Gevelsberg. . Autor Niklas Frank liest in der überfüllten VHS-Cafeteria in Gevelsberg aus seinem bewegenden Buch über die Menschen hinter den Nazis.
Sogar die Tür zur Mittelstraße musste die Volkshochschule öffnen, um dem Zuschauerandrang gerecht zu werden. Der Grund: der renommierte Autor Niklas Frank war für eine Lesung aus seinem Buch „Dunkle Seele, feiges Maul“ angereist. In jahrelangen Recherchen beschäftigte er sich mit dem Zweiten Weltkrieg und der Zeit danach – jedoch in einer ganz besonderen Art und Weise.
Bereits seit Jahresanfang 2015
Das Programm „Demokratie leben“ ist ein Programm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Das Programm läuft bereits seit Jahresanfang 2015 unter anderem in Gevelsberg.
Alleine 2017 betrug die Fördersumme 104,5 Millionen Euro.
Gleich zu Beginn der Veranstaltung durfte Bürgermeister Claus Jacobi die erste Gevelsberger Demokratiekonferenz im Rahmen der 10. Aktionswoche für Zivilcourage und gegen rechte Gewalt eröffnen. Das Bundesprogramm „Demokratie leben“ spielt hierbei eine entscheidende finanzielle Rolle. Das hohe Engagement, das auch durch die über 100 Projekte von 2015 bis 2017 bewiesen wurde, sei ein „Zeichen für gelebte Demokratie in Gevelsberg“.
Dank an die Volkshochschule
Der Bürgermeister dankte insbesondere der Volkshochschule: „Ohne die Arbeit der VHS wäre ,Demokratie leben’ nicht das geworden, was es ist“. Demokratie lebe vom mitmachen, so der Bürgermeister – 25 000 Euro aus dem Förderprogramm stünden momentan noch zur Verfügung.
Der Autor und ehemalige Journalist Niklas Frank sei ein großer Name in der Kriegs- und Nachkriegsforschung, leitete Claus Jacobi den Vortrag ein. Der Vater des Referenten, Hans Frank, war von 1939 bis 1945 der Generalgouverneur von Polen unter Hitler gewesen. Kurz nach dem Krieg sei er zum Tode verurteilt und gehängt worden. Niklas Frank, der als Journalist für den Stern gearbeitet hatte, habe sich in den letzten Jahren intensiv mit der Geschichte auseinandergesetzt.
Die Menschen im Hintergrund
In seinem Buch schreibt er jedoch nicht vordergründig über die bekannten Namen des nationalsozialistischen Regimes, sondern nimmt die Menschen im Hintergrund in den Blick. Seine Recherchen ergaben verblüffende Geschichten, die unweigerlich ein bitteres Lachen hervorrufen mussten. So versuchten Nationalsozialisten nach dem Krieg Milderungen zu bewirken, indem sie angaben, den Hakenkreuzwimpel bei Auslandsreisen entfernt zu haben.
Der Autor kommentierte die Beispiele nur selten und machte zusammenfassend trotzdem deutlich, dass man „auch in einer Diktatur als Mensch handeln kann“ – auch wenn viele das nicht taten.
Gebliebener Antisemitismus
„Die Entnazifizierung ist danebengegangen“. Niklas Frank ist noch immer erschrocken darüber, wie viele Menschen noch immer rassistisches und antisemitisches Gedankengut in sich tragen. „Der Antisemitismus ist nicht ganz weggegangen“, bekräftigte der Autor. Begründet sei das unter anderem dadurch, dass nun schon „die zweite Generation eine Sperre errichtet“ hätte und nicht über die Vergangenheit sprechen wolle. Dabei helfe nur, die Schuld des Kollektivs anzuerkennen und zu akzeptieren, dass auch die heutigen Nachfahren, trotz Unschuld, „beteiligt sind“.
In der an den Vortrag anschließenden Diskussion kamen auch familiäre Hintergründe des Referenten zutage. So hatte seine Frau eine erschreckende Krebsdiagnose erhalten, ihr gehe es mittlerweile aber wieder besser. In berührender Art und Weise führte Frank den Gästen vor Augen, dass die Opfer des NS-Regimes nie hätten an Krebs erkranken können – selbst diese Möglichkeit hatte man ihnen durch die zahlreichen Morde genommen.