Gevelsberg. Die Stadt Gevelsberg will für Radfahrer deutlich attraktiver werden und will den Radweg von Wetter aus unbedingt durch die Tunnel führen.

  • Silscheder Tunnel soll eingebunden werden, um extreme Steigungen zu vermeiden
  • Schützenswerter Hangschluchtwald stellt Planer vor große Probleme
  • Nun soll eine weltweit einzigartige Lösung erfunden werden

Die Radwegplanung von der Wetteraner Stadtgrenze durch Silschede auf die alte Bahntrasse, die weiter über das Viadukt bis zum Westbahnhof führen soll, sorgt für mächtig Diskussionen wegen der extremen Steigungen über die der Landesbetrieb Straßenbau die Radfahrer schicken will. Nun deutet sich eine Lösung an. Bürgermeister Claus Jacobi lässt sich noch nicht in die Karten blicken, bevor nicht die Politik informiert ist, verrät aber so viel: „Wir könnten etwas weltweit Einmaliges bekommen.“

Beschwerden im Stadtrat

Zuletzt redete sich von der Zuschauertribüne im Ratssaal der Stadt der Asbecker Heinrich Briel direkt ins Herz des Bürgermeisters. Er forderte vor dem Rat der Stadt die Öffnung des Silscheder Tunnels für Radfahrer, wies auf die in dieser Zeitung veröffentliche Radwegeplanung hin und sagte: „Da sind gleich zweimal 16 Prozent Steigung drin. Für Kinder ist das lebensgefährlich, dort ‘runter zufahren“ Mit der Öffnung des mehr als 800 Meter langen Silscheder Tunnels sei die Radstrecke doch viel familienfreundlicher. Claus Jacobi: „Ich freue mich, solche Stimmen zu hören.“ Er gehe davon aus, mit den Umweltschützern gemeinsam eine Lösung zu finden, um den Tunnel für Radfahrer freigeben zu können.

Claus Jacobi: „Wir müssen Umweltschützer und Radfahrer zusammenbringen und nach einer Lösung suchen. Nach der Sommerpause wird das Thema im Stadtentwicklungsausschuss beraten werden. Ich werde mich dafür einsetzen, den Tunnel zu öffnen.“ Dann sagte Jacobi augenzwinkernd zum Asbecker Heinrich Briel: „Wir werden sicherlich noch gemeinsam durch den Tunnel radeln.“ Heinrich Briel, der engagierte Senior: „Aber nur auf dem Tandem, und ich sitze hinten.“

Klares Ziel: Ab durch den Tunnel

Das Problem: Zwischen dem Silscheder Tunnel und der Stadtgrenze zu Wetter befindet sich ein wegen seines einzigartigen Microklimas besonders schützenswerter Hangschluchtwald. Ihn abzuholzen würde wohl erheblichen Ärger nach sich ziehen. „Aber die Radfahrer auf der Strecke müssen vor Steinschlag oder umfallenden Bäumen geschützt werden“, sagt der zuständige Fachbereichsleiter Björn Remer, der dem Bürgermeister beipflichtet und sagt: „Ziel ist es, die Radfahrer durch die beiden Tunnel mit einer maximalen Steigung von zwei Prozent zu führen.“

Daher hat die Stadt Gevelsberg ein Planungsbüro damit beauftragt, eine Lösung für dieses Problem zu erarbeiten, die es möglich macht, die einzigartige Natur zu erhalten und gleichzeitig den Radweg komplett über die Bahntrasse zu führen. Außerhalb des kritischen Bauabschnitts sollen die Arbeiten so schnell wie möglich beginnen. „Wir werden am Bahnhof West mit einer Rampe in die Trasse einsteigen und uns dann über das Viadukt Richtung Silschede vorarbeiten“, sagt Björn Remer, der davon ausgeht, dann auch eine Lösung für den Hangschluchtwald zu haben.

Von links: Björn Remer, Parlamentarischer Staatssekretär Enak Ferlemann, Bürgermeister Claus Jacobi, ADFC-Bundesvorsitzender Ulrich Syberg und Georg Schäfer bei der Preisverleihung in Berlin
Von links: Björn Remer, Parlamentarischer Staatssekretär Enak Ferlemann, Bürgermeister Claus Jacobi, ADFC-Bundesvorsitzender Ulrich Syberg und Georg Schäfer bei der Preisverleihung in Berlin © : Bundesministerium für Verkehr Berlin

Georg Schäfer, Sprecher des Fachforums Radverkehr, stellt nach der Preisverleihung in Berlin fest: „Es tut sich was für den Radverkehr in Gevelsberg und offensichtlich wird das von den Radfahrern auch wahrgenommen.“

Die Hagener Straße hat in der Haufe und am Vogelsang komfortable Radwege erhalten. „Das Zwischenstück zwischen Drehbank und Breddestraße fehlt leider noch“, sagt Schäfer. Die Fußgängerzone ist für den Radverkehr freigegeben worden, mit der Nelkenstraße darf eine weitere Einbahnstraße in Gegenrichtung benutzt werden, zahlreiche Sackgassen sind mit dem Schild versehen worden, das auf die Durchlässigkeit für Radverkehr und Fußgänger hinweist, der Ennepe-Radweg wird im Abschnitt „Am Werde“ in den kommenden Monaten ausgebaut.

Wichtig ist dabei aus Sicht des Fachforums die langfristige Ausrichtung der Radverkehrspolitik in Gevelsberg. Denn: So erfreulich die Auszeichnung beim ADFC-Fahrradklima-Test 2016 ist, darf nicht übersehen werden, „dass sich Gevelsberg von der Note 4,2 in 2014 auf die Note 3,8 verbessert hat und damit lediglich von ganz unten ins Mittelfeld aufgestiegen ist“, teilt Schäfer mit. Bemängelt werden fehlende Falschparkerkontrolle und fehlender Winterdienst auf Radwegen sowie die mangelnde Werbung fürs Radfahren.

Noch lange nicht am Ziel

Der Platz im Mittelfeld beim ADFC-Fahrradklima-Test 2016 zeige, dass Gevelsberg sicherlich noch keine fahrradfreundliche Stadt sei. Andrerseits dokumentiere die Auszeichnung als Aufsteigerstadt einmal mehr, dass sich Gevelsberg aufgemacht hat, dies zu werden.

„Gevelsberg rückt näher ans Ruhrtal“ ist der Titel einer Radtour des Fachforums Radverkehr der Lokalen Agenda 21, die am Samstag, 10. Juni, zur Erkundung des Radweges zwischen Wengern und Albringhausen, um 13 Uhr vor der VHS in Gevelsberg, Mittelstraße 86-88, startet. Ziel ist die Ruhrbrücke in Witten-Bommern um etwa 15 Uhr. Für die Rückfahrt gibt es mehrere Möglichkeiten: Ruhrabwärts weiter der Themenroute „Von Ruhr zur Ruhr“ folgen, mit dem Zug von Witten Hbf zurückfahren oder die gemeinsame Rückfahrt über Albringhausen, Silschede und Asbeck in die Gevelsberger Innenstadt.

Drei Fragen an Claus Jacobi 

DREI FRAGEN AN CLAUS JACOBI

Claus Jacobi, Bürgermeister Gevelsberg.
Claus Jacobi, Bürgermeister Gevelsberg. © Privat

Bürgermeister Claus Jacobi ist sehr stolz auf den Preis für Fahrradfreundlichkeit des Bundesverkehrsministeriums, bei dem die Gevelsberger den 2. Platz in der Kategorie Aufholer belegen.

1 Gevelsberg war bislang nicht als Mekka für Radler bekannt.

Das ist richtig. Von der Topographie ist es hier sicherlich immer noch nicht erstklassig. Der Preis zeigt aber, dass wir aus Sicht der Radfahrer ein großes Stück vorangekommen sind. Wir wissen, dass diejenigen, die bewerten, Starknutzer mit vielen Vergleichsmöglichkeiten sind.

2 Was bedeutet dieser Preis für die Zukunft?

Ich erhoffe mir auch dadurch einen Schub für das gesamte Radfahren in unserer Stadt. Wir haben an vielen Straßen bereits Radwege. Wenn wir irgendwann an den Ruhrtalradweg und die Nordbahntrasse angebunden sind – inklusive unserer Trassenlösung – ist Gevelsberg ein Knotenpunkt für die Radfahrer die in der Region unterwegs sind.

3 Wie sieht Ihr Zeitplan zur Realisierung aus?

Ich hoffe, dass wir in den kommenden zwei Jahren eine Fördermittelzusage für unsere Pilotlösung bekommen und dann starten können. Die Trasse von Straßen.NRW, die nicht auf der ehemaligen Bahnlinie entlangführt, soll deutlich eher fertig sein.