Schwelm. . Das Schwelmer Leo-Theater sucht erneut Verstärkung über ein Casting. Marc neumeister hat vielversprechende Talente gesichtet.

„Die will nur spielen“ sagte Ulrike Seuthe (46) aus Wetter über sich und freute sich auf das Casting im Leo Theater. Seit dem die Leos in Schwelm im Ibach-Haus sind, sei die Schlagzahl sehr hoch und man benötige Verstärkung. So entschieden sich der Theaterleiter Andreas Winkelsträter und der Künstlerische Leiter Marc Neumeister zu einem Casting am Sonntagnachmittag in entspannter Atmosphäre.

Neumeister: „In den meisten Theaterstücken sind die Frauen unterrepräsentiert, aber beim heutigen Casting sieht es genau umgekehrt aus.“ Im Foyer des Theaters saßen vier Frauen, ein Mann und büffelten ihre Texte. Jeder hatte einen Monolog und einen Dialog aus bekannten Theaterstücken des Leos („Der Vorname“, „Aufguss“, „Trennung für Feiglinge“, „Fremde Verwandte“) vor sich. Selbstverständlich müsse der Text in der Vorbereitungszeit nicht auswendig gelernt werden – es sei denn, man wolle ihn beeindrucken, scherzte Neumeister. Vielmehr ginge es darum, unterschiedliche Emotionen darstellen zu können.

Eine gute Ablenkung

Da staunte er aber nicht schlecht als Ulrike Seuthe die Bühne betrat und ihr Textblatt beim Spielen achtlos in der gesenkten Hand hielt. Sie war nach der kurzen Zeit bereits textsicher. Seuthe war, wie die meisten hier, keine Anfängerin. Die beiden Gevelsbergerinnen Nathalie Solmecke (22) und Alina Alfter (18) und sie kannten sich bereits vom Schwelmer Flick Flack Theater. Seuthe und Solmecke hatten dort in dem Musical „Mama Mia“ als Mutter und Tochter gespielt und gesungen. Die begeisterten Schauspielerinnen hatten zudem schon einige Komparsen-Rollen beim Fernsehen übernommen.

Nathalie Solmecke erzählt stolz: „Ich war sogar mal im Münsteraner Tatort eine Garderobenfrau.“ Aber sie sei auch wählerisch bei den Rollen geworden – eine „psychisch durchgeknallte Mutter“ wollte sie nun doch nicht in einer Reality-Soap spielen. Die Studentin liebt das Theater: „Es ist für mich eine tolle Ablenkung. Ich möchte mich in eine Charakterrolle richtig einarbeiten, sie formen, weiterentwickeln und mit dieser jeden Abend auf der Bühne im Theater etwas Neues erleben.“

Mit Bravour las sie den Überraschungstext und bemühte sich bei den Zungenbrechern um die exakte englische Aussprache.

Unterschiedliche Erfahrungen

Für die Gevelsbergerin Ulrike Voß war es hingegen das allererste Casting. „Ich gehe gern ins Leo und habe oft gedacht: Das würde ich auch gerne mal machen.“ Und sie suche „etwas Sinnvolles zum beruflichen Ausgleich: Leute glücklich machen.“ Ihr erster Bühneneindruck: Es wäre ungewohnt gewesen, „das Licht leuchtet einen an.“

Alina Alfter hingegen brachte sogar den „alten Hasen“ André Bornhöft (45) aus dem Leo-Ensemble kurz aus der Fassung. Er übernahm ihren Dialog-Partner, den er schon oft auf der Bühne gespielt hatte. Aber wie sie die von Neumeister geforderter „Chantalle-Version“ („etwas assig, bitte“) umsetzte, ließ ihn doch verstummen.

Der Wuppertaler Uwe Kleibrink (59) sagte von sich: „Ich kann unfallfrei von links nach rechts über die Bühne gehen – ich bin Kabarettist – aber geschauspielert habe ich noch nie so wirklich.“ Aber es habe ihn schon immer gereizt, so nutzte er jetzt die Chance zum Casting. Auch wenn er bereits auf vielen Kleinkunstbühnen gestanden hat, es war nun etwas besonderes. Vollkommen unvorbereitet reichte Neumeister ihm die Bundestagsrede von Loriot – nur zum betonten Vorlesen. Kleibrink später über seine Erfahrung: „Ich war von der Rolle“ Aber wahrscheinlich würde er dieses Erlebnis in seinem nächsten Alltagskabarett-Programm mit verarbeiten.

Nach dem Vorsprechen waren sie sich aber alle einig: Neumeister sei kein Typ wie Dieter Bohlen. Er habe gar nicht kritisiert, aber schon gesagt, was er wolle. Dabei sprach er offen über den immensen Zeiteinsatz und die harte Arbeit. Eine Kandidatin erinnerte sich an ihr schlimmstes Lampenfieber – vollständiger Blackout – erst auf der Bühne wäre der Text wieder gekommen und stellte sich die Frage: „Will ich das nochmal erleben?“

Nächste Woche die Ergebnisse

Neumeister selbst war positiv überrascht: „Jeder hatte etwas Eigenes. Man kann mit jedem arbeiten.“ Krasse Veränderungen (denselben Text einmal in traurig und dann in lachend) fallen den meisten leicht, aber hier beherrschten einige auch feinere Nuancen und haben sich was getraut. So wurde auch auf der Bühne mal laut nach Regieanweisung geweint. Neumeister versprach: „Nächste Woche wird das Telefon klingeln.“ Er wolle jedem persönlich Bescheid geben, wer demnächst zu den Leo’s gehöre.

Marc Neumeister selbst kann man am Donnerstag, 19. April in dem Stück „Trennung für Feiglinge“ wieder bewundern. Beginn ist um 20 Uhr Karten kosten im Vorverkauf 17 Euro an der Abendkasse 20 Euro.