Schwelm. . Stadt rechnet mit 22 Mio. Euro. Sorge bereitet die Finanzierung der Kosten für Asyl. Land zahlt nach nicht mehr für geduldete Flüchtlinge
Die Gewerbesteuer sprudelt selten wie zuvor. Bis zum Jahresende werden wohl 22 Millionen Euro in der Stadtkasse zu erwarten sein. Kämmerin Marion Mollenkott geht in ihrer Prognose von einem Haushaltsplus von 675 673 Euro aus. Dies bedeutet eine Verbesserung gegenüber der ursprünglichen Planung in Höhe von 325 118 Euro. Und das Plus könnte noch rund 2 Millionen Euro höher ausfallen, wenn die Kosten für die Asylbewerber, die Schwelm vom Land zugewiesen bekommt, vom Land auch übernommen würden.
Qualifizierte Prognose unmöglich
Der Teufel steckt bei diesem Thema im Detail. Für jeden Asylbewerber in Schwelm überweist das Land 876 Euro pro Monat an die Stadtkasse. Doch zum 1. Januar 2017 hat die Landesregierung den Abrechnungsmodus modifiziert mit der Folge, dass die Kommunen für geduldete Flüchtlinge nur noch für die Dauer von drei Monaten die Kosten erstattet bekommen. „35 Prozent der Flüchtlinge in Schwelm sind geduldet. Auch bei den Krankenkosten sind wir in diesem Fall die Vollzahler“, sagte Ralf Schweinsberg vor dem Finanzausschuss.
Der Beigeordnete berichtete von einem geduldeten Flüchtling, der sich zurzeit in medizinischer Behandlung befinde, und dass das Land die Kosten dafür an Schwelm durchreiche. „Das sind alleine 35 000 Euro.“ Das erschwere Prognosen. „Im Moment sehen wir uns außerstande, qualifizierte Kostenaussagen für 2018 zu geben“, so Ralf Schweinsberg in Richtung der Kommunalpolitik.
Finanzausschussvorsitzender Thorsten Kirschner (SPD) sprach von einer „strukturellen Unterfinanzierung“. Der Asylbereich sei eine Landes-/ bzw. Bundesaufgabe. Kommunen hätten zur Refinanzierung der Kosten nur die Möglichkeit, an den Stellschrauben für die Gewerbe- und Grundsteuer zu drehen. Das Thema bietet sozialen Sprengstoff. Thorsten Kirschner zeigte sich besorgt über mögliche „Rattenfänger“, die das Thema Asyl für ihre Zwecke missbrauchen könnten „Das ist ein Spiel mit dem Feuer, wenn es bei der strukturellen Unterfinanzierung bleiben wird.“
„Geduldete zu finanzieren ist eine staatliche Aufgabe, keine kommunale“, sah Heinz-Jürgen Lenz (CDU) Regelungsbedarf. Er schlug vor, das Thema Abschiebung mit dem EN-Kreis und dem Landrat zu klären. Das Thema sei beim Treffen der Hauptverwaltungsbeamten des Kreises bereits diskutiert worden, berichtete Bürgermeisterin Gabriele Grollmann. „Da bin ich nicht alleine unterwegs.“ Spätestens nach der Bundestagswahl im September werde das Thema wieder auf den Tisch kommen.
Abschiebungen prüfen
„Mehr als 22 Millionen Euro Gewerbesteuer sind wirklich erstaunlich. Hätten wir nicht die enormen, unerwarteten Zuwächse, hätten wir ein ganz anderes Problem“, stellte Michael Schwunk (FDP) fest und sprach sich ebenfalls für eine Finanzierung durch das Land und vermehrte Abschiebungen aus. Das Gewerbesteuer-Füllhorn führte auch bei Jürgen Kranz (SWG/BfS) zu keinen Jubelsturm: „Das Gewerbesteueraufkommen kann auch in eine andere Richtung gehen.“ Quer durch alle Fraktionen waren sich die Politiker in Schwelm einig, auch bei der neuen, schwarz-gelben Landesregierung in Nordrhein-Westfalen Druck zu machen, damit die Kosten für Asylbewerber nicht bei den Kommunen hängen bleiben.
Im neuesten Controllingbericht, den Kämmerin Marion Mollenkott dem Finanzausschuss vorgelegt hatte, war erstmalig das Produkt „Asyl“ in die Betrachtung einbezogen worden.