Ennepe-Ruhr. Vor allem Anrufe falscher Polizisten häufen sich im Ennepe-Ruhr-Kreis extrem. 80-jähriger Schwelmer übergibt einem Verbrecher 49.000 Euro in bar.

Die Verbrecher sind bestens geschult. Und auch wenn viele meinen, sie würden auf diese Betrugsmaschen nicht hereinfallen, schrillen bei der Kreispolizeibehörde aktuell sämtliche Alarmglocken, wenn es um Trickbetrüger in ihrem Verantwortungsbereich geht. Denn bereits jetzt haben diese von arglosen Menschen während der ersten eineinhalb Monate des aktuellen Jahres mehr Geld ergaunert, als im gesamten Jahr 2017. Allein ein 80-jähriger Schwelmer übergab einem falschen Polizeibeamten 49.000 Euro.

Die Trickbetrüger haben es mal wieder vermehrt auf Senioren abgesehen. Besonders beliebt ist derzeit die Masche, sich als falsche Polizeibeamte oder Anwälte auszugeben.

Die Maschen

Auf einmal klingelt das Telefon. Im Display wird dabei oft die Notruf-Nummer 110 – mal mit, mal ohne entsprechende Ortsvorwahl – als Anrufer angezeigt. Häufig haben es Trickbetrüger auf Senioren abgesehen, durchforsten das Telefonbuch nach älter klingenden Namen. Hauptkommissar Jörg Reifenschneider: „Die Betrüger sind gewohnt, solche Gespräche zu führen, die Menschen am anderen Ende der Leitung nicht. Und plötzlich gehen Sie ihnen vielleicht doch auf den Leim.“ Die Täter geben beispielsweise vor, auf ihr späteres Opfer im Zuge von Einbruchsermittlungen gestoßen zu sein. Der Angerufene sei als potenzielles Opfer eines bevorstehenden Einbruchs ausgemacht worden und müsse damit rechnen, dass bald jemand versuchen werde, in seine Wohnung einzudringen.

Dann fragen die falschen Polizeibeamten gezielt nach Bargeld oder anderen Wertgegenständen, die sich im Haushalt befinden, bieten an, Geld und Schmuck sicherzustellen beziehungsweise in Obhut zu nehmen, damit sie nicht in die Hände der Einbrecher fallen. Die Täter drängen auf einen Besuch oder ein Treffen, wollen selbst erscheinen oder einen Boten schicken, um die Wertgegenstände an sich zu nehmen. Dabei sind sie extrem fordernd, überzeugend und machen sich die Angst vor einem Einbruch schamlos zu Nutze.

Auch der Enkeltrick – obwohl seit vielen Jahren bekannt – ist immer wieder erfolgreich. Die Telefongespräche beginnen meist mit der Frage: „Rate mal, wer hier ist“, um den Bürgern Informationen zu entlocken. Ein angeblicher Freund soll dann zur Abholung des Geldes geschickt werden.

Die Fälle

Immer wieder entstehen so große Schäden. Allein in den ersten sechs Wochen des Jahres ereigneten sich im Ennepe-Ruhr-Kreis (außer Witten) 34 Fälle. Im vergangenen Jahr wurden 43 Fälle im Kreis gemeldet.

Besonders hart traf es einen 80-jährigen Schwelmer, der am 26. Januar auf einen falschen Polizisten hereingefallen war, ihn in seine Wohnung ließ und ihm 49 000 Euro in bar übergab, die er zu Hause aufbewahrt hatte. In Hattingen verschwand ein ebenfalls falscher Polizeibeamter mit 14 000 Euro. Im vergangenen Jahr zahlten gutgläubige Menschen in Hattingen 23 000 und 8000 Euro an Betrüger. Kürzlich konnte ein älterer Herr nur vor Schaden bewahrt werden, weil der Mitarbeiter der Sparkasse, wo der Mann 46 000 Euro abheben wollte, nachgefragt und den Betrug entlarvt hat, berichtet Reifenschneider.

„Die Täter halten ganz gezielt Ausschau nach älteren Menschen, die manchmal Bedenken haben, ihr Geld zur Bank zu bringen und so noch leichtere Opfer werden“, sagt Sonja Wever, Pressesprecherin der Kreispolizeibehörde. So sei kein Risiko gegeben, in der Bank gefilmt zu werden.

Die Täter

„Das sind top-organisierte Banden“, sagt Sonja Wever. Die Anrufzentren befinden sich zumeist im Ausland, über technische Tricks, sei es ohne großen Aufwand möglich, die falschen Nummern beim Anruf mitzusenden. Und die Anrufer selbst dürften ebenfalls nicht unterschätzt werden. „Die Täter werden in Kursen darauf vorbereitet, so überzeugend wie möglich zu sein. Das sind absolute Profis“, warnt Sonja Wever davor, wie gut geschult die Verbrecher zu Werke gehen.

Der Schutz

Hauptkommissar Jörg Reifenschneider betont: „Die Polizei wird Sie niemals von der 110 aus anrufen. Das gibt es nicht.“ Sein dringender Appell – falls der Angerufene doch zum Hörer greift – lautet deshalb: „Legen Sie sofort auf. Lassen Sie sich nicht auf Diskussionen ein.“ Wenn möglich, sollten die Angerufenen die angezeigte Telefonnummer notieren und in jedem Fall sofort über die 110 die Polizei verständigen.

Sollte das nicht geschehen, und man unterhält sich mit den Tätern, macht Reifenschneider deutlich, dass die Polizei keine Gelder sicherstellt, um diese vor möglichem Diebstahl zu schützen. Mit Blick auf den Enkeltrick sagt er: „Leisten Sie keine Zahlungen an Leute, die Sie nicht kennen. Wollen Sie einem Angehörigen etwas Gutes tun, dann Auge in Auge.“