Gevelsberg, Friedhelm Erlenhofer, meinen Personalausweis in die Hand.

An diesem Tag werden 87 regelmäßige Blutspender je einen halben Liter ihres Lebenssaftes hergeben. „Mit einer Spende hilft man drei Menschen“, sagt mir Eleonore Gottschling später, als sie bei mir die Nadel ansetzt. Seit zwölf Jahren ist sie im Dienst des Blutspendedienstes Hagen des Deutschen Roten Kreuzes. Wie oft die Rettungssanitäterin bereits Blut abgenommen hat? Keine Ahnung, vielleicht 4000 bis 5000 Mal im Jahr? Zumindest habe das mal jemand ausgerechnet.

Vier Menschen spenden zum ersten Mal Blut

Für vier Menschen ist es am vergangenen Donnerstag das erste Mal. „Lieber spät als nie“, sagt Marianna Wagner. Sie sitzt neben Friedhelm Erlenhofer und überreicht mir als Erstspender einige Papiere. Einen Fragebogen, eine Einverständniserklärung, und noch einiges andere. Als Thomas Biermann noch den Ortsverein Gevelsberg leitete, habe er einige ehemalige Sparkassen-Mitarbeiter gefragt, ob sie nicht mithelfen wollen.Vor fünf Jahren ging Marianne Wagner in den Ruhestand, zu dieser Zeit heuerte sie als Ehrenamtliche an. 14 freiwillige Helfer sind heute im Einsatz, in zwei Schichten, dazu sechs Mitarbeiter des Blutspendedienstes.

Mit dem Fragebogen in der Hand gehe ich zu einer der beiden Ärztinnen, die das Vorgespräch führen. 160 zu 90, „Sind Sie aufgeregt?“, fragt die Frau aus Ennepetal, als sie die Blutdruckmanschette abnimmt. Allerdings. Wie gesagt, zu Nadeln habe ich seit meiner Kindheit ein gestörtes Verhältnis. Außerdem bin ich unsicher, ob ich überhaupt als Spender geeignet bin. Bei 180 zu 100 hätte ich übrigens nicht gedurft.

Krankheiten und Auslandsaufenthalte können Blutspende ausschließen

„Es gibt sehr viel, was eine Blutspende ausschließt“, erklärt die Ärztin. Herzinfarkte, Schlaganfälle, Schwangerschaften, Stillzeiten, Auslandsaufenthalte in Malariagebieten, bestimmte Medikamente. Absolute Gewissheit, ob das Blut geeignet ist, wird die Laboruntersuchung am Morgen nach dem Blutspendetermin bringen. Und erst dann wird der Blutbeutel zur weiteren Verwendung frei gegeben. Etwa 800 Anfragen gehen pro Tag an den Blutspendedienst.

DRK Blutspende in Gevelsberg

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    Die Vollblutspende, so die offizielle Bezeichnung, wird übrigens aufgespalten: In Erythrozyten, Thrombozyten und Plasma (siehe Infobox). Aus einer Spende werden drei. Geliefert wird nur auf Bestellung. Und für mich gibt es erst einmal eine Cola, die muss jeder trinken. Danach geht es zu Angelika Reinschke. Sie misst meinen HB-Wert. 16,2. Bei 16,5 hätte sie mich nach Hause geschickt. Stattdessen geht es nun weiter auf die Pritsche.

    Nach sechseinhalb Minuten ist alles vorbei

    6 Minuten und 30 Sekunden später sind die Röllchen und der Blutsack gefüllt. 4 Minuten 30 sind es bei Marlies Winterhoff. „Ich hab es auch schon unter vier Minuten geschafft“, sagt sie und lacht. Sie hat gute Venen, ist zum 56. Mal dabei und ist schon wieder auf den Beinen, während meine in die Höhe zeigen. „Der Puls ist ganz schön wild“, sagt Eleonore Gottschling. Mir ist flau im Magen und schwindelig. Ein Kommen und Gehen im „Spritzenraum“. Während ich darauf warten muss, dass es mir wieder besser geht, bekomme ich den nächsten Liegen-Nachbarn. Andreas Piepenbrink, auch ein Spätberufener, so wie ich. Bei ihm war es ein Motorradunfall, der ihm deutlich vor Augen führte, wie wichtig Blutspenden ist. Das war vor vier Jahren, heute ist er das 11. Mal da. Männer dürfen sechs Mal pro Jahr spenden, Frauen vier Mal. Mitgebracht hat er Vereinskollegen vom Tauchverein TSV Deep.

    Ich schaue Waldemar Ogorek vom Blutspendedienst zu, wie er die Konserven mit einem Strichcode beklebt, sorgfältig die Utensilien für jede einzelne Blutabnahme zusammenstellt. „Ich bin hier der Beutellaborant“, sagt er. Es ist eine besondere Atmosphäre im Keller der Liebfrauen-Gemeinde. Man ist schnell im Gespräch, es wird viel gelacht.

    Insgesamt gibt es zwölf Blutspendetermine im Jahr in Gevelsberg: im Gemeindezentrum Liebfrauen, im Zentrum für Kirche und Kultur und im Bürgerhaus Alte Johanneskirche. 700 Menschen aus Gevelsberg werden pro Termin angeschrieben, im Schnitt kommen etwa 100.

    Urkunde für 75 Blutspenden

    Ilona Pollok ist schon mehr als 75 Mal dabei. Ihre Urkunde hat sie heute bekommen und ein Schmuckstück mit einem blutroten Stein, als Dankeschön. „Wenn ich mit meinem Blut helfen kann, dann spende ich das doch gerne“, sagt sie, gefreut hat sie sich über die kleine Anerkennung trotzdem. Jetzt gab es für alle einen Tintenfüller.

    Als ich einen Raum weiter zum Büffet gehe, treffe ich Marlies Winterhoff wieder, die Frau mit der schnellen Vene. Mettbrötchen, Lachs, Fleischsalat: Lecker. Nur den Kaffee darf ich nicht trinken. Heiße Getränke weiten die Venen, mein Kreislauf muss wieder behutsam in Schwung kommen. Wahnsinn, was die Ehrenamtlichen auf die Tische gezaubert haben.

    Es sind übrigens ausschließlich Damen, die den Gevelsberger Ortsverein während eines Blutspendetermins, unterstützen. Es gibt keinen einzigen Blutspendedienst, bei dem es so wenig Männer gibt, heißt es von der Pressestelle des DRK. Friedhelm Erlenhofer ist der einzige. Eleonore Gottschling schaut noch einmal nach mir. Es ist alles wieder gut und da gerade wenig los ist, hat sie Zeit zu erzählen. Zum Beispiel von dem bemerkenswerten Mann aus Siegen, der 275 Mal Blut gespendet hat, von dem Job, der für sie Berufung ist. Am 15. November wird das Team wieder bei der Liebfrauengemeinde im Einsatz sein. Zwischen zwei Spenden müssen 56 Tage liegen. Für mich gibt es keine Ausrede mehr. Und die Nadel war gar nicht schlimm.